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Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Titel: Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Birgit;Lolosoli Virnich
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einzig sinnvolle Lösung für all unsere Probleme: ein Dorf für uns Frauen. Nur wenn wir zusammenleben würden, könnten wir einander schützen und füreinander da sein. Ganz leise, aber selbstbewusst, stimmte Nagusi noch einmal unsere Hymne an. »Umoja – Pamoja. Gemeinsam schaffen wir es. Lasst es uns anpacken. Gemeinsam ist es nicht schwer.« Plötzlich war klar: Umoja – der Name unserer Gruppe würde auch der Name unseres Dorfes sein.
    »Sobald ich mich erholt habe, fangen wir an«, flüsterte ich. »Wir lassen uns nicht unterkriegen.« Ich lächelte schwach. Obwohl ich in dem Augenblick nicht wusste, woher ich die Energie für so eine gewaltige Aufgabe hernehmen sollte, war es beruhigend, dieses Ziel vor Augen zuhaben. In diesem Moment schien es mir wie ein Grashalm, an den ich mich klammerte. Die Vision von einem Dorf, in dem nur Frauen wohnen würden, beflügelte mich. Ich konnte es kaum erwarten, aus dem Krankenhaus herauszukommen und nach Archer’s Post zurückzukehren. Doch jetzt sank ich erst einmal in einen tiefen Schlaf, während neben mir die vielen anderen Frauen, mit denen ich den Schlafsaal teilte, stöhnten, schnarchten oder brabbelten.

ZUM TEUFEL MIT DEN MÄNNERN
    Ich fühlte mich zwar noch geschwächt, doch ich hielt es im Krankenhaus einfach nicht mehr aus – inmitten all der stöhnenden Menschen und dem Gestank nach Äther. Endlich war es also so weit. Eingehüllt in ihre blaue Shuka stand Nagusi mit ihrem Kopfschmuck und ihren Perlenketten vor mir, um mich abzuholen. Sie strahlte eine ungeheure Lebensfreude aus, von der ich mich mitreißen lassen wollte. Doch als wir die große Glastür öffneten und in die frische Luft hinausgingen, schrie ich vor Schmerzen auf. Die grellen Sonnenstrahlen brannten mir in den Augen, die sich während meines Aufenthalts an das gedämpfte Licht im Krankensaal gewöhnt hatten. Nur mit einer Sonnenbrille konnte ich das ungefilterte Tageslicht ertragen. Meine Augenlider waren immer noch geschwollen, aber längst nicht mehr wie in jener Nacht, als sie sich wie zwei aufgeblähte Bälle angefühlt hatten. Auch die Blutergüsse an meinem Körper spürte ich noch, aber die Schwellungen waren merklich zurückgegangen. »Es wird noch etwas dauern«, hatten mir die Ärzte versichert, »aber es wird sich alles wieder einrenken.«
    Bei der Vorstellung, auf meinen Schwiegervater zu treffen, bekam ich Schweißausbrüche, also verdrängte ich den Gedanken daran, ihm gegenübertreten zu müssen. Ich war heilfroh, mich meiner Freundin und den anderen Umoja-Frauen anvertrauen zu können. Das war jetzt mein neues Leben. Mit meinem alten Leben hatte ich in den Nächten im Krankenhaus
gedanklich abgeschlossen. Voller Tatendrang wollte ich mich nun der neuen Aufgabe widmen und bevor ich mich versah, befanden wir uns mitten im lauten Markttreiben von Isiolo.
    Früher hatte ich die Hektik und das babylonische Stimmengewirr aus all den unterschiedlichen Bauern- und Nomadensprachen geliebt. Jetzt überforderte mich das chaotische Gebrüll der Rendile und Samburus, die ihre Kühe, Ziegen und Kamele höchstbietend verkauften. Während sie die Tiere begutachteten, priesen einige Meru ihr Miraa, eine Kaudroge, die im Norden Kenias weitverbreitet ist, lautstark an. Das beste Miraa stammt aus den kleinen Farmen rund um die Bauernmetropole Meru. Nur ein Bruchteil der Ernte landet hier auf den Märkten von Isiolo, das meiste wird gleich nach Nairobi gebracht. Inmitten dieser lauten Marktschreier drehten einige Borana- und Somali-Frauen ihre Runden und kauften Waren, die sie kilometerweit schleppen mussten, so wie ich das früher mit meiner somalischen Gefährtin Fatuma getan hatte. Einige der Frauen und Händler erkannten mich sofort und winkten mir zu. Sie waren entsetzt, mich so zugerichtet zu sehen. »Wer hat dir das nur angetan?«, wollten auch sie wissen. Als ich ihnen erzählte, dass ich nun keinen Laden mehr hatte, weil ein Schlägertrupp ihn kurz und klein geschlagen hatte, waren sie untröstlich, vor allem die, die mich schon seit Jahren kannten. »Lass dich nicht unterkriegen«, ermutigte mich eine somalische Nomadin. »Wenn du klein beigibst, dann haben diese Schläger gesiegt. Du darfst dich von ihnen nicht verscheuchen lassen.« – »Ich habe neue Pläne«, versicherte ich. »Du wirst sehen, es wird etwas Neues entstehen. Warte nur ab.« Vorsichtig umarmte sie mich und wünschte mir Glück.
    Meine Entscheidung stand fest. Ich hatte meinen kleinen Laden zwar geliebt, aber er

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