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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 06. Stuermische Begegnung
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sich bis jetzt noch keine Geliebte ›gehalten‹ oder sie in sein eigenes Bett gebracht.
    In den vergangenen Jahren hatte er viele Geliebte gehabt, aber sie lebten in ihrer eigenen Umgebung und verbrachten den Tag nach ihrem Gutdünken. Es war üblich, mit einer Geliebten dieser Kategorie eine Abmachung zu treffen. Man verpflichtete sich für eine befristete Zeit, ausschließlich miteinander zu verkehren.
    Anastasia wollte er sich für immer ›halten‹. Er würde ihr eine Wohnung zur Verfügung stellen, in der er sie tagtäglich besuchen konnte, Dienstboten zu ihrer Be-quemlichkeit sowie Kleidung und Nahrung und ab und zu ein kostbares Schmuckstück. Sie würde teuer werden. Und das war sie auch wert.
    »Das klingt ja, als ob du am Verhungern wärst«, meinte sie, als sein Magen zum dritten Mal knurrte.
    »Möglich«, antwortete er träge. Er hatte es noch nicht eilig aufzustehen. »So weit ich mich erinnere, haben wir gestern abend überhaupt nichts gegessen . . . Teufel noch mal! Kein Wunder, daß mir dieser Rum gleich zu Kopf gestiegen ist. Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?«
    »Ziemlich spät vormittags.«
    Er gluckste. »Das nennst du spät?«
    »Wenn man gewöhnt ist, bei Sonnenaufgang aufzustehen, ja, dann ist das ziemlich spät.«
    Er lächelte. »Es wird keinen Grund mehr für dich geben, so früh am Morgen aufzustehen.«
    »Ich habe es gern, wenn ich bei Tagesanbruch den Sonnenaufgang beobachten kann. Du nicht?«
    »Hmmm, das ist mir nie in den Sinn gekommen .. .
    Viele Sonnenaufgänge habe ich bestimmt nicht gesehen. Sonnenuntergänge passen besser zu meinen Le-bensgewohnheiten.«
    »Ich glaube, die Morgendämmerung wirst du noch mit mir genießen, Christoph«, prophezeite sie.
    »Und ich glaube, du wirst noch viele Sonnenuntergän-ge mit mir genießen«, gab er schmunzelnd zurück.
    »Und warum können wir uns nicht an beidem erfreuen?«
    Er setzte sich auf, um sie anzublicken. »Du hast wohl die Absicht, meine Gewohnheiten zu ändern? Und warum nennst du mich immer Christoph? Habe ich dir gestern nacht nicht gesagt, daß ich Christopher heiße?«
    »Ja, ganz richtig. Auch Kit. Deine Freunde würden dich so nennen, hast du gesagt. Aber Christoph gefällt mir besser. In meinen Ohren klingt das poetischer. Betrachte es als Kosenamen.«
    »Muß ich das?«
    Sie kicherte, rollte zur Bettkante und stand auf, um sich anzukleiden. »Ich glaube, du mußt sofort gefüttert werden. Ein leerer Magen macht griesgrämig.«
    Er blickte sie verdutzt an, dann lachte er. Sie hatte ja recht. Es war nichts dabei, wenn sie ihm einen Spitz-namen gab. Und wenn sie im Evaskostüm durchs Zimmer hüpfte, dann konnte sie ihm alle Namen der Welt geben.
    Er stand ebenfalls auf, um sich anzukleiden. Als er angezogen war und sie anblickte, trug sie wieder das auf-regende Tanzkleid von gestern abend. Sie würde damit mehr Aufmerksamkeit auf sich lenken, als ihm lieb war.
    »Hast du noch etwas anderes zum Anziehen?« fragte er.
    »Du hast mir gestern keine Gelegenheit dazu gegeben, etwas einzupacken, Christoph. Ich habe nur meine Tasche mitgenommen, die mir meine Großmutter zuwarf, als du wie ein Wilder aus dem Lager geprescht bist.«
    Er verzog schuldbewußt das Gesicht. Gestern nacht hatte er sich nicht wie ein Gentleman benommen. »Ich werde dich heute ins Lager bringen, damit du deine Sachen holen kannst, und vielleicht auch in die Stadt, um noch einiges zu kaufen . . . etwas weniger Auffälliges.«
    Bei dieser Bemerkung hob sie eine Braue. »Du findest meine Kleidung auffällig?«
    »Ja, gewiß.« Dann lenkte er sofort ein. »Sie ist . .. nun, sagen wir . . . «
    Ein passender Ausdruck, der sie nicht beleidigen wür-de, fiel ihm nicht ein. Statt dessen fand sie das richtige Wort, und er konnte unschwer erkennen, daß sie beleidigt war.
    »Ordinär vielleicht? Herausgeputzt wie ein Pfau? Passend für vagabundierende Zigeunerinnen?«
    »Fasse das bitte nicht als Kränkung auf, Anastasia. Deine Kleidung war für das Leben, das du geführt hast, vollkommen angemessen. Aber ab heute wird sich dein Leben ändern. So einfach ist das.«
    Eine steile Falte hatte sich auf ihrer Stirn gebildet. Sie war keineswegs beschwichtigt. »Wirst du Schwierigkeiten haben, Christoph, damit zurechtzukommen?«
    »Womit zurechtzukommen?«
    »Damit, daß ich Zigeunerin bin?«
    »Zur Hälfte Zigeunerin, hast du gesagt.«
    Sie winkte ab. »Ich bin als Zigeunerin aufgewachsen, nicht als Russin. Auch wenn ich nicht immer wie die meisten Zigeuner denke

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