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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 06. Stuermische Begegnung
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war ein leichtes für ihn, sich wieder mit dem Pferd vor ihr aufzustellen, und wieder, und wieder, bis sie endlich stehenblieb.
    Er reichte ihr die Hand, um ihr beim Aufsitzen zu helfen. Als sie ihn statt dessen nur anblickte, erklärte er:
    »Ich habe dich gestern nacht aus deinem Lager mitgenommen, heute werde ich dich wieder zurückbringen.
    Das gehört sich f ür einen Gentleman.«
    »Wie bequem, den Gentleman nur dann zu spielen, wenn es dir beliebt!«
    Das war eine schwere Beleidigung, die Revanche er-forderte. »Von einer Zigeunerin erwarte ich nicht, daß sie die Gepflogenheiten des Adels kennt.«
    Sie hob eine Braue und sah ihn fragend an. »Könnte man auch umgekehrt sagen; Die Gepflogenheiten des allgemeinen Anstands sind dem Adel unbekannt?«
    Er sah sie verständnislos an. »Pardon?«
    »Schon gut. Ich habe doch bereits erwähnt, daß es für dich kein Pardon gibt, oder?«
    Er biß die Zähne zusammen. »Dieser verdammte Satz verlangt eine Erklärung, wenn er in diesem Ton gesprochen wird, und kein Pardon!«
    »Tatsächlich? Wenn an Stelle des ›Pardon‹ ein einfaches ›was?‹ oder ›wie bitte?‹ ausgereicht hätte, so daß keine Verwechslung entsteht? Das ist wohl wieder eine von diesen feinen Gepflogenheiten, die nur einem Lord wie dir bekannt sind?«
    Er blickte verzweifelt gen Himmel und sagte betont gelangweilt: »Du verstehst nicht, Anastasia.«
    Sie ahmte seinen Ton nach und setzte noch einen Seufzer hinzu. »Und du bist schwer von Begriff, Lord Engländer, oder hast du noch nicht gemerkt, daß ich dir nichts mehr zu sagen habe?«
    Er richtete sich steif auf. »Gut, aber bevor wir ausein-andergehen, möchte ich eines wissen: Wieso hast du geglaubt, du könntest mich überzeugen, daß ich dich geheiratet habe?«
    »Dich überzeugen?« Sie lachte gekünstelt. »In deiner Rocktasche befindet sich wahrscheinlich ein Papier mit deiner und meiner Unterschrift, falls du es gestern nacht nicht verloren hast. Aber dann kannst du immer noch Reverend Biggs fragen . .. Ich glaube, das ist der Name, den er genannt hat. Du hast gedroht, ihm die Seele aus dem Leib zu prügeln, wenn er uns nicht auf der Stelle traut, und der arme Mann hat dir geglaubt.
    Unternimm das Notwendige, um uns zu scheiden. Du brauchst mich nicht davon in Kenntnis zu setzten, wenn es geschehen ist, da ich nicht bezweifle, daß du es auf der Stelle tun wirst.«
    Wieder gelang es ihr, um ihn herumzugehen, und wieder hatte es ihm die Sprache verschlagen.

Kapitel Neunzehn
    S ie dachte gar nicht daran loszuheulen. Ein herzloses Ekel war er, ein hochnäsiger Kerl, und, wie er sagen würde, ein ›verdammter Snob‹. Aber sie würde nicht heulen. Sie hatte die Traurigkeit in ihm gesehen und wollte ihn trösten. Sie hatte seine Schmerzen gesehen und wollte sie lindern. Sie hatte die Leere in seinem Herzen gesehen und wollte es mit Glück erfüllen.
    Aber sie hatte nicht erkannt, daß er so dumm sein konnte, seine eigenen Wünsche der Meinung anderer unterzuordnen, und sie hatte nicht erkannt, daß er sein eigenes Glück opfern würde, nur um an seinem Motto
    ›so etwas tut man nicht‹ festzuhalten.
    Es war erschreckend, daß sie sich so in ihm getäuscht hatte, und schlimmer, daß sie sich von ihren Gefühlen hatte mitreißen lassen. Sie hätte ihr Herz nicht verlieren dürfen. Außerdem hätte es sie nicht so erschüttern sollen, daß ihm allein die Vorstellung unerträglich war, mit ihr verheiratet zu sein. Schließlich hatte sie von Anfang an gewußt, wie er darüber dachte. Betrunken ließ er sich von seinem Herzen führen. Betrunken ließ er sich nicht von seinen Wünschen abbringen, schon gar nicht durch sein dummes ›so etwas tut man nicht‹.
    Wie betäubt betrat Anastasia das Lager. In ihrem In-nenten tobten Schmerz und Enttäuschung. Sie nahm Nicolai erst wahr, als er sie am Arm packte und gewalt-sam herumriß, damit sie ihn anblickte. Seine Finger würden blaue Flecken hinterlassen. Sie bekam immer blaue Flecken, wenn er sie berührt hatte.
    »Wo bist du die Nacht über gewesen?« herrschte er sie an.
    Wenn sie klug gewesen wäre, hätte sie ihm eine Lüge aufgetischt, um seinen Zorn nicht noch mehr zu schü-
    ren. Da ihre Gefühle aber bereits in größtem Aufruhr waren, streckte der Trotz ihr sein häßliches Haupt entgegen. Mit erhobenem Kinn schleuderte sie ihm die Antwort entgegen. »Bei meinem Ehemann.«
    Der Schlag kam nicht unerwartet. Auch wenn sie mit brutaler Wucht zu Boden geworfen wurde, so war das nur typisch

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