Malory
Geldbeutel vertrage nicht allzu viel Unmut.
»Du verschönst also unser Heim?«
Ein leichtes Schulterzucken und eine honigsüße Antwort: »Ich wußte, daß du nichts dagegen haben würdest.«
»Selbstverständlich
nicht,
meine
Liebe.
Ich
wollte
es
selbst vorschlagen.«
Sie hob ruckartig den Kopf, faßte sich aber sofort wieder.
»Ausgezeichnet, denn ich habe erst einen kleinen Anfang gemacht. Und es wird dich bestimmt freuen, daß die Sache bei weitem nicht so teuer wird, wie ich anfangs dachte. Bisher habe ich nur viertausend Pfund ausgegeben.«
»Sehr schön.«
Roslynn starrte ihn ungläubig an. Sie hatte mit allem möglichen gerechnet, nur nicht mit dieser Gleichgültigkeit. Ob er vielleicht dachte, daß sie ihr eigenes Geld ausgab? Dann würde der Schuft bald eines Besseren belehrt werden, wenn die Rechnungen ins Haus flatterten.
Sie war so verärgert über seine Reaktion - vielmehr über das Ausbleiben einer Reaktion -, daß sie seine Gegenwart nicht länger ertrug. Sie erhob sich und warf ihre Serviette auf den Tisch, konnte sich aber nicht den dra-matischen
Abgang
verschaffen,
der
ihre
Stimmung
et-
was gehoben hätte, weil ihr etwas Wichtiges eingefallen war. Sie durfte nicht riskieren, daß er wieder in diesem Zustand nach Hause kam.
»Ich habe Frances für heute abend zum Essen eingeladen. Falls du also entgegen deiner üblichen Gewohnheit, spät nach Hause zu kommen, mit uns zu speisen ge-denkst, so bitte nur in nüchternem Zustand.«
Anthony konnte nicht verhindern, daß es um seine Lippen zuckte. »Brauchst du wieder Verstärkung, meine Liebe?«
»Das nehme ich dir sehr übel«, erklärte sie eisig, bevor sie
hoheitsvoll
aus
dem
Zimmer
rauschte.
Allerdings
konnte sie es dann nicht lassen, sich auf der Schwelle noch einmal umzudrehen. »Nur zu deiner Information, Mylord - ich mißtraue keineswegs allen Männern, wie du
mir
gestern
törichterweise
unterstellt
hast,
sondern
nur den Weiberhelden und Angebern!«
Kapitel 32
»Das is' er, gnäd'ger Herr!«
Geordie
Cameron
hätte
den
kleinen
schnauzbärtigen
Mann
ohrfeigen
können.
»Welcher
der
beiden,
du
Idiot?«
Wilbert Stow zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er hatte sich inzwischen an die Beleidigungen des Schotten gewöhnt, an seine Ungeduld, seinen Jähzorn, seine Ar-roganz. Wenn Cameron ihn nicht so gut bezahlen wür-de, hätte er ihm schon längst einmal gesagt, was er ihn mal könne. Vielleicht hätte er ihm sogar schon die Gurgel durchgeschnitten.
Aber
der
Kerl
spuckte
nun
einmal
dreißig englische Pfund aus, und das war für Wilbert Stow ein Vermögen. Deshalb hielt er wie immer den Mund und ließ die Beschimpfungen über sich ergehen.
»Der Dunkle«, erklärte er und bemühte sich um einen servilen Ton. »Das ist der, dem das Haus gehört. Sir Anthony Malory heißt der Kerl.«
Geordie setzte ein Fernglas an die Augen und konnte Malorys Gesichtszüge deutlich erkennen, als dieser sich seinem blonden Gefährten zuwandte. Das also war der Engländer, der in den vergangenen Tagen die Slums nach ihm durchkämmt hatte, das war der Bursche, der Roslynn versteckte. Oh, Geordie wußte genau, daß sie sich dort aufhielt, obwohl sie nicht zu sehen gewesen war, seit Wilbert und sein Bruder Thomas das Haus abwechselnd observierten. Hierher waren ihre Sachen gebracht worden, und hierher war diese Lady Grenfell nun schon zum zweitenmal zu Besuch gekommen.
Roslynn hielt sich wohl für sehr schlau, nur weil sie das Haus nie verließ. Aber sie hier zu beschatten war viel einfacher als in der South Audley Street, wo es nur von einer Kutsche aus möglich gewesen war, was immer auffallen oder verdächtig wirken konnte. Dieses Haus hingegen lag genau gegenüber Green Park, und hinter den Bäumen im Park konnte man sich wunderbar verstecken.
Roslynn konnte keinen Schritt machen, ohne von Wilbert oder Thomas gesehen zu werden, und in der Nähe stand eine leere Kutsche, mit der sie ihr folgen konnten.
Das ganze war nur noch eine Frage der Zeit.
Aber zunächst einmal würde er sich mit diesem englischen Geck beschäftigen, der sie versteckte und der ihn durch sein Herumschnüffeln in den letzten fünf Tagen schon zweimal zu einen Umzug gezwungen hatte. Nachdem er jetzt wußte, wie der Dandy aussah, würde es kinderleicht sein, mit ihm abzurechnen.
Geordie senkte lächelnd das Fernglas. Bald, Mädchen!
Bald wirst du für den ganzen Ärger bezahlen. Du wirst dir noch wünschen, du hättest dich nicht gegen
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