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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 08. Gefangener des Herzens
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vorm Fallen rettete. Vielleicht wäre sie, wenn sie ihn vorher wahrgenommen hätte, nicht so überrascht gewesen von der Anziehungskraft, die er gleich auf sie ausübte. Dann hätte sie sich auch nicht so dumm benommen.
    Großer Gott, noch nie in ihrem Leben hatte sie sich derart un-möglich aufgeführt, dabei hatte er bloß versucht, ihr zu helfen! Ihr Schiff war früh am Morgen die Themse hinaufgesegelt, doch es hatte fast den ganzen Tag gedauert, bis die Passagiere an Land gerudert werden konnten. Gabrielle freute sich, dass es so spät geworden war. Das erlaubte ihr, sich für diese Nacht ein Zimmer zu nehmen und die Abgabe des Briefes in ihrer Tasche noch ein wenig hinauszuzögern.
    Zwei Männer aus der Crew ihres Vaters folgten ihr in dis-kretem Abstand, Richard und Ohr, seine treuesten Gefolgsleute. Sie waren mit ihr nach England geschickt worden, um sie zu beschützen und um sicherzustellen, dass der Lord, dem sie den Brief überbringen sollte, ihrem Vater den Gefallen tat, um den er bat. Ungewöhnlichere Aufpasser hätte man sich kaum vorstellen können, doch wären die beiden nicht bei ihr gewesen, hätte Gabrielle ihren Auftrag wohl nicht ausgeführt.
    Sie sollte nach altbewährter englischer Manier in großem Stil auf Männerfang gehen. Aus diesem Grund war sie mit ihren Beschützern vorausgeschickt worden, um sich schon einmal eine prächtige Garderobe schneidern zu lassen und wenigstens das Ende der Sommersaison noch mitmachen zu können. Ihr Vater war gerade dabei, zwei Geiseln auszulösen, deshalb konnte er noch nicht fort. Er hatte jedoch versprochen, in ein oder zwei Monaten zu ihnen zu stoßen. Sie hatte argumentiert, sie könne doch auf ihn warten. Er war jedoch der Meinung gewesen, die Sache dulde keinen Aufschub.
    Margery war ebenfalls mitgekommen. Niemand wunderte sich, dass die mütterliche Frau sich standhaft geweigert hatte, Gabrielle ohne eine echte Anstandsdame, wie sie es nannte, nach England reisen zu lassen, allerdings hatte sie, anders als Gabrielle, ihr Heimatland auch schrecklich vermisst. Sie war die ganze Fahrt über aufgeregt gewesen, weil es endlich nach Hause ging. Sobald sie Land betreten hatten, war Margery da-vongeeilt, um eine Droschke zu mieten, was bei der Zahl der einlaufenden Schiffe an dem Tag kein leichtes Unterfangen war. Doch sie behauptete stur, sie wisse ganz genau, wie man ein Nein nicht akzeptiere. Sie brauchte auch nur eine Stunde, um das zu beweisen, woraufhin Richard sie während der ganzen Fahrt zum Gasthof damit aufzog.
    Gabrielle versuchte, nicht darüber nachzudenken, was ihr augenblicklich so zu schaffen machte. Stattdessen dachte sie an die Zeit, die sie bei ihrem Vater in der Karibik verbracht hatte. Erst kürzlich war ihnen beiden aufgegangen, welche Nachteile es ihr bringen würde, wenn sie bei ihm in jenem Teil der Welt bliebe. Ihr würden all die Dinge entgehen, die sich einer jungen, heiratsfähigen Engländerin boten. Gabrielle konnte allerdings nicht sagen, dass sie etwas bereute. Um nichts in der Welt hätte sie diese wundervollen Jahre mit ihrem Vater missen mögen.
    Die beiden Männer aßen mit ihr und Margery zu Abend und leisteten ihnen später noch Gesellschaft. Ohr spielte Karten mit Margery, die aber vor lauter Aufregung darüber, wieder zu Hause zu sein, ganz erschöpft war und weder dem Spiel noch der Unterhaltung große Beachtung schenkte.
    Ohr war am längsten in Nathans Mannschaft. Wie alle anderen führte auch er eine ganze Reihe von falschen Namen, doch Ohr war zufällig sein echter. Falls er auch einen Nachna-men hatte, hatte er sich jedenfalls nie die Mühe gemacht, ihn zu erwähnen.
    Wenn er sich vorstellte, dachten die meisten Menschen, sein Name schreibe sich so wie der englische Begriff für Ruder, »oar«. Gabrielle hatte das auch geglaubt. Daher setzte er meist von sich aus hinzu, sein Name buchstabiere sich mit h.
    Dass er sehr asiatisch aussah und sein unglaublich langes schwarzes Haar sogar zu einem einzelnen Zopf geflochten trug, hielt die Leute davon ab, weiterzufragen. In Ermange-lung einer besseren Erklärung nahmen sie schlichtweg an, es handele sich um einen asiatischen Namen.
    Ohr war über einsachtzig groß und hatte ein Gesicht, das alterslos wirkte. Einmal hatte er ihnen erzählt, sein Vater sei ein Amerikaner gewesen, der oft nach Fernost reiste. Ohr hatte in der Absicht, seinen Vater zu suchen, auf einem amerikanischen Schiff angeheuert, das zurück auf die westliche Seite der Welt segelte. Doch er hatte nie

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