Malory
ehrlich bewundernd.
»Sag das bloß nie vor meinem Bruder Tony«, bat James.
»Er glaubt, er sei im Ring genauso gut wie ich.«
»Na, den Kampf würde ich gerne sehen«, meinte Boyd.
»Hat Warren nicht sogar eine Zeit lang bei ihm Boxen gelernt?«
James nickte. »Euer Bruder Warren war entschlossen, gegen mich anzutreten.«
»Ist es je so weit gekommen, bevor er gestehen musste, in deine Nichte verliebt zu sein?«, fragte Drew neugierig.
»Allerdings. Dieser Kampf zählt sogar zu meinen Lieb-lingserinnerungen.«
»Warren war immer ziemlich gut mit den Fäusten. Wir konnten ihn kaum schlagen, Drew und ich. Und du hast ihn überrumpelt, damals, als du es zu Hause in Bridgeport mit uns allen aufgenommen hast.«
»Was soll eigentlich das ganze Gerede?«, fragte James gleichmütig.
Boyd kicherte. »Ich wollte nur wissen, wie schlimm es ihm in diesem letzten Kampf ergangen ist.«
»Du solltest nicht so schlecht von deinem Bruder denken.
Er hat sich recht gut gehalten.«
»Aber er hat verloren?«
»Natürlich.«
»Über wen zieht ihr gerade her?«, fragte Georgina, die zu ihnen trat.
James verweigerte die Antwort und schaute mit hochgezogener Braue ihre Brüder an. Boyd setzte sie ins Bild und sie begann – wie James zweifellos geahnt hatte –, ihren Brüdern Vorhaltungen zu machen, dass sie vor Gabrielle so brutale Geschichten erzählten.
Ob er es ernst meinte, wusste Gabrielle nicht, jedenfalls entgegnete Drew: »Die Tochter eines Piraten ist doch sicher an Schlimmeres gewöhnt. Ist es nicht so, Schätzchen?«, fragte er Gabrielle.
Irgendwie schaffte sie es, ein Lächeln aufzusetzen. »Aber sicher. Schließlich schlagen wir unsere Opfer nicht mit Fäusten, sondern traktieren sie mit Messern und Dolchen.«
Dann ging sie eilig davon, damit er nicht merkte, dass er sie gekränkt hatte. Mit Vergnügen hörte sie, dass Georgina anfing, ihm zu predigen, weil er schon wieder dieses Wort benutzt hatte. Dabei hatte er es an diesem Abend, ohne dass Georgina es hörte, schon schrecklich oft benutzt. Um sie zu reizen?
Oder um Boyd an ihre Herkunft zu erinnern? Das war schwer zu sagen. Doch sie würde die Unterhaltung nicht vergessen, die sie am Tag zuvor zufällig belauscht hatte, und auch nicht, dass Boyd gesagt hatte: »Falls ich sesshaft werde, dann todsicher nicht mit einem Weib, dessen Vater Pirat ist.«
Während Boyd Drews Abneigung gegen die Ehe nicht zu teilen schien, hegte er offenbar größere Vorurteile gegen Piraten. Was aber keine Rolle spielte. Sie fand ihn zwar recht attraktiv und er schien trotz seiner Voreingenommenheit gegen Piraten von ihr angetan, doch bei ihm spürte sie keine Schmetterlinge im Bauch wie bei seinem aufreizenden Bruder.
Sie amüsierte sich jedoch trotz der kleinen Ärgernisse. Und es war ihr gleichgültig, warum Drew mitgekommen war, sie war einfach froh, dass er da war. Eigentlich war sie auch froh, dass Boyd da war. Durch ihr Gekabbel und den Versuch, sich gegenseitig vor ihr auszustechen, verrieten die Brüder ihr un-absichtlich Dinge über die Andersons und die Malorys, von denen sie sonst nie gehört hätte.
So erfuhr sie, dass eine Ahnin der Malorys eine echte Zi-geunerin gewesen war. Ein Gerücht, das offenbar schon seit vielen Jahren umging und von den beiden Brüdern bestätigt wurde. Sie nannten James einen ehemaligen Piraten, aber im Scherz, deshalb glaubte sie ihnen nicht. Auch deuteten sie an, das Oberhaupt des Malory-Clans, Jason Malory, der dritte Marquis von Haverston, habe seine Haushälterin geheiratet!
Das glaubte sie genauso wenig. Drew und Boyd sprachen noch über ihre drei anderen Brüder und darüber, dass sie puri-tanische Neuengländer seien, wogegen Drew, scherzte Boyd, alles andere als prüde sei. Das zu glauben, fiel ihr überhaupt nicht schwer.
Es gelang ihr auch, sich nicht von Drew provozieren zu lassen. Kein einziger böser Blick entschlüpfte ihr und sie schaffte es, auf Drews Sticheleien nicht gereizt zu reagieren. Selbst als er seinem Bruder in ihrer Hörweite gesagt hatte: »Hör auf damit, dich für jedes ›verflixt und zugenäht‹ zu entschuldigen.
Piraten benutzen noch ganz andere Wörter«, gelang es Gabrielle, ihm nicht mit gleicher Münze heimzuzahlen.
Der Rest des Stücks war ebenso amüsant wie die ersten beiden Akte. Es handelte von einer englischen Familie, die einen Ehemann für die Tochter suchte. Sie hatte es nicht auf ihre Situation bezogen und wäre auch nie darauf gekommen, wenn Drew sich nicht während des letzten
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