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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 06. Stuermische Begegnung
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unwilligen Handbewegung. »Ich kann nicht? Da sind Sie im Irrtum, mein Lieber. Als Ehemann hat man bestimmte Rechte, manche davon kommen bisweilen sehr gelegen.«
    »Ehemann?«
    Zweimal wurde die Frage in dem betroffenen Schweigen wiederholt, das Christopher ausgelöst hatte. Er blieb nicht, um die Situation auszukosten, auch erklär-te er sich nicht näher. Er nahm Anastasia einfach bei der Hand und führte sie aus dem Salon.
    Sie war zu verdutzt, um zu widersprechen, aber das hätte sie sowieso nicht getan. Er blieb kurz im Flur stehen und meinte lediglich: »Dein Zimmer genügt, geh voraus.«
    Sie tat, wie ihr geheißen, ging die Treppen hinauf, den nächsten Flur entlang, dann noch einen und noch einen. Es war ein großes Haus. Er sprach kein Wort. Sie selbst war zu aufgewühlt, um etwas zu sagen.
    Ihr Zimmer war nicht aufgeräumt. Erst nachmittags gelangten die Mädchen auf ihrer Runde bis hierher.
    Das Bett war nicht gemacht. Das Tanzkleid, das sie am vergangenen Abend getragen hatte, hing über einem Stuhl. Einige ihrer neuen Kleider häuften sich über einem anderen Stuhl. Es war ihr schwergefallen, sich zu entscheiden, welches davon sie heute anziehen sollte. Eine so große Auswahl war sie nicht gewohnt.
    Er hielt einen Augenblick inne und ließ seine Blicke durch das Zimmer schweifen. Dann hefteten sich seine Augen auf den leuchtend gelben Rock mit den goldenen Stickereien am Saum. Dann wanderte sein Blick fragend zu ihr zurück.
    »Ich habe ihn gestern abend bei Victorias Maskenball getragen«, erklärte sie.
    »Tatsächlich? Wie ... passend.«
    Dieser Ton war für ihre strapazierten Nerven einfach unerträglich, und sie antwortete gereizt: »Nicht wahr?
    Nun trage ich die Wahrheit schon auf dem Leib, und keiner nimmt sie mir ab. Ich glaube, die meisten Menschen werden zum Narren gemacht und nicht dazu geboren.«
    Er lachte in sich hinein. »Wie wahr. Da habe ich kürzlich meine eigenen Erfahrungen gesammelt.«
    »Und jemanden zum Narren gemacht?«
    »Nein.«
    Diese schlichte Antwort ließ sie aufatmen. Die innere Spannung aber blieb, und sie wollte ihn nicht fragen, warum er glaubte, sich selbst zum Narren gemacht zu haben. Sie hätte einige Beispiele aufzählen können, bei denen er ihrer Meinung nach in diese Rolle geschlüpft war, aber sie würde sich davor hüten.
    Statt dessen schlug sie vernünftigerweise vor: »Wollen wir darüber sprechen, warum du hier bist?«
    »Du meinst, du hast mich nicht erwartet, nachdem du dich bei den Leuten einführen läßt, mit denen ich gesellschaftlich verkehre?« Er nahm ihr Erröten als Antwort, erklärte aber trotzdem: »Ich hatte von der Nichte eines Adligen gehört, die deinen Namen trägt. Das hat mich natürlich neugierig gemacht. Stell dir mein Er-staunen vor ...«
    Sie hatte erwartet, daß er überrascht war und erzürnt.
    Zorn hatte sein Gesicht verfinstert, im Augenblick aber schien er verflogen. Und das gab ihr zu denken.
    Daher fragte sie ihn ernst: »Wieso bist du nicht ver-
    ärgert?«
    »Wieso kommst du darauf, daß ich es nicht bin?«
    »Du kannst es gut verbergen, Gajo. Also schön, was habe ich getan, das dein Mißfallen erregt hat? Mich als Lady ausgegeben, obwohl ich in deinen Augen nicht das Recht dazu habe?«
    »Eigentlich möchte ich nur wissen, warum du eine andere Identität angenommen hast.«
    »Das war nicht meine Idee, Christoph. Ich war so ver-letzt und wütend, daß ich dich niemals wiedersehen und meinen eigenen Weg gehen wollte. Aber meine Großmutter ...«
    »Deine Großmutter«, unterbrach er sie. »Ich habe das Grab gesehen, Anna. Ist es ihr Grab?«
    »Ja.«
    »Es tut mir leid.«
    »Das braucht es nicht. Ihre Zeit war gekommen, und es versöhnte sie, auf dieser schönen Lichtung auf deinem Besitz die letzte Ruhe zu finden, nicht weit von einer Straße entfernt – Sinnbild für das Dasein der Zigeuner. Mein schlimmster Kummer ist überwunden.
    Sie hatte eine lange Leidenszeit hinter sich und war froh, davon erlöst zu werden. Das macht mir den Abschied leichter.«
    »Ich werde eine Gedenktafel setzen ...«
    »Nein«, unterbrach sie ihn. »Nein, es war ihr Wunsch, namenlos beerdigt zu werden, denn sie wollte nicht, daß man sich ihrer erinnert. Aber wie ich bereits sagte, Christoph, sie bestand bis zu ihrem letzten Atemzug darauf, daß wir füreinander bestimmt sind. Und William, unser Weggefährte, hörte sie dies sagen und meinte, es wäre vielleicht recht aufschlußreich für dich, wenn man dir beweisen würde, daß Augenschein

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