Malory
Lippen. Man mußte jederzeit darauf gefaßt sein. Sie wußte von Frances, daß diese Spezies es nie ehrlich meinte, daß solche Typen es einfach ihrem Image
schuldig zu sein
glaubten,
schockierende
Äuße-
rungen von sich zu geben.
Trotzdem konnte sie einfach nicht anders als ihn zu tragen: »Sie würden mich also heiraten?«
»Heiraten?«
Sie hatte es fertiggebracht, ihn völlig aus der Fassung zu bringen. Seine entgeisterte Miene war direkt erhei-ternd.
»Ich nehme kein Blatt vor den Mund, mein Herr, obwohl ich im allgemeinen nicht so offen rede. Meine Frage war in Anbetracht Ihrer Worte völlig berechtigt. Darf ich aber aus Ihrer Reaktion schließen, daß Ihnen die Rolle eines Ehemanns nicht zusagen würde?«
»Großer Gott, alles, nur das nicht!«
»Mit solchem Nachdruck brauchten Sie das nicht gerade zu betonen«, rügte sie mit einer Spur von Enttäuschung in der Stimme. »Ich hatte nichts anderes erwartet.«
Er hegte plötzlich die Befürchtung, daß seine Felle davonschwimmen
könnten.
»Sie
wollen
doch
wohl
nicht
schlagartig
all
meine
Hoffnungen
zerstören?
Sagen
Sie
mir schnell, daß Sie nicht wie all die anderen eine Ehe ins Auge fassen.«
»O doch, genau das tu ich. Nur deshalb bin ich nach London gekommen.«
»Wie alle.«
»Bitte?«
Er lächelte sie wieder an, und sie hatte das Gefühl da-hinzuschmelzen. »Sie sind aber noch nicht verheiratet.«
Er beugte sich vor, griff nach ihrer Hand und zog sie sanft näher. »Welchen Namen trägt eine solche Schönheit?«
Welchen
Namen?
Welchen
Namen?
Sie
spürte
seine
warme, starke Hand, die ihre Finger umspannte. Ihre Haut prickelte am ganzen Arm. Ihre Schienbeine stießen gegen die Bankkante, aber sie fühlte keinen Schmerz. Er hatte sie in den Schatten gezogen.
»Sie haben doch einen, oder?« fragte er beharrlich.
Ein männlicher Duft stieg Roslynn in die Nase. »Was?«
Er lachte leise, erfreut über Ihre Verwirrung. »Einen Namen, mein liebes Mädchen. Wir alle müssen einen tragen, ob er uns nun gefällt oder nicht. Ich selbst heiße Anthony Malory, Tony für meine Freunde. Und jetzt sind Sie an der Reihe.«
Sie schloß die Augen. Nur auf diese Weise konnte sie einen klaren Gedanken fassen. »Ros - Roslynn.«
Sie hörte ihn mit der Zunge schnalzen. »Kein Wunder, daß Sie heiraten wollen, Ros Roslynn. Sie möchten einfach ihren Namen ändern.«
Sie riß ihre Augen auf und sah wieder sein betörendes Lächeln. Er neckte sie nur, und seine Ungezwungenheit gefiel ihr. Die anderen Männer, die sie in den vergangenen Tagen kennengelernt hatte, waren zu sehr bemüht, einen guten Eindruck auf sie zu machen, als daß sie entspannt scherzen konnten.
Sie erwiderte sein Lächeln: »Roslynn Chadwick.«
Diesen Namen sollten Sie auch behalten
- zumindest
bis wir viel besser bekannt geworden sind. Und das werden wir zweifellos. Soll ich Ihnen verraten, auf welche Weise?«
Sie lachte, und diese kehligen Laute ließen ihn vor Erregung erbeben. »Ach, Sie versuchen doch nur, mich wieder zu schockieren. Das wird Ihnen aber nicht gelingen. Ich bin zu alt, um zu erröten, und ich bin vor Männern wie Ihnen gewarnt worden.«
»Wie mir?«
»Vor Weiberhelden.«
»Schuldig.« Er stieß einen gespielten Seufzer aus.
»Vor Meistern in der Kunst der Verführung.«
»Ich hoffe doch sehr, einer zu sein.«
Sie lachte leise vor sich hin, aber es war kein albernes Gekichere, und es war auch nicht auf Wirkung bedacht.
Dieses volle, warme Lachen brachte ihn fast um den Verstand, aber er beherrschte sich mühsam. Er wollte nicht riskieren, diese Frau zu verschrecken. Sie war zwar dem Alter nach keine Debütantin mehr, aber er wußte noch nicht, ob sie schon einschlägige Erfahrungen gesammelt hatte.
Das Licht im oberen Stockwerk erlosch plötzlich, und sofort geriet Roslynn in Panik. Es spielte keine Rolle mehr, daß sie seine Gesellschaft genoß, daß sie sich in seiner Gegenwart wohl fühlte. Sie standen jetzt im Dunkeln, und er war ein Lebemann, und sie konnte es sich nicht leisten, verführt zu werden.
»Ich muß gehen.«
»Noch nicht.«
»Doch, ich muß in den Saal zurück.«
Sie versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen, aber er verstärkte seinen Griff. Mit den Fingerspitzen seiner anderen Hand streichelte er sanft ihre Wange, und sie bekam weiche Knie. Sie mußte ihm ihren Standpunkt rasch klarmachen.
»Ich - ich muß mich bei Ihnen bedanken, Mr. Malory.« Ohne es zu bemerken, verfiel sie aus Verwirrung in den breiten
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