Malory
habe.«
»Sind wir das nicht alle?« Grinsend nahm Jeremy ihn am Arm, um ihn zur Tür zu dirigieren. »Sollen wir? Dieser Ball war Percys Einfall; er hatte versprochen, dass wir hier erscheinen. Das haben wir nun getan, also ...«
»Jeremy, Sie können unmöglich so früh schon gehen!
Wir haben noch nicht getanzt.«
Jeremy konnte, ja sollte so tun, als hätte er sie nicht ge-hört, aber so unhöflich war er nicht. Mit einem stummen Seufzer drehte er sich um. »Lady Emily, wie reizend, Sie wiederzusehen«, sagte er galant, wenn auch ein wenig ge-langweilt. Er hoffte, dass sie diesen feinen Hinweis darauf, dass er kein Interesse an ihr hatte, verstehen würde.
Sie verstand ihn nicht. Stattdessen strahlte sie ihn an.
Wirklich umwerfend, wenn sie so lächelte und ihre blauen Augen blitzten, dachte Jeremy. Sie war in dieser Saison der absolute Star. Und sie suchte einen Ehemann, womit sie für ihn tabu war.
»Ganz meinerseits«, erwiderte sie geziert. »Als wir uns letzte Woche kennen lernten, hatten wir so wenig Zeit, uns zu unterhalten.«
»Ich hatte noch eine Verabredung und war spät dran.
Und ich fürchte, das ist heute nicht anders. Wir wollten gerade ...«
Drew stieß ihn in die Rippen. »Willst du mich nicht vorstellen?«
Jeremy seufzte. »Lady Emily Bascomb – Drew Anderson, mein angeheirateter Onkel.«
»Ja, sorg nur dafür, dass ich mich richtig alt fühle«, beschwerte sich Drew, ergriff Emilys Hand, die sie Jeremy dargeboten hatte, und schüttelte sie behutsam. Ohne sie anschließend sogleich wieder loszulassen. »Es ist mir ein wahres Vergnügen, vor allem, wenn Sie ohne Ihren Gatten hergekommen sind.«
»Gatten? Ich bin nicht verheiratet – noch nicht.«
Drew hüstelte, als ihm sein Fauxpas bewusst wurde, auch wenn dieser verständlich war. Selbst ein Amerikaner wusste schließlich, dass zu beiden Seiten des Ozeans junge, unverheiratete Debütantinnen Junggesellen nicht einfach anzusprechen pflegten, schon gar nicht, ohne eine Eskorte im Schlepptau.
»Tut mir Leid, das zu hören«, entgegnete er zu Emilys Verblüffung.
Jeremy musste sich das Lachen verbeißen. Drew war durchaus an Emily interessiert gewesen, bis er erfuhr, dass sie noch unberührt war.
Jeremy bewahrte Drew davor, seine Bemerkung erklä-
ren zu müssen, indem er sich einschaltete: »Tut mir Leid, alter Knabe, aber du wirst deine Bekanntschaft mit der Dame ein andermal vertiefen müssen. Wir müssen wirklich gehen; wir sind schon ziemlich spät.«
»Was für ein Jammer«, erwiderte Drew. »Aber wenn es sein muss ...« Diesmal war er derjenige, der Jeremy am Arm zog, um das Weite zu suchen.
Trotz ihrer Freude an den schönen neuen Möbeln, die heute eingetroffen waren, blieb Danny den ganzen Tag verstimmt, so sehr, dass sie abends nicht einschlafen konnte. Sie hatte keine Ahnung, was der Grund für ihre trübselige Stimmung war. Eigentlich hätte sie bester Laune sein müssen. Sie hatte eine anständige Arbeit gefunden und den ersten Tag hinter sich gebracht, ohne gefeuert zu werden. Sie konnte stolz darauf sein, sich nun auf dem Pfad der Tugend zu befinden. Die Arbeit war leicht. Die anderen Hausangestellten waren nett. Die Haushälterin war sogar bereit, ihr beizubringen, sich besser auszudrücken. Und sie hatte ein wunderschönes Zimmer ganz für sich allein. Also hätte sie, weiß Gott, außer sich vor Freude sein müssen.
Auch ihre neuen Kleider waren heute geliefert worden. Sie waren einfach, zweckmäßig und so geschnitten, dass man bequem darin arbeiten konnte. Die weiße, lang-
ärmlige Bluse hatte kleine Rüschen an den Manschetten und einen hohen Kragen, der jedoch nicht so eng war, dass er einem die Luft abschnürte. Der Rock war schwarz und schlicht. In dem Paket hatte sich außerdem eine kurze weiße Schürze gefunden, die Danny über dem Rock tragen sollte. Sie war mit einer ganz schmalen Rüsche besetzt, abgesehen davon aber eindeutig die Schürze eines Dienstmädchens, mit tiefen Taschen auf beiden Seiten, darunter sogar einer langen, röhrenförmigen, die aussah, als wäre sie für Dannys Staubwedel bestimmt.
Sie hatte eine ganze Weile damit zugebracht, sich im Spiegel zu bewundern. Sie war erstaunt, wie hübsch sie aussah, nachdem sie sich die Locken hinter die Ohren gesteckt hatte, um sie ein wenig zu bändigen. Nein, sie war mehr als hübsch, sie war ebenso schön wie jene Frauen, die Malory abgeholt hatten. War es das, was ihm jedes Mal klar geworden war, wenn er sie angesehen hatte?
Der neue
Weitere Kostenlose Bücher