Malory
sich
wohl
für
einen
Meisterschüt-
zen.«
Anthonys Augen funkelten. »Du bist ihm also zu dieser Adresse gefolgt?«
»Nachdem ich gesehen habe, daß du dich aufrappeln konntest, versteht sich.«
»Versteht
sich.«
Anthony
lächelte
jetzt
endlich.
»Be-
sten Dank, George. Bis ich wieder im Sattel saß, war von dem Kerl natürlich nichts mehr zu sehen.«
»Ist das der Bursche, den du überall gesucht hast?«
»Darauf könnte ich jede Wette eingehen.«
»Wirst du ihm einen Besuch abstatten?«
»Worauf du dich verlassen kannst.«
Der kalte Glanz in Anthonys Augen verursachte George ein gewisses Unbehagen. »Brauchst du Gesellschaft?«
»Diesmal
nicht,
alter
Junge«,
erwiderte
Anthony.
»Diese Begegnung ist seit langem überfällig.«
Roslynn öffnete die Tür zum Arbeitszimmer, blieb aber auf der Schwelle stehen, als sie Anthony am Schreibtisch sitzen und Duellpistolen reinigen sah. Sie hatte nicht ge-wußt, daß er von seinem Morgenritt schon zurückgekommen war. Sie hatte absichtlich in ihrem Zimmer gewartet, bis sie ihn weggehen hörte, denn sie wollte möglichst jede Begegnung mit ihm vermeiden, nachdem sie sich auf dem Ball so töricht benommen hatte.
Anthony
hatte
sich
natürlich
köstlich
darüber
amü-
siert, als sie Jeremy unbedingt mit nach Hause nehmen wollte, obwohl der Junge dagegen protestierte. Anthony wußte genau, warum sie nicht mit ihm allein sein wollte, nicht
einmal
während
der
kurzen
Kutschfahrt.
James
hatte den Ball mit Conrad Sharp schon früher verlassen, und so war nur Jeremy als Retter aus höchster Not in Frage gekommen. Sie hatte sich einfach nicht getraut, mit Anthony allein zu sein.
Und jetzt war sie doch wieder allein mit ihm. Sie hatte sich aus seiner kleinen Bibliothek mit neuem Lesestoff versorgen wollen. Aber er hatte nicht einmal aufgeblickt, als sie hereingekommen war. Vielleicht konnte sie sich unbemerkt zurückziehen.
»Wolltest du etwas Bestimmtes, meine Liebe?«
Er schaute noch immer nicht auf. Roslynn knirschte mit den Zähnen. »Nichts, was nicht warten könnte.«
Anthony
würdigte
sie
endlich
eines
Blickes,
interes-
sierte sich aber offenbar nur für das Buch, das sie krampfhaft umklammert hielt. »Ah, der liebste Gefährte von alten Jungfern und Witwen! Mit einem guten Buch geht der Abend relativ schnell vorbei, wenn man nichts Besseres zu tun hat, nicht wahr?«
Sie hätte ihm das Buch am liebsten an den Kopf geworfen. Mußte er jedesmal, wenn sie sich sahen, Anspielungen auf ihre Entfremdung machen? Konnte er sie nicht völlig in Ruhe lassen, bis sie sich mit seiner Untreue abgefunden haben würde? Er benahm sich so, als wäre sie der schuldige Teil.
Diese
Ungerechtigkeit
machte
sie
aggressiv.
»Wieder
einmal ein Duell, Mylord! Ich habe gehört, daß dies zu deinem
Lieblingsbeschäftigungen
gehört.
Mit
einem
Ehemann, dem du die Hörner aufgesetzt hast, nehme ich an?«
»Keineswegs, Liebling. Ich dachte daran, dich zu fordern. Wenn du mein Blut fließen siehst, bekommst du vielleicht doch Mitleid, und wir können unseren kleinen Krieg beenden.«
Es dauerte mindestens fünf Sekunden, bis sie ihren Mund wieder
schließen
konnte.
»Mach keine
dummen
Scherze.«
Er zuckte mit den Schultern. »Dein lieber Vetter ist hartnäckig. Er glaubt offenbar, dich doch noch heiraten zu können, wenn er deinen derzeitigen Ehemann beseitigt.«
»Nein!« Roslynns Augen waren schreckensweit aufgerissen. »Ich hätte nie gedacht...«
»Nicht?« fiel er ihr trocken ins Wort. »Mach dir keine Vorwürfe, Liebling. Ich habe von Anfang an mit dieser Möglichkeit gerechnet.«
»Heißt das, daß du mich geheiratet hast, obwohl du wußtest, daß du damit dein Leben in Gefahr bringst?«
»Gewisse Dinge lohnen den Einsatz des Lebens - zumindest dachte ich das damals.«
Der Hieb hatte gesessen, und er war so schmerzhaft, daß sie in ihr Zimmer rannte, wo sie ihren Tränen freien Lauf lassen konnte. O Gott, sie hatte geglaubt, daß alles überstanden sein würde, sobald sie heiratete. Sie hätte sich nie träumen lassen, daß Geordie versuchen könnte, ihren Mann umzubringen. Und ihr Mann war Anthony!
Sie könnte es nicht ertragen, wenn ihm ihretwegen etwas zustieße.
Sie mußte etwas unternehmen. Sie mußte Geordie finden und selbst mit ihm reden, ihm ihr Vermögen geben, alles, was er wollte. Nur Anthony durfte nichts geschehen.
Roslynn trocknete ihre Tränen und ging wieder nach
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