Malory
die Hände auf den Tisch stützte und sich zu Willhurst hinüberbeugte. »Ich will mir ein wenig die Beine vertreten, John, aber wenn dir das nicht paßt, weißt du ja, was du tun kannst.«
»Nein - keineswegs«, brachte John Willhurst heraus.
Er war ein Nachbar von Jason und kannte das aufbrausende Wesen der Malorys zur Genüge. Wie hatte ihm das nur passieren können? »Ich könnte selbst noch einen Drink gebrauchen.«
Willhurst sprang hastig vom Tisch auf, während Anthony abwartete, ob die beiden anderen Spieler ebenfalls irgendwelche Einwände erhoben, was aber nicht der Fall war.
Anthony nahm gelassen sein Glas zur Hand, so als wä-
re er nicht soeben noch nahe daran gewesen, einen alten Freund der Familie zu fordern. Er verließ das Kartenzim-mer und blieb wie zuvor am Eingang zum Ballsaal stehen. Seine Blicke schweiften suchend über die Menge.
Der Teufel sollte sie holen! Er konnte sich nicht einmal auf ein einfaches Kartenspiel konzentrieren, wenn sie irgendwo in der Nähe war, und deshalb hatte er in dieser kurzen Zeit schon fast tausend Pfund verloren. Es war die reinste Hölle! Er konnte nicht in ihrer Nähe sein, oh-ne sie zu berühren, aber er konnte sich auch nicht von ihr fernhalten.
Am anderen Ende des Saals versetzte Conrad Sharp James einen Rippenstoß. »Da ist er schon wieder.«
James folgte Connies Blick und schmunzelte über Anthonys finstere Miene, als seine Frau auf dem Tanzparkett an ihm vorbeiwirbelte. »Sein Gesicht spricht Bände«, kommentierte James. »Ich würde sagen, daß mein lieber Bruder gar nicht glücklich ist.«
»Dem könntest du leicht abhelfen, wenn du ein paar Worte mit der Dame wechseln und sie über den tatsächlichen Sachverhalt aufklären würdest.«
»Ja, vermutlich könnte ich das.«
»Aber du wirst es nicht tun?«
»Es Tony so leicht machen? Also wirklich, Connie! Es ist doch viel amüsanter zuzuschauen, wie er sich mühsam durchwurstelt. Er ist einfach nicht daran gewöhnt, daß jemand ihm die kalte Schulter zeigt, und ich glaube, er wird sich noch tiefer in die Scheiße reiten, bevor er da schließlich wieder rauskommt.«
»Falls er rauskommt.«
»Wo bleibt dein Glaube, Mann? Die Malorys gewinnen am Ende immer.« James grinste. »Außerdem wird sie allmählich schwach. Hast du das noch nicht bemerkt? Sie hält ständig Ausschau nach ihm. Wenn es jemals eine verliebte Frau gab, so heißt sie Lady Malory.«
»Sie weiß es wohl nur noch nicht?«
»So ist es.«
»Worüber grinst ihr beide denn so hämisch?« fragte Regina, die mit Nicholas zu ihnen getreten war.
James nahm sie kurz in den Arm. »Über die Schwä-
chen der Männer, Süße. Wir können manchmal Riesen-arschlöcher sein.«
»Sprich bitte nur für dich selbst, alter Knabe«, brummte Nicholas.
»Mich selbst nehme ich natürlich aus«, erwiderte James, während er seinen angeheirateten Neffen ironisch musterte. »Du hingegen bist geradezu ein Prachtbeispiel, Montieth.«
»Na großartig!« seufzte Regina, bedachte beide mit einem tadelnden Blick und hängte sich bei Conrad Sharp ein. »Connie, würdest du mich retten, indem du mit mir tanzt? Ich habe es wirklich satt, ständig Blutspritzer von ihren Hieben abzubekommen.«
»Liebend gern, Naseweis«, lachte Connie.
James schnaubte, als die beiden sich aufs Tanzparkett begaben. »Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, was?«
»Du weißt ja noch nicht einmal die Hälfte«, knurrte Nicholas vor sich hin. »Versuch mal, auf dem Sofa zu schlafen, weil deine Frau wütend auf dich ist.«
James konnte einfach nicht anders. Er lachte schallend.
»Großer Gott, du auch? Das ist ja köstlich, Junge. Zum Brüllen komisch! Und womit hast du dieses grausame Schicksal verdient?«
»Ich habe dir nicht verziehen, das ist es.« James' Ge-lächter auf seine Kosten besserte seine Stimmung nicht gerade. »Und sie weiß das. Jedesmal, wenn du und ich einen Wortwechsel haben, fällt sie später über mich her.
Wann, zum Teufel, verläßt du London endlich?«
»Diese
Frage
scheint
von
allgemeinem
Interesse
zu
sein«, kicherte James. »Vielleicht bleibe ich ganz hier, lieber Junge, wenn das zur Folge hat, daß du öfter mal aufs Sofa verbannt wirst.«
»Du bist wirklich eine Seele von Mensch, Malory.«
»Freut mich, daß du das endlich einsiehst. Wenn es dich übrigens tröstet - ich habe dir längst verziehen.«
»Wie großmütig! Du warst doch von Anfang an im Unrecht.«
»Und wer hat mich ins Gefängnis gebracht?« brummte James, nun nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher