Malory
anzufassen.
»Haben Sie tagsüber nichts zu tun, wofür Sie woanders hingehen müssen?«, fragte sie in ungebührlich scharfem Ton.
Ihre Stimme lenkte Malorys Aufmerksamkeit auf sie, und seine kobaltblauen Augen weiteten sich vor Staunen. Er setzte sich sogar auf die Bettkante. »Gott im Himmel, bist du schön!«, rief er.
Danny wäre erfreut gewesen, dies von Carlton zu hören; Malorys Schmeichelei beeindruckte sie dagegen überhaupt nicht, denn sie wusste, was dahintersteckte. Da sie außerdem nicht in Hochform war, fuhr sie ihn an: »Sie sind ein verdammter Lügner! Ich musste mir heute schon zweimal anhören, dass mein Kleid total zerknittert ist.«
»Ein zerknittertes Kleid kann wahre Schönheit nicht verbergen, liebes Kind. Was du anhast, lenkt keineswegs von deiner prachtvollen Gestalt ab, ändert nichts an der einzigartigen Farbe deines Haares oder am Veilchenblau deiner klaren Augen. Da mir das alles jedoch schon bekannt war, hätte ich vermutlich eher sagen sollen: ›Gott im Himmel, hast du schöne Brüste!‹«
Danny lief puterrot an. Diesmal konnte sie Malory allerdings keinen Lügner nennen – nachdem sie gestern zehn ihrer dreißig Minuten vor dem Spiegel damit zugebracht hatte zu bewundern, wie gut sie ihre neue Bluse ausfüllte.
Trotzdem warf sie ihm einen finsteren Blick zu und fiel vor lauter Verwirrung in ihre Gossensprache zurück: »Hö-
ren Sie, Mann, von meinen Brüsten sprechen schickt sich nicht.«
Malory grinste, ohne auch nur ein bisschen Reue zu zeigen, und beruhigte sie: »Das gilt nur für gemischte Gesellschaften.«
Dannys Lippen verzogen sich zu einem Strich. »Dann reden Sie mit allen Ihren Bediensteten so wie mit mir, ja?«
»Nein, nur mit solchen, denen ich noch viel näher zu kommen hoffe. Übrigens ist dieses Bett sehr bequem.
Würdest du es nicht lieber früher als später ausprobie-ren – zum Beispiel jetzt?«
Danny hätte wissen müssen, dass sie ihm keine Fragen stellen durfte, die ihn ermunterten, noch ungehobelter zu werden. »Das Einzige, was ich mit dem Bett da mache, ist, die Laken feststecken, wenn Sie sich mal rausbe-quemt haben.«
»Ich bin zutiefst verletzt.« Malory seufzte.
»Sie sind faul. Los, gehen Sie, und tun Sie irgendwas, damit ich Ihr Zimmer putzen kann.«
»Aber ich tue ja etwas. Ich erhole mich von den Vergnügungen des letzten Abends und ruhe mich für heute Abend aus. Außerdem ist es für deine Arbeit nicht erforderlich, dass niemand im Zimmer ist. Du kannst um mich herumputzen.« Er drehte sich auf die Seite, beugte den Arm, um den Kopf in die Hand zu stützen, und grinste sie erneut an. »Tu einfach so, als wäre ich nicht da.«
Als ob das auch nur im Entferntesten möglich gewesen wäre! Sie konnte höchstens versuchen, ihn nicht anzusehen. Verdammt, es würde nicht gehen, weil sie wusste, dass er sie beobachtete. Und selbst wenn er das nicht tat, würde sie glauben, er täte es, und verstohlen nachsehen und ...
»Ich warte lieber.«
»Unmöglich.« Malory schien sich diebisch zu freuen.
»Ich gedenke, mich bis zum Dinner hier auszuruhen.«
Danny biss die Zähne zusammen, riss den Staubwedel aus ihrer Schürzentasche und wandte sich Malorys kleinem Schreibtisch zu, um mit ihrem Flederwisch darauf loszugehen. Doch dann fuhr sie zusammen, als sie den Hut daraufliegen sah. Gestern war er noch nicht dort gewesen.
»Mein Hut! Warum haben Sie den immer noch?«
In gleichgültigem Ton antwortete Malory: »Ich habe ihn zum Andenken an ein ... interessantes Erlebnis aufbewahrt.«
»Ich hab ihn vermisst.«
»So ein Pech. Er gehört jetzt mir.«
Danny warf ihm einen neugierigen Blick zu. »Warum?
Sie würden ihn doch ums Verrecken nicht aufsetzen.«
»Nein, das habe ich nicht vor. Aber auch nicht, ihn herzugeben. Wenn ich also sehe, dass er weg ist, weiß ich, wo ich suchen muss, nicht wahr?«
»Ich stehle nicht mehr.«
»Das freut mich zu hören. Dann gehe ich davon aus, dass mein Hut in Sicherheit ist.« Diese Bemerkung brachte Malory einen finsteren Blick von Danny ein, über den er belustigt lachte. »Kopf hoch, meine Liebe.
Das Ding passt doch nun wirklich nicht zu Röcken. Jetzt brauchst du rüschenbesetzte Häubchen.«
Danny schnaubte verächtlich. »Die verdammten Rö-
cke zieh ich ja an, aber nicht so dämliche Weiberhüte.«
Malory schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Du denkst schon wieder wie ein Mann.«
»Na und?« Danny machte sich erneut daran, den Tisch zu bearbeiten, doch zu ihrer Ernüchterung lag darauf
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