Malory
kann ich Ihnen sagen! Wenn der Marquis nicht da war, herrschte er in Haverston wie ein Tyrann.«
»Ein ziemlich hartes Urteil über einen Mann, der sich nicht wehren kann«, bemerkte Jason streng.
John Markus zuckte mit den Schultern, bevor er wei-tersprach. »Das ist die Wahrheit, so wie ich sie erlebt habe, aber das war bevor der Marquis Lady Anna kennenlernte und heiratete. Sie verwandelte ihn. Sie machte wirklich einen anderen Menschen aus ihm. Sie brachte ihm bei, sich an den kleinen Dingen des Lebens zu erfreuen, schliff seine Kanten ab. Aus dem dumpfen, ungemütlichen Haverston wurde ein einladendes Haus, das die Leute mit Stolz ihr Zuhause nannten. Wirklich schade, daß diese Gerüchte ...«
»Gerüchte?« Reggie zog die Stirn kraus. »Oh, Sie meinen, weil man munkelte, sie sei Zigeunerin?«
»Ja, genau das. Nur weil sie fremdländisch aussah und zufällig Zigeuner in der Gegend lagerten, bevor sie nach Haverston kam, reimten sich einige so etwas Dummes zusammen. Aber der Marquis setzte diesem Gerede ein Ende, als er sie heiratete. Schließlich würde ein Lord wie er niemals so weit unter seinem Stand heiraten.«
Jason unterband das Grinsen seines Sohnes, kurz bevor Derek bemerkte: »Das hängt vom Lord ab.«
Jason blickte ihn warnend an. Die restliche Familie brauchte nicht zu wissen – noch nicht -, daß auch er hoffte, eines Tages doch noch nach seinem Herzen heiraten zu können.
Der alte John Markus schüttelte den Kopf. »Damals war so etwas einfach unmöglich, Lord Derek. Heute vielleicht, aber damals vor achtzig Jahren hätte ein solcher Skandal einen Mann ruiniert.«
»Nun, es war alles nur ein Gerücht, mehr nicht«, faßte Jason zusammen. »Da man das eine wie das andere nicht beweisen konnte, flackerte das Gerede immer wieder auf, sonst würde man heute nicht mehr darüber sprechen. Aber wie Sie sagten, heutzutage spielt es kaum eine Rolle, ob Anna Malory eine Zigeunerin war oder spanischer Abstammung, was häufig vermutet wurde. Nur sie könnte uns das beantworten, aber meine Großeltern starben, bevor ich zur Welt kam.
Bedauerlich, daß ich sie nicht gekannt habe.«
»Ich wollte immer schon die Wahrheit über sie wissen«, meinte Amy. »Ich kann mich noch erinnern, daß mich diese Möglichkeit als Kind faszinierte, und bevor ihr wieder fragt, warum, denkt daran, daß ich ihr ähnlich bin, das wurde mir jedenfalls gesagt. Ich wollte immer glauben, daß sie wirklich eine Zigeunerin war -
und das wünsche ich mir immer noch. Das würde zumindest erklären, wieso ich so oft instinktiv das richtige Gefühl habe, eine Vorahnung, die mich noch nie getäuscht hat. Und es muß wahre Liebe gewesen sein.«
»Donnerwetter, wenn das wahre Liebe war, dann bin ich froh, daß unser Vorfahre sie auch besiegelt hat!«
warf Derek ein. »Bei manchen Männern dauert es manchmal Jahre ... und Jahre ... und ...«
Jason war die feine Anspielung auf seine Person nicht entgangen, aber bevor es jemand bemerken konnte, unterbrach er ihn scharf: »Sagest du nicht, du müßtest noch etwas einkaufen, wenn wir in der Stadt sind, Derek?« Worauf sein Sohn wieder grinste. Völlig ungerührt.
Jason seufzte innerlich. Er wußte, daß Derek ihn nur hänselte. Derek war überhaupt der einzige der Familie, der dies wagte, und da kein anderer wußte, wer Molly in Wirklichkeit war, kam niemand auf den Gedanken, daß Derek seinen Vater aufzog. Derek Wußte auch, daß er Molly seit Jahren immer wieder erfolglos gebeten hatte, seine Frau zu werden.
»Hmmm, ich frage mich nur, wieso ich nie auf den Gedanken gekommen bin, das mit Anna Malory zu machen«, sagte Amy mehr zu sich selbst und zog wieder die Aufmerksamkeit aller auf sich.
»Was zu machen?« Mehr als ein Malory stellte diese Frage gleichzeitig.
»Eine Wette abzuschließen, daß wir die Wahrheit über sie erfahren werden. Möchte jemand mit mir wetten?«
Jason unterbrach sie sofort. »Mir wäre es lieber, diese Spekulationen nähmen hier ihr Ende.«
Amy zog die Stirn in Falten. »Du willst wirklich nicht die Wahrheit wissen, Onkel Jason?«
»Das habe ich nicht gesagt, meine Liebe. Es täte mir nur leid, wenn deine Siegessträhne abrupt bei einer Sache abreißen würde, die niemals ans Licht kommen kann. Du wärst doch am Boden zerstört, wenn das einträte, oder?«
Er nahm ihren tiefen Seufzer als Antwort, traute ihr aber nicht ganz. Schließlich kannte er sie gut genug.
Auch wenn ein Ende mit Schrecken bevorstand, nichts würde sie davon abhalten, ihrem
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