Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig
die Dinge beruhigen würden. Doch mein Mann war wütend. Er ließ nicht mit sich reden. Es nagte augenscheinlich an ihm, dass sein Vater ihn für einen Feigling hielt. »Ich werde nicht zulassen, dass du meine Familie zerstörst«, warnte er mich. »So geht es nicht weiter. Warum musst du dich immer mit meinem Vater anlegen? Es wird noch
böse enden, wenn du so weitermachst.« Erstmals hatte er ganz klar für seinen Vater Partei ergriffen und mit diesen Worten stürmte er aus dem Haus und kehrte erst spätnachts zurück.
Am nächsten Morgen musste mein Mann nach Maralal. Dort trafen sich die Ratsherren, deren Vorsitzender er mittlerweile geworden war, regelmäßig einmal im Monat. Er war viel unterwegs, denn neben den regelmäßigen Treffen des Samburu County Councils reiste er auch ständig quer durch den gesamten Samburu-Distrikt, um Projekte anzuschieben. Und da er auf den Dreckpisten oft nur mühsam vorankam, war er oft tagelang unterwegs. Wenn er zwischen all den Reisen quer durch den Samburu-Landkreis einmal wieder zu Hause war, kam es nun immer häufiger zum Streit zwischen uns beiden. Meistens forderte er Geld von mir. Wenn er neue Reifen für sein Auto brauchte, musste ich einige der Ziegen verkaufen. »Die Ziegen gehören dir«, meinte er dann versöhnlich, »aber das Geld gehört mir. Ich bin schließlich dein Mann.«
Anfangs ließ ich mich noch gerne von ihm umgarnen, doch mittlerweile stand fest, dass es immer nach diesem Muster lief. Um den Frieden zu wahren, ging ich dennoch oft darüber hinweg und gab ihm das Geld, ohne zu murren. Wir lebten zunehmend von den Einnahmen aus dem Laden und von den Ziegen. Und dennoch nörgelte mein Mann jetzt häufiger an mir herum. Oft hatte er etwas an meinem Essen auszusetzen oder er beschwerte sich, dass das Haus nicht aufgeräumt sei. Ich solle mich gefälligst mehr anstrengen, klagte er.
Eines Tages nahm dann alles eine fürchterliche Wende. Es fing mit ein paar deutlichen Warnungen an. Einige Männer in Archer’s Post drohten mir mit Repressalien, wenn ich nicht aufhören würde, ihre Frauen gegen sie aufzubringen. Sie zischten mir ihre Drohungen auf offener Straße zu. Doch dann eskalierte die Situation. Eines Abends betrat eine Gruppe von Männern meinen Laden, als ich gerade meine neu eingetroffene Ware sortierte. Ich hatte sie zunächst nicht bemerkt, da ich
mich über das Mehl gebeugt hatte, um es abzuwiegen. Noch bevor ich mich zu ihnen umdrehte, spürte ich, dass sich etwas Unheilvolles anbahnte. »Willst du uns nicht bedienen?«, fragten sie höhnisch. »Sei nicht so unhöflich zu uns.« Hinter mir hatte sich ein ganzer Schlägertrupp aufgebaut. »Wenn du uns die Sachen nicht gibst, dann müssen wir sie uns selbst nehmen.« Sie griffen in die Regale und räumten meine Waren nacheinander in einen Sack, den sie mitgebracht hatten. »Wartet. Was macht ihr da?«, wandte ich ein. Als ich weiterreden wollte, schoben sie mich beiseite. »Stell dich nicht so an«, provozierten sie mich und lachten laut los. »Wir brauchen was zum Leben. Das verstehst du doch, oder?«
Bevor ich antworten konnte, prasselten die ersten Schläge auf mein Gesicht. Mit voller Wucht boxten sie mir in die Augen, die sofort anschwollen. Dabei feuerten sie sich gegenseitig an, grölten, schubsten mich hin und her und prügelten auf mich ein. »Du bist nur eine Frau«, schrien sie mich an. »Was mischst du dich auch in alles ein?!« Mit einem Schlag in die Kniekehlen landete ich auf dem Boden. »Was nimmst du dir heraus? Du weißt immer alles besser! Wo bleibt dein Respekt vor Männern? Wir werden dir schon zeigen, wo es langgeht.«
Während ich am Boden lag und mein Gesicht zu schützen versuchte, traten sie mir immer wieder in den Magen, bis ich fast bewusstlos wurde. Ganz gezielt schlugen sie mir mit den Fäusten auf meine Augen, bis ich das Gefühl hatte, sie würden platzen. Dann zerlegten sie meinen ganzen Laden, hauten das Mobiliar kurz und klein und fegten mein komplettes Sortiment von den Holzregalen in ihren Sack. Selbst meine Waage steckten sie ein. Am Ende glich der Laden einer Ruine, bis auf das letzte Fell geplündert. »Wir hoffen, du hast uns verstanden«, flüsterten sie mir beim Abschied ins Ohr. »Das nächste Mal bringen wir dich um.«
Ich lag stöhnend am Boden und konnte mich kaum rühren, als sie endlich meinen Laden verließen. Mein ganzer Körper
schmerzte. Ich hatte überall blaue Flecken. Meine Lippen waren aufgeplatzt. Meine Augen waren so geschwollen, dass
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