Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 06. Stuermische Begegnung
Vom Netzwerk:
auf. Eine der Frauen begann zur Unterhaltung der beiden Männer aufreizend zu tanzen.
    Aber Anastasia nahm das Geschehen um sie herum kaum wahr, zu sehr hatte der Fremde ihre Sinne ver-wirrt. Sie zuckte daher ein wenig zusammen, als sie wieder seine tiefe Stimme hörte.
    »Du erwähntest gewisse Dienste. Ich würde gerne wissen, welchen besonderen Dienst du mir, meine Schö-
    ne, erweisen kannst.«
    Sie wußte, welche Antwort er jetzt erwartete und daß er enttäuscht sein würde, wenn sie ihm statt dessen nur die Wahrheit sagen würde, doch wollte sie ihn nicht mehr als unbedingt notwendig belügen. Im Grunde ihres Herzens hoffte sie, daß es ihr erspart bliebe, denn sie wollte ihre Beziehung nicht mit einer Lüge beginnen.
    Und plötzlich wußte sie mit der ihr eigenen Hellsichtig-keit, daß sie heiraten würden. Sie war sich nur noch nicht ganz sicher, wie sie das zuwege bringen würde.
    Der Duft von Marias Eintopf war köstlich. Anastasia rührte kurz darin und überlegte, was sie dem Engländer sagen würde. Die volle Wahrheit? Oder nur einen Teil davon?
    Sie wollte in ihm nicht die Vorstellung erwecken, sie sei eine Zauberin mit magischen Kräften, was man ja allgemein von Zigeunerinnen glaubte. Zauber schreckte manche Menschen ab. Allein Dinge, die nur wie Zauber wirkten, flößten Angst ein. Sie besaß keine wahren Zauberkräfte, sie hatte nur eine Gabe, die wie ein Zauber erschien, der sich stets erfüllte. Ihr Dilemma war nur, wie sie ihm das begreiflich machen sollte.

Kapitel Vierzehn

    E s war nicht das erste Mal, daß Christopher Zigeuner gesehen hatte, aber noch nie aus nächster Nähe. Gele-gentlich sah man sie in großen Scharen am Stadtrand von London lagern. Sie gingen ihren verschiedenen Gewerben nach und unterhielten die Londoner, die den Mut hatten, sich in das Lager zu wagen. Er selbst war allerdings noch nie in einem Zigeunerlager gewesen, hatte aber bereits viele Geschichten über sie ge-hört, wobei die meisten davon nicht sehr erfreulich waren.
    Allgemein hielt man sie für Diebe und die Frauen für exotische Prostituierte. Man sprach den Zigeunern aber auch achtbare Fertigkeiten zu, wie Kesselflicken, Pferdehandel, Musizieren und Tanzen. Sie galten als glückliche, sorglose Menschen, die allein den Gedanken verabscheuten, an einem Ort seßhaft zu werden.
    Wollte man einen Zigeuner davon abhalten, weiter durch die Lande zu ziehen, mußte man seine Seele gewinnen, hatte man ihm einmal erzählt.
    Diese Gruppe schien durchaus harmlos zu sein. Ihr Lager war ordentlich und sauber. Musik und Lachen waren nicht übermäßig laut. Die Leute waren meist dun-kelhäutig und sahen fremdländisch aus. Die Frauen waren mit bunten Röcken und Tüchern und hellen Blusen bekleidet. Die Männer trugen farbenprächtige Schärpen. Viel billiger Schmuck blitzte auf: lang her-abhängende Ohrringe, Halsketten, Ringe und Arm-bänder.
    Die Kleine, die sein Interesse so übermäßig erweckt hatte, schien sich jedoch irgendwie von den anderen zu unterscheiden. Sie trug die langen Ohrringe, die vielen Armreifen und Ringe. Ihre Kleider waren ebenso bunt, der weite Rock gelb und blau, die kurz-
    ärmelige Bluse hellgelb. Das Haar hatte sie nicht mit einem Tuch zurückgebunden. Es fiel offen in schweren Locken auf ihre Schultern.
    Es waren die Augen, die sie von den anderen unter-schieden. Sie standen leicht schräg und leuchteten in einem tiefen Kobaltblau. Auch die Haut war viel heller und schimmerte wie Elfenbein.
    Sie war nicht sehr groß. Der Scheitel würde nicht einmal seine Schulterhöhe erreichen. Die Gestalt war zierlich, doch wohlgeformt. Feste Brüste zeichneten sich unter dem dünnen Baumwollstoff der Bluse ab. Er hatte schönere Frauen gesehen, aber noch keine war ihm so verführerisch erschienen. Er hatte sie vom ersten Augenblick an begehrt. Das erschien ihm höchst erstaunlich, da er dies vorher noch nie erlebt hatte.
    Sie hatte seine Frage noch nicht beantwortet. Er war so von ihrem Anblick hingerissen, daß er es beinahe vergessen hätte. »Ich kann heilen, hellsehen und Träume deuten.« Dann fügte sie mit einem schelmischen Lä-
    cheln hinzu: »Krank sehen Sie jedenfalls nicht aus, Lord Engländer.«
    Er mußte lachen. »Nein, das bin ich wohl kaum. Auch träume ich nicht oft, so daß ich mir keinen Traum merken kann, den du für mich deuten könntest. Und was der Blick in meine Zukunft betrifft, so wirst du darauf verzichten müssen, meine Schöne, denn ich werde mein Geld nicht für etwas

Weitere Kostenlose Bücher