Malory
sagte sie, »darum kleiden Sie sich nicht geckenhaft. Das heißt aber nicht, daß Sie etwas dagegen haben, denn Sie wissen sehr wohl, wie attraktiv Sie sind.
Das allein macht Sie auffallender, als Ihnen lieb ist.«
Er lachte. Er konnte nicht anders. »Was, zum Teufel, bringt dich auf diese Schlußfolgerung?«
»Daß Sie sehr wohl wissen, wie gut Sie aussehen? Jeder Spiegel wird es Ihnen vor Augen führen. Daß Sie sich vielleicht gerne modischer kleiden würden, aber davon Abstand nehmen? Ich sehe den kostbaren Schmuck Ihrer Begleiter, ihre bunte Kleidung, ihre Schönheits-pflästerchen und Perücken . . . alles sehr modisch. Sie aber bevorzugen dunkle Farben, unauffällige Kleidung, tragen keinen Schmuck, nicht einmal ein Samt-band um den Hals. Sie hoffen, alle Augen werden sich mehr auf Ihre Begleiter richten als auf Sie. Aber das ist ein Trugschluß. Sie sind einfach ein auffallend gutaussehender Mann.«
Jetzt war es an ihm zu erröten. Er war erregt. Er litt Qualen. Ihre Worte hatten sein Begehren noch mehr angeheizt.
Seine Hand bewegte sich zu ihrer Wange. Er konnte nichts dagegen tun, er mußte sie berühren. Und sie versuchte nicht, ihn daran zu hindern. Sie starrte ihn nur an. In den verwirrend blauen Augen spiegelte sich der Aufruhr ihrer Gefühle, und er hätte beinahe vergessen, daß sie im Freien an ihrem Lagerfeuer saßen.
Trotzdem zog er sie in seine Arme.
»Komm heute nacht mit mir nach Hause, meine kleine Zigeunerin«, sagte er heiser. »Du wirst es nicht bereuen.«
»Sie haben einen Priester im Haus, der uns seinen Segen gibt?«
Seine Hand rutschte von ihr ab. Er war enttäuscht.
»Heißt das, du willst mich heiraten?«
»Das heißt, daß ich Sie auch haben möchte, Lord Engländer, aber ohne kirchlichen Segen muß ich auf Sie verzichten. So einfach ist das.«
»Einfach?« schnaubte er. »Weißt du nicht, daß es un-möglich ist? Daß Leute meines Standes nur innerhalb ihrer Klasse heiraten?«
»Ja. Ich weiß gut, wie sehr Adlige von ihren Standesgenossen gegängelt und in ihrer Freiheit beschnitten werden, so daß sie nicht das tun können, wonach ihnen der Sinn steht. Wie schade, daß Sie kein Bürgerlicher sind, Lord Engländer. Er hat mehr Freiheiten als Sie.«
»Und wie frei bist du, um das zu tun, wonach dir dein Herz ist?« entgegnete er schlagfertig. »Hast du mir nicht soeben gesagt, daß du mich haben möchtest?«
»Das kann ich nicht bestreiten. Aber ich bin an mein Gewissen gebunden und nicht an die Meinung anderer. Wenn Sie es unbedingt wissen wollen, meine eigenen Leute wären entsetzt, wenn ich Sie heiratete.
Ironischerweise wären Sie für mich keine annehmbare Verbindung, da Sie keiner von uns sind. Würde ich mich davon beeinflussen lassen? Nein. In diesen Dingen sollte man nur sein Herz sprechen lassen. Und mein Herz wird mich nicht an einen Mann binden, den ich nicht für immer behalten kann. Dafür bin ich mir zu schade.«
»Dann haben wir uns nichts weiter zu sagen.« Er stand auf und warf ihr ein paar Münzen in den Schoß. »Für deine Weitsicht«, sagte er mit einem gewissen Spott.
»Zu schade, daß du keine Möglichkeit ›sehen‹ konntest, daß wir beide zusammenbleiben.«
»Das habe ich doch«, erwiderte sie traurig. »Schade, daß Sie mich nicht so sehr wollen, daß Sie mich zu Ihrer Frau machen.«
Kapitel Fünfzehn
Schade, daß Sie mich nicht so sehr wollen, daß Sie mich zu Ihrer Frau machen.
Seltsamerweise aber lag ihm sehr viel an ihr. Dies wurde ihm am Nachmittag des nächsten Tages be-wußt. Dieses Mädchen ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Er konnte nicht arbeiten, weil er ständig an sie denken mußte. Seine Freunde ließ er links liegen. Am gestrigen Abend hatten sie sich herrlich amüsiert. Ja, sie hatten ihren Spaß, da sie von den Zi-geunerdirnen das bekommen hatten, was ihm verwehrt blieb. Nicht daß er es ihnen mißgönnte. Es machte ihn nur fuchsteufelswild, daß er nicht zu den Glücklichen zählte.
Schon am frühen Nachmittag fing er zu trinken an, um seine Enttäuschung hinunterzuspülen. Es half aber nicht viel. Der Alkohol erleichterte ihm nur den Entschluß, die Zigeunerin zu seiner Geliebten zu machen.
Das müßte doch ihre ›Ein-Mann-für-mich-allein‹-
Moral befriedigen, oder?
Der Abend war noch nicht hereingebrochen, als er wieder in das Zigeunerlager ritt. Dieses Mal hatte er Walter und David nicht mitgenommen. Er hatte ihnen auch nicht gesagt, wohin er ging, und schon gar nicht, daß er die feste Absicht hatte,
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