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Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Titel: Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Birgit;Lolosoli Virnich
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hatte auch zu viel Aufruhr in mein Leben gebracht. Ich hatte dadurch viele bewundernswerte Menschen kennengelernt, meine Kinder ernährt, doch am Ende war er auch immer ein Unruheherd für meine Familie
gewesen. In der Abgeschiedenheit des Krankenhauses hatte ich beschlossen, meinen Laden nicht wieder aufzubauen. Jetzt wollte ich mich auf unser Frauendorf konzentrieren. »Komm, lass uns keine Zeit verschwenden«, erklärte ich. Nagusi und ich lächelten einander zufrieden an und schlugen zielstrebig den Weg in Richtung Straße ein.
    Isiolo war eigentlich eine riesige Bushaltestelle. Kleinere Taxis, größere Matatus und Geländewagen kamen und fuhren am späten Nachmittag im Minutentakt. Während Nagusi und ich auf ein Matatu nach Archer’s Post warteten, standen neben uns ein paar Turkana-Frauen und verkauften Holzkohle. Auch sie lächelten mir zu, drückten meine Hand voller Bedauern und brachten ihr Mitleid zum Ausdruck. »Du bist stark wie einst dein Vater. Wer immer dir das angetan hat, soll verrecken«, schimpften sie und spuckten verächtlich auf den Boden. »Wenn du das überstehst, wirst du über dich hinauswachsen«, erklärten sie aufmunternd. Bis heute waren die Turkana meinem Vater dankbar, dass er ihnen als Chief Schutz und Unterkunft gewährt hatte. Aufatmend schaute ich die Frauen an. Ich fühlte mich bestärkt. Ich spürte nun am eigenen Leib, wie wichtig es war, dass mich andere Frauen unterstützten und zu mir hielten. Ihr Zuspruch bedeutete mir viel. Voller Zuversicht schaute ich nun in die Zukunft.
    Als wir endlich in einem Matatu saßen und an rotbraunen Termitenhügeln vorbeifuhren, die sich wie Gebirge am Wegesrand erhoben, atmete ich auf. Dieser von Steinen und Gesteinsbrocken übersäte Landstrich ist eigentlich einer der trockensten in Kenia, doch es hatte geregnet und der Niederschlag hatte die Halbwüste in eine spektakuläre Blütenlandschaft verwandelt und Safaritouristen aus aller Welt angezogen. Nach all der Tristesse im Krankenhaus erfüllte mich der Anblick der aufgeblühten Natur mit ungeheurer Freude. Ein Neuanfang. Das war genau der Schwung, den ich nun brauchte. Im Krankenhaus hatte mich allein der Gedanke an unser gemeinsames
Frauendorf immer wieder ermutigt und mir neuen Elan gegeben. Als ich mich langsam von meinen Verletzungen erholte, hatten Nagusi und ich uns das Dorf in den buntesten Farben ausgemalt und nun wollte ich keine Zeit mehr verlieren und einen geeigneten Standort suchen.
    Als wir in Archer’s Post ankamen, wurden wir gleich am Ortseingang von einem kleinen Frauenkomitee begrüßt. Ich war glücklich, als ich von der rosarot-orange gekleideten Frauenschar umringt wurde. Ihre Gesänge, ihr Gelächter, ihre bunten Tücher und ihr Geruch munterten mich auf. All das hatte ich in der permanenten Desinfektionsduftwolke im Krankenhaus vermisst. Die munter schwatzenden Samburu-Frauen freuten sich, mich wiederzusehen. Manche schluchzten, als sie mich so aufgedunsen sahen, andere vergossen Freudentränen. Sie seien entsetzt gewesen, als sie von dem Raubüberfall gehört hatten, versicherten sie mir. Für die meisten war mit diesem feigen Übergriff eine Grenze überschritten worden, die sie nicht hinnehmen wollten. Sie werteten diesen Angriff aus dem Hinterhalt auch als Einschüchterungsversuch gegen unsere Frauengruppe. »Das werden wir nicht auf uns sitzen lassen«, erklärte Naibala, eine der älteren Frauen in unserem Kreis, die sich nur selten aus der Ruhe bringen ließ. Die ansonsten sehr gutmütige alte Dame war äußerst aufgebracht. »Diesmal sind sie zu weit gegangen.« Wütend erhoben nun auch Frauen das Wort, die sonst immer eingeschüchtert wirkten. Der Anschlag auf mich hatte eine regelrechte Signalwirkung. Eine derartige Aufbruchsstimmung hatte es bislang nicht gegeben.
    Als Nagusi und ich ihnen nun von unserer Idee, ein Frauendorf zu gründen, erzählten, waren die Frauen begeistert. »Wir müssen uns unabhängig machen. Wir müssen dahin, wo die Touristen sind«, erklärte ich. »Denn nur so werden wir Geld verdienen und überleben.« Breite Zustimmung. Die Frauen wollten sofort loslegen, und so machten wir uns gleich auf, den Platz unseres neuen Dorfes zu besichtigen.

    Singend folgten wir dem Weg, den die Safaribusse nehmen, und bogen hinter der Brücke am Ortseingang von Archer’s Post auf eine Sandpiste ab. Wir liefen über die staubige Piste, bis wir dort ankamen, wo die Frauen immer die Touristen abfingen und ihnen ihren Schmuck verkauften. Dort

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