Malory
Gabrielle. Weil ihm nichts anderes übrig blieb, als vor ihr davonzulaufen, ehe die Versuchung zu groß für ihn wurde. Weil sie immer noch auf Männerfang war und seinem Charme nicht erlag, was ihn mit der Zeit höllisch ärgerte.
Nun da er wusste, was seine leichtsinnigen Worte auf dem Ball angerichtet hatten, war Drew äußerst beschämt. »Wiedergutmachung« hatte sie dafür gefordert; genau dieses Wort hatte sie benutzt. Er erinnerte sich an all die Reize, die sie hatte spielen lassen, als er wehrlos in Ketten lag. Wie oft sie ihm mit einer vorgeblich unschuldigen Bewegung ihre Kurven präsentiert hatte. Die auffälligen Blicke, die sie ihm zugeworfen hatte, hätte er vielleicht sogar als verführerisch bezeichnet, wenn er nicht der Meinung gewesen wäre, sie sei gegen seinen Charme immun. Das dumme Frauenzimmer hatte es darauf angelegt, dass er sich nach ihr verzehrte, dass er vor Verlangen schier verrückt wurde, damit ihre Rache umso befriedigender ausfiel, wenn sie ihn schließlich abwies. Und beinahe wäre es ihr gelungen.
Wusste sie wirklich nicht, dass er sie von Anfang an so sehr begehrt hatte, dass er kaum noch an etwas anderes denken konnte? Und sie besessen zu haben, hatte daran nicht einen Deut geändert.
Er musste unbedingt so weit wie möglich vor Gabrielle Brooks fliehen. Für ihn konnte diese Reise gar nicht schnell genug zu Ende gehen. Aber selbst dann war es noch nicht vorbei. Er hatte versprochen, bei der Rettung ihres Vaters zu helfen. Verdammt. Doch in der Hinsicht blieb ihm keine Wahl.
Er war ihr etwas schuldig, nachdem er sie ungewollt in einen Skandal verwickelt und ihr obendrein noch die Jungfräulichkeit genommen hatte.
Der Anstand verlangte eigentlich, dass er sie ...
Drew dachte den Gedanken nicht zu Ende. Seit jener er-staunlichen Nacht in Gabrielles Bett war er ihm schon mehr als einmal gekommen. Wenn eine Frau sich als Jungfrau entpuppte, wurden schließlich gewisse Dinge von einem Mann erwartet. Zumindest aber, dass er das Angebot machte, der Angelegenheit einen ehrenhaften Anstrich zu geben. Hätte Gabrielle nicht sein Schiff gestohlen, wäre er wohl dumm genug gewesen, einen solchen Vorschlag zu machen, egal aus welchem Grund, ob aus einem Schuldgefühl heraus oder aus –
Lust. Bei ihm überwog wohl eher das Schuldgefühl.
Sie hätte natürlich abgelehnt. Mit ihm wollte sie nichts zu tun haben. Das hatte sie von Anfang an klargestellt. Oder? Ihr Freund hatte neulich doch gesagt, sie habe eine Ehe mit ihm –
Drew – durchaus erwogen. Hatte Richard sich eine Lüge ausgedacht, damit die Fragerei wegen dieses hinterhältigen Faust-hiebs ein Ende hatte?
Drew seufzte und ging zurück zum Achterdeck. Nie zuvor hatte er sich über eine Frau derart viele Gedanken gemacht.
Und diese Eifersucht! Wo zum Teufel war die hergekommen?
Sie ließ sich jedenfalls nicht verleugnen. Erst dieser Geck Wilbur, dann ihr Freund Richard und nun auch noch sein eigener Freund Timothy, der, wie er verdammt genau wusste, keinerlei Absichten bezüglich Gabrielle hatte. Warum erhob die Eifersucht gerade jetzt ihr hässliches Haupt, er hatte sie doch sonst nie gekannt? Nun, der Grund war vermutlich, dass er mit Gabrielle noch lange nicht fertig war.
Ein Liebespaar! Kaum hatte Gabrielle Drews Kabine betreten, fiel ihr Blick auf seine Koje und sofort loderte die Wut, die sie an Deck verspürt hatte, wieder auf. Jeder an Bord hielt sie und Drew für ein Liebespaar und er fand das auch noch lustig!
Zu dumm, dass er die Rückkehr in seine Kajüte an diesem Abend nicht länger hinauszögerte, denn anscheinend brauchte Gabrielle mehr als nur ein paar Stunden, um sich wieder ab-zuregen. Das dämmerte Drew aber wohl erst in dem Moment, in dem er durch die Tür kam und Gabrielle anfing, ihn mit Gegenständen zu bombardieren.
Dem ersten Wurfgeschoss konnte er noch ausweichen, beim zweiten jedoch hatte er nicht so viel Glück, was ihn zu dem scharfen Befehl: »Leg das weg!«, veranlasste.
Aber Gabrielle dachte gar nicht daran. Sie stand hinter dem Schreibtisch, an dem zwei Schubladen offen waren, wodurch sie eine riesige Auswahl an Sachen hatte, die nicht fest verschraubt waren und sich bestens zum Werfen eigneten. Ein Tintenfass kam als Nächstes. Sie hätte es gern gesehen, wenn es sich über Drew ergossen hätte, doch es war fest zugestöp-selt und ging nicht einmal kaputt. Danach zielte sie mit einem zerlesenen nautischen Buch auf ihn.
Vorher hielt sie jedoch lang genug inne, um zu fauchen:
»Wir
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