Maltas Geheimnis
»unbesorgt sein? Ich glaube du hast den Ernst der Lage nicht erkannt!«
Ihre Stimme klang leicht hysterisch und schrill. Unbesorgt sein. Ha, dass sie nicht lachte. Sie war am Ende ihrer Kräfte, Axel war schwer verletzt und sie befanden sich immer noch in dieser verdammten Höhle. Sie schluckte die aufkeimende Panik herunter und griff wieder ein Stück weiter nach dem Seil.
Als Alisha schon dachte, nun würden ihre Hände ihren Dienst versagen, spürte sie plötzlich wie ihre Schuhe gegen etwas Festes stießen. Hastig suchte sie halt und merkte, dass sie die andere Seite der Schlucht erreicht hatte und nun sicheren Boden unter den Füßen hatte. Es war ein herrliches Gefühl, obwohl ihre Handflächen wie Feuer brannten.
Natürlich meldete sich sofort Raul wieder. »Befestige das Seil auf deiner Seite mit einem festen Knoten! Dann komme ich rüber!«
Aber für Alisha gab es jetzt erst mal Wichtigeres und sie schüttelte nur den Kopf. Mit wenigen Schritte war sie bei Axel. Er sah fürchterlich aus. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, die Wangen waren eingefallen und ein ungepflegt wuchernder Bart verlieh den Eindruck als läge er schon seit Jahren hier.
»Waaasser«, krächzte Axel, kaum vernehmbar, »Waaasser.«
Alisha nahm schnell ihren Rucksack ab und holte ihre Wasserflasche heraus. Sie hockte sich neben ihren Freund und hielt ihm die Flasche an seine verkrusteten Lippen. Gierig und keuchend nahm Axel einen Schluck nach dem anderen. Dabei begegneten sich ihre Blicke und sie sah die Dankbarkeit und die pure Erleichterung darin. Er hatte wohl nicht mehr mit seiner Rettung gerechnet.
»Gib ihm nur ganz wenig zu trinken, sonst krepiert er!«, hörte sie in ihrem Rücken Rauls Mahnung.
Schnell entzog sie Axel die Flasche wieder. Sie spürte, wie er sie festhalten wollte, aber seine Kraft reichte nicht aus. Aus ihrem Rucksack kramte sie einen Müsliriegel hervor, packte ihn halb aus und brach eine kleine Ecke ab. Vorsichtig schob sie ihm das Stück in den Mund und atmete erleichtert aus, als sie sah, wie er zu kauen begann. Ganz vorsichtig, damit sie ihm nicht noch mehr Schmerzen zufügte, schlang sie die Arme um seinen Oberkörper und küsste erst seine schmutzige Stirn, dann seine Wangen, dann seine aufgesprungenen Lippen. Nun rannen ihr die Tränen wie in Bächen über die Wangen, aber sie bemühte sich nicht, sie wegzuwischen. Schluchzend presste sie sich an Axels Brust, die sich schwerfällig hob und senkte. Plötzlich spürte sie wie zitternde Finger über ihren Kopf strichen und ihr Gesicht berührten. Die Angst der letzten Tage, die Sorge um ihn, das alles entlud sich nun und sie konnte sich kaum beruhigend, während Axel weiter gleichmäßig ihren Kopf streichelte.
»Hey! Alisha! Ich will euch ja nicht stören aber es könnte sein, dass wir demnächst nicht mehr alleine sein werden. Hast du mal an unsere Verfolger gedacht?«, rief Raul von der .anderen Seite.
Er hatte Recht. Später würden sie genug Zeit haben, ihr Wiedersehen zu feiern. Nun galt es Axel hier sicher rauszubringen. Alisha griff nach der liegenden Fackel und ließ den Lichtschein über die umliegende Wand gleiten. Sie befanden sich auf einem Art Plateau, dass, wohl durch das Erdbeben damals, von dem restlichen Felsen abgetrennt wurde.
Neben der Stelle an der Axel an der Wand lehnte, schien ein Gang weiter abwärts in das Innere des Berges zu führen. Alisha spürte, wie sich ein kleiner Hoffnungsschimmer in ihr ausbreitete. Es konnte noch alles gut werden. Sie sah sich schnell nach dem Fackelhalter um und sah ihn in Schulterhöhe, links von ihr. Erstaunt musste sie feststellen, dass ein weiteres Seil daran befestigt war, das jedoch in den Spalt führte, über den sie sich soeben herüber gehangelt hatte. Vielleicht waren Axel und Jens so auf die andere Seite gekommen. Jens. Sie hatte überhaupt nicht mehr an ihn gedacht, aber nun überkam sie die Angst wieder.
Wo war er?
»Axel, wo ist Jens?«. Sie fasste ihn sanft bei den Schultern und sah ihm fest in die Augen. Axels Blick wurde immer wieder unscharf und aus seinem Mund kam nur ein Stöhnen. Nachdem er auch auf ihre wiederholte Frage nicht antwortete drückte sie ihm den Rest des Müsliriegels in die Hand, stand wieder auf und wickelte das Seil, mit dessen Hilfe sie die Schlucht überquert hatte, vom Fackelhalter ab. Sie befestigte es nun mit einem ordentlichen, festen Knoten daran und rief Raul zu, er könne nun herüberkommen.
Mit geschickten und kräftigen Bewegungen
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