Malory
nicht der eigenen Frau.
George nickte Roslynn flüchtig zu. »Ich hoffe, daß wir uns ein andermal unter angenehmeren Umständen wiedersehen, Lady Malory.« Er entfernte sich verärgert und machte sich nicht einmal die Mühe, die Haustür zu schließen.
Anthony starrte ihm verdutzt nach, während er wenig erfolgreich versuchte, mitten in der Halle das Gleichgewicht zu halten. »Habe ich etwas Falsches gesagt, George?«
James mußte darüber so lachen, daß er und der bedau-ernswerte Dobson auf der Treppe zwei Schritte rück-wärts
taumelten.
»Du
bist
einmalig,
Tony!
Entweder
erinnerst du dich an gar nichts oder an mehr, als gut für dich ist.«
Anthony drehte sich torkelnd um und blickte zu James empor, der inzwischen die halbe Treppe hinter sich gebracht hatte. »Was, zum Teufel, soll das heißen?« schrie Anthony, erhielt als Antwort aber nur ein weiteres Lachen.
Als es ganz danach aussah, als würde Anthony jeden Moment auf der Nase liegen, eilte Roslynn herbei, zog seinen Arm über ihre Schulter und packte ihn um die Taille. »Es ist einfach unglaublich, Mann«, brachte sie zähneknirschend heraus, während sie ihn vorsichtig zur Treppe lotste. »Wie kannst du nur um diese Tageszeit in solchem Zustand nach Hause kommen? Weißt du, wieviel Uhr es ist?«
»Selbstverständlich«, erwiderte er empört. »Es ist - es ist - ganz egal, wieviel Uhr es ist, aber wohin sollte ich denn sonst kommen als nach Hause?«
Er stolperte über die unterste Stufe und riß Roslynn mit sich zu Boden.
»Verdammt, ich sollte dich einfach deinem Schicksal überlassen!« schimpfte sie.
In seiner Trunkenheit mißverstand Anthony ihre Worte. Er schlang seinen Arm um sie und drückte sie so fest an seine Brust, daß sie keine Luft bekam. »Du darfst mich nicht verlassen, Roslynn! Das erlaube ich nicht.«
Sie starrte ihn ungläubig an. » D u . . . O Gott, bewahre mich vor Betrunkenen und Narren«, murmelte sie wü-
tend, während sie ihn von sich schob. »Los jetzt, du tö-
richter Kerl. Steh auf.«
Irgendwie brachte sie ihn die Treppe hinauf und in sein Schlafzimmer. Als Dobson gleich darauf auf der Schwelle erschien, winkte sie nur ab, warum, hätte sie selbst nicht sagen können. Sie hätte seine Hilfe eigentlich gut gebrauchen können. Aber es war eine einmalige Situation, Anthony so hilflos daliegen zu sehen. Nachdem ihre erste Wut verraucht war, genoß sie diese Situation.
Und daß er vermutlich ihretwegen in diesem Zustand war, war ebenfalls sehr befriedigend. Aber stimmte das überhaupt?
»Würdest du mir vielleicht erklären, warum du am hellichten Tag betrunken nach Hause kommst?« erkundigte sie sich, während sie sich daran machte, ihm den Stiefel auszuziehen.
»Betrunken?
Allmächtiger
Himmel,
Frau,
das ist
ein
abscheuliches Wort. Ein Gentleman betrinkt sich nicht.«
»Oh, was tut er denn dann?«
Er stemmte seinen anderen Fuß gegen ihr Gesäß, bis der Stiefel endlich ausgezogen war. »Der richtige Ausdruck ist - ist - verdammt - i s t . . . «
»Betrunken!« wiederholte sie selbstzufrieden.
Er grunzte, und beim zweiten Stiefel stemmte er sich so fest gegen sie, daß sie fast das Gleichgewicht verlor.
Als sie sich wütend umdrehte, grinste er ihr mit Unschuldsmiene zu.
Sie warf den Stiefel auf den Boden und zerrte an seinem Rock. »Du hast meine Frage nicht beantwortet, Anthony.«
»Welche Frage?«
»Warum bist du in diesem abscheulichen Zustand?«
Diesmal bemängelte er ihre Wortwahl nicht. »Warum trinkt ein Mann wohl ein Gläschen zuviel, meine Liebe?
Entweder er hat sein Vermögen verloren, oder ein Verwandter ist gestorben, oder aber sein Bett ist leer.«
Jetzt war sie an Reihe, eine Unschuldsmiene aufzusetzen. »Ist jemand gestorben?«
Er legte seine Hände auf ihre Hüften und zog sie zwischen seine Beine. Er lächelte, aber es war kein fröhliches Lächeln.
»Wenn
du
mit
dem
Feuer
spielst,
Liebling,
wirst du dich verbrennen«, warnte er sie.
Roslynn
lockerte
mit
einem
Ruck
seine
Krawatte.
»Schlaf deinen Rausch aus, Liebling.«
Sie drehte sich auf dem Absatz um.
»Du bist eine herzlose Person, Roslynn Malory«, rief er ihr nach.
Sie schlug wütend die Tür zu.
Kapitel 31
Anthony
erwachte
mit
rasenden
Kopfschmerzen.
Er
setzte sich fluchend auf und zündete die Lampe neben seinem Bett an. Auf der Kaminuhr war es einige Minuten nach zwei. Draußen herrschte tiefe Dunkelheit. Er fluchte wieder, als ihm klar wurde, daß er mitten in der Nacht aufgewacht war.
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