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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 06. Stuermische Begegnung
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Kräften kommt.«
    Er wandte sich nicht einmal ganz nach ihr um, als er Iwan streng ansah. Für einen Moment weiteten sich die Augen des Fremden ein wenig. Sie waren sehr grün und voller Eindringlichkeit, und sie konnte nicht wegsehen, als sie in wildem Zorn aufblitzten. Es gefiel ihr, daß er nicht daran dachte, seine Gefühle zu verbergen.
    Mit leiser Stimme sprach sie weiter. »Kommen Sie mit.
    Lernen Sie meine Großmutter kennen und trinken Sie ein Glas des besten russischen Wodkas mit uns, oder eine Flasche französischen Wein. Überzeugen Sie sich selbst, daß wir harmlose Leute sind, die auf ihren Reisen einmalige Dienste anbieten, die vielleicht auch Sie interessieren.«
    Ihr war klar, daß sie schamlos aufs Ganze ging; sie wußte, an welche Dienste er dabei denken würde, und sie wußte, warum er nickte und abstieg, um ihr zu folgen. Sie mußte unter vier Augen mit ihm reden, und sie mußte den Anschein erwecken, daß sie sich beide zueinander hingezogen fühlten, damit man glaubte, Amors Pfeile hätten sie aus heiterem Himmel getroffen – und dies war der einfachste Weg.
    Sie führte ihn zu ihrem Lagerfeuer. Maria war aufge-standen und wollte weggehen. Anastasia hatte nicht daran gedacht, daß ein Fremder sie für gesund halten konnte, aber diese Sorge erübrigte sich. Sie war so daran gewöhnt, Maria täglich zu sehen, daß ihr nicht auf-fiel, wie schwach und elend sie war. Wenn sie die Großmutter aber mit den Augen des Fremden betrachtete, kam sie ihr alt, blaß und gebrechlich vor –
    des Lebens müde. Es stach ihr ins Herz, sie so zu sehen.
    »Großmama, ich möchte dich mit jemandem bekannt machen.«
    »Nicht heute abend, mein Kind, ich muß jetzt ruhen.«
    Anastasia hatte das nicht erwartet, vor allem, da Maria nicht gehört hatte, was am Lagerfeuer bei Iwan gesagt worden war. Zum Glück erkannte sie aber rasch, daß Maria ihr die Möglichkeit geben wollte, mit dem Engländer allein zu sein. Trotzdem wollte Anastasia die Großmutter aufhalten, damit sie sich eine Meinung von diesem Mann bilden konnte, und das war nur möglich, wenn sie mit ihm sprach. Der Engländer aber änderte ihren Entschluß.
    »Laß sie gehen«, sagte er nicht unfreundlich. »Ich sehe, daß es ihr nicht gutgeht.«
    Anastasia nickte und bedeutete ihm, auf einem der dicken Stoffkissen am Boden Platz zu nehmen. »Ich werde uns etwas zu trinken holen ...«
    »Das wird nicht nötig sein«, unterbrach er sie, als er seinem in der Nähe grasenden Pferd die Fußfesseln ange-legt hatte und wieder ans Feuer kam. »Setz dich. Allein dein Anblick macht mich trunken.«
    Eine bessere Antwort hätte sie sich von ihm nicht er-hoffen können. Trotzdem errötete sie unwillkürlich.
    Sie kannte das Spiel der Verführung nicht und war nicht sicher, wie man es spielte. Aber sie wußte, daß es ihre einzige Möglichkeit war, ihn zu bewegen, sie zu heiraten.
    Sie setzte sich zu ihm ans Feuer. Aus der Nähe betrachtet war er noch schöner, als sie anfangs gedacht hatte. Alles an ihm erfreute ihr Auge.
    Seine Kleidung war elegant und wirkte nicht so geckenhaft wie bei manchen Lords. Der braune Reit-rock reichte bis zu den Knien und war nur an den Aufschlägen der Taschen und Ärmel bestickt; die weiten Schöße bauschten sich beim Sitzen um ihn herum auf.
    Die Breeches lagen eng an, und als er ein Bein über das andere schlug, um einen Arm auf das Knie zu stützen, sah sie, wie muskulös seine Schenkel waren.
    Die Strümpfe waren aus weißer Seide wie auch das Hemd, obwohl man davon nur die Rüschen sah, die unter den breiten Ärmelmanschetten erschienen, sowie die feinen Spitzenkrausen an der Vorderseite, die das Jabot bildeten. Die enganliegende Weste war aus beigem Brokat gefertigt und ließ sich mit einer langen Reihe goldener Knöpfe schließen, die von der Hüfte an geöffnet waren, um ihm mehr Bewegungsfreiheit zu geben.
    Viele Männer trugen ein Korsett, um den festen Sitz dieser langen, schmalen Westen zu betonen – das galt als sehr modisch -, aber sie glaubte nicht, daß er dies nötig hatte. Von der Statur her war er einfach zu straff gebaut, zu groß und zu muskulös. Überflüssige Pfunde oder einen Fettansatz würde er bei seiner schlanken, ranken Gestalt nicht dulden.
    Wieder blickte er sie wie gebannt an, und auch sie konnte die Augen nicht von ihm lassen. Obwohl sie wußte, daß man sie neugierig beobachtete, konnte sie nichts dagegen tun. Seine beiden Begleiter waren bei den anderen Frauen abgestiegen. Die Musikanten spielten

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