Malory
braucht man keine sichtbaren Symptome vorzutäuschen.«
Seine Ironie brachte sie derart in Wut, daß ihr heraus-rutschte: »Du Schuft! Selbst wenn ich welches hätte, wä-
re es dir völlig egal!«
»Das würde ich nicht unbedingt sagen.« Er setzte sich aufs Bett und spielte am Gürtel ihres Morgenrocks. Sein Lächeln war humorvoller, seit sie ungewollt zugegeben hatte, nicht unpäßlich zu sein. »Hast du Kopfweh?«
»Ja!«
»Lügnerin!«
»Ich gehe eben bei einem Meister in die Lehre.«
Er lachte. »Ausgezeichnet, meine Liebe. Ich hatte gerade überlegt, wie ich das heikle Thema anschneiden sollte, aber du hast es mir abgenommen.«
»Welches Thema?«
»Welches wohl? Wollen wir jetzt auf dumm spielen?«
»Wir spielen überhaupt nichts. Du wirst jetzt dieses Zimmer verlassen!«
Sie sagte es ohne große Hoffnung, daß er es tun wür-de, und natürlich dachte er nicht im Traum daran zu gehen. Statt dessen lehnte er sich zurück, stützte sich bequem auf einen Ellbogen auf und studierte mit ausdrucksloser Miene ihre Aufmachung.
Plötzlich beugte er sich vor und riß ihr die Nachtmütze vom Kopf. »So ist's besser.« Er ließ die Mütze auf seinem Finger kreisen, während er die rotgoldenen Locken betrachtete, die ihr jetzt offen über die Schultern fielen.
»Du weißt, wie sehr ich deine Haare liebe, und du hast sie nur versteckt, um mich zu ärgern, stimmt's?«
»Du bildest dir viel zuviel ein.«
»Vielleicht«, sagte er sanft. »Vielleicht habe ich aber auch genug Frauen gekannt, um genau zu wissen, was in ihren Köpfen vorgeht, wenn sie sich für irgendein eingebildetes
Unrecht
rächen
wollen.
Kaltes
Essen,
kalte
Schultern, kalte Betten. Bis auf das kalte Essen hast du mir
schon
alles
geboten,
und
das
kommt
vermutlich
demnächst auch noch.«
Sie warf das Buch nach ihm. Er wich mühelos aus.
»Wenn
du
handgreiflich
werden
möchtest,
Liebling,
so bin ich dafür genau in der richtigen Stimmung. Ich glaube, wenn ich Cameron heute gefunden hätte, hätte ich den Kerl zuerst über den Haufen geschossen und erst hinterher Fragen gestellt. Du solltest dich also lieber etwas in acht nehmen.«
Er sagte das so ruhig, daß sie seine Worte nicht ernst nahm. Sie hatte sich so in ihre eigene leidenschaftliche Wut hineingesteigert, daß sie nicht bemerkte, wie verändert er war. Er hatte sich völlig unter Kontrolle. Er sprach in eisigem Ton. Er war zornig.
»Wirst du jetzt endlich verschwinden?« keifte sie. »Ich will noch nicht mit dir reden, Mann.«
»Das
sehe
ich.«
Er
schleuderte
ihre
Nachtmütze
durchs Zimmer. »Aber es ist mir ziemlich egal, ob du willst oder nicht, meine Liebe.«
Sie schnappte nach Luft, als er sie bei den Schultern packte, und stemmte sich mit aller Kraft gegen seine Brust. Er ließ sie gewähren - zumindest für den Augenblick.
»Erinnere dich an deine erste Bedingung für diese Ehe, Roslynn. Du wolltest unbedingt ein Kind von mir haben.
Ich habe dem zugestimmt.«
»Du
hast
auch
der
zweiten
Bedingung
zugestimmt
und dich genau daran gehalten. Erst deine Lüge hat alles verändert, Mann!«
Jetzt erkannte auch sie, wie zornig er war. Sie sah es an dem kalten Funkeln seiner Augen und an der ganzen Kinnpartie. Er war plötzlich ein anderer Mann, ein furchteinflößender Mann - ein faszinierender Mann. Er weckte in
ihr
irgendwelche
undefinierbaren
primitiven
Gefühle.
Vor lautem Gebrüll hatte sie keine Angst. Aber dies? Sie wußte nicht, was er als nächstes tun würde, wozu er fähig war, aber ein Teil von ihr wollte es herausfinden.
Doch Anthony war zwar zornig, aber nicht völlig au-
ßer sich. Und jener Funke von Begehren, den er in ihren Augen entdeckt hatte, als sie ihn von sich wegstieß, hatte ihn etwas weicher gestimmt. Sie begehrte ihn nach wie vor, sogar in ihrer Rage. Nachdem er das jetzt wußte, beschloß er zu warten, bis sie ihren Groll überwunden haben würde. Es würde keine angenehme Wartezeit sein, aber er wollte nicht, daß sie am nächsten Morgen zeterte, er hätte sie vergewaltigt. Damit würde er ihr nur einen neuen Anlaß zum Groll liefern.
»Du hättest dich wirklich kräftig in die Nase kneifen sollen, meine Liebe, dann hätte ich vielleicht an deine Unpäßlichkeit geglaubt.«
Roslynn glaubte sich verhört zu haben. » O h . . . «
Sie stieß ihn mit aller Kraft von sich, und er räumte wi-derstandslos ihr Bett. Mit einem gezwungenen Lächeln blickte er auf sie herab.
»Ich übe mich in Geduld, aber ich warne
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