Malory
hätten ohnehin nicht ge-wußt, wie man eine solche Person findet. Und es wäre auch eine viel zu einfache Lösung gewesen. Roslynn hatte sich von Anfang an darauf eingestellt, daß diese Jagd nach einem Ehemann schwierig sein würde, weil ihr die Zeit fehlte, in aller Ruhe eine Entscheidung zu treffen.
An diesem Abend machte sie aber immerhin einige Fortschritte. Sir Artemus Shadwell, der Witwer mit den grauen Schläfen, brachte es fertig, den jungen Flegeln, wie Roslynn sie ungerechterweise wegen ihrer übereifri-gen Bemühungen
bezeichnete,
zuvorzukommen
und
mit
ihr zu tanzen. Leider war es kein Tanz, bei dem man sich gut unterhalten konnte, und so erfuhr sie nur, daß er aus seiner ersten Ehe fünf Kinder hatte (Frances war entschieden
nicht
auf
dem
laufenden!)
und
an
weiteren
nicht interessiert war, falls er wieder heiraten sollte. Sie hätte gern gewußt, wie er das verhindern wollte, konnte ihn aber natürlich nicht danach fragen.
Roslynn
hingegen
war
fest
entschlossen,
wenigstens
Kinder zu haben, wenn sie schon so überstürzt heiraten mußte. Das war das einzige, worauf sie sich wirklich freute. Sie wollte nicht allzu viele Kinder, aber doch zwei oder drei oder auch vier. Und in ihrem Alter konnte sie damit nicht mehr lange warten. Wenn sie eine Familie gründen wollte, so mußte sie unverzüglich damit beginnen. Das würde klargestellt werden müssen, ohne jedes vielleicht« oder ›mal sehen‹. Darauf würde sie sich nicht einlassen.
Aber sie brauchte Sir Artemus trotzdem nicht gleich von ihrer Liste zu streichen. Schließlich wußte er nicht, daß sie ihn als Heiratskandidaten in Betracht zog, und hatte ihre Frage nach Kindern deshalb rein theoretisch beantwortet. Ein Mann konnte leicht umgestimmt werden, das wußte sie aus Erfahrung.
Nach ihrem Tanz brachte er sie zu Frances zurück, die am Buffet stand und sich mit einer jungen Frau unter-hielt, die Roslynn noch nicht kennengelernt hatte. Doch gleich darauf erklangen Walzertakte, und Roslynn sah, daß der beharrliche Lord Bradley schnurstracks auf sie zusteuerte. Sie stöhnte laut auf. Das war einfach zuviel.
Sie würde sich von diesem ungeschickten Burschen nicht wieder die Füße zertrampeln lassen!
»Was ist jetzt los, Roslynn?« erkundigte sich Frances, die den Stoßseufzer gehört hatte.
»Nichts...
Herrgott,
mir
bleibt
aber
auch
wirklich
nichts
erspart!«
murmelte
Roslynn
erbittert
und
faßte
plötzlich einen Entschluß. »Ich werde nicht wieder mit diesem Tölpel von Bradley tanzen, Frances, das schwöre ich dir. Eher falle ich in Ohnmacht, aber dieser Peinlich-keit will ich dich nicht aussetzen, deshalb werde ich mich kurz verdrücken. Entschuldigt mich bitte.«
Sie grinste Frances und der unbekannten Dame verschwörerisch zu, tauchte kichernd in der Menge unter und überließ es ihrer Freundin, dem hartnäckigen Lord ihr Verschwinden zu erklären.
Sie flüchtete durch eine der offenen Terrassentüren ins Freie, drückte sich an die Mauer neben der Tür und überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, daß in dem herrlichen
mondbeschienenen
Garten
hinter
der
Stein-
terrasse niemand zu sehen war. Dann spähte sie vorsichtig um die Ecke, um zu sehen, ob ihre Flucht geglückt war. Lord Bradley entfernte sich gerade sichtlich enttäuscht von Frances.
Ohne die leisesten Gewissensbisse beobachtete sie ihn weiter. Sie wollte sicher sein, daß er nicht draußen nach ihr suchen würde. In diesem Fall müßte sie sich schnell ein neues Versteck suchen, und sie sah sich im Geiste schon hinter Blumenbeeten kauern. Erst jetzt kam ihr zu Bewußtsein, daß sie auch hier auf ihrem Spähposten, in geduckter
Haltung
vornübergebeugt,
ein
lächerliches
Bild bieten mußte, und sie vergewisserte sich nervös, daß der Garten noch immer leer war. Gleich darauf sah sie erleichtert, daß Lord Bradley ein junges Mädchen zum Tanz aufgefordert hatte.
Roslynn
richtete
sich
auf
und
beglückwünschte
sich
insgeheim, ihre Füße wenigstens für den Augenblick gerettet zu haben. Sie hätte sich schon früher in den Garten begeben sollen. Die frische Luft war wohltuend, und sie wollte einige Minuten allein sein und zur Ruhe kommen.
Durch die Türen und Fenster fiel weiches goldenes Licht auf die Terrasse. Hier standen zwar einige Tische und Stühle, aber sie waren vom Saal aus zu sehen und deshalb für Roslynns Zwecke ungeeignet.
Aber sie entdeckte am Ende der Terrasse, dort wo sie in Rasen überging, eine
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