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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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wichtigen Männern.“
    „Na und?!“
    „Wer Violetta einen Gefallen tut, der tut sich selber einen Gefallen.“
    „Das ist Koks! Das ist doch kein Gras, das ist Koks! Ihr habt mir Koks untergejubelt!“
    „Violetta ist unsere Madonna. Sie hält ihre Hände schützend über das Heim. Sie gibt uns den Segen und verlangt nicht viel dafür.“
    „Warum hat mir Shane nichts davon erzählt?“
    „Weil Shane nichts davon weiß.“
    „Willst du mich verarschen? Der bricht dir die Nase, Rugby. Du kannst hier keine Privatgeschäfte machen. Shane macht dich alle!“
    „Shane“, sagte Rugby. „Fick Shane! Shane ist mir egal. Aber Öcal und Ugi werden verdammt sauer, wenn es hier nicht nach Plan läuft, und das zählt für mich.“
    „Was hat das mit Violetta zu tun?“
    „Ohne Violetta läuft hier nichts. Null. Violetta ist mit dem Heimleiter zusammen. Sie bumst zwar hin und wieder auch Öcal, aber offiziell ist sie mit dem Heimleiter zusammen. Und wenn sie kein Koks kriegt, ist sie schlecht drauf, und wenn sie schlecht drauf ist, dann bläst sie dem Affen keinen mehr, und dann räumt der hier auf und wirft uns alle raus.“
    „Heimleiter?“
    „Ist ein hohes Vieh im Rathaus. Dem gehört der graue Benz auf dem Parkplatz, das Penthouse hier im vierten Stock und Violetta Locatellis Dose.“
    „Fuck. Ich will mit Koks nichts zu tun haben.“
    Rugby umarmte mich. „Mach dir nicht ins Hemd, Kai! Wegen den paar Gramm wird dir nichts passieren. Wenn du in den Knast gehst, dann wegen dem Gras. Keinem Richter der Welt kannst du verticken, dass du so viel Gras für deinen Eigenbedarf brauchst.“
    Wir gingen zurück auf die Party. Ich suchte Marion und fand sie nicht. Ich war traurig, trank noch zwei, drei Bier, ehe ich sie als Spiegelbild im Fenster sah. Sie saß dort, wo die Kochplatten und Waschbecken waren und die Mikrowelle stand und ein riesiger zweitüriger Kühlschrank.
    Ich tat so, als würde ich etwas in den Müllsack werfen, der dort lag, neben einer Kiste für Glas und einer Kiste für Plastik und einer Kiste für Papier. Unsere Blicke trafen sich. Ich fror. Für einen Augenblick fror ich. Ich hatte das Gefühl, ganz nackt zu sein. Ihr schutzlos ausgeliefert zu sein. Sie berührte etwas in meinem Herzen, das seit Jahren nicht mehr berührt worden war. Sie weckte einen Teil von mir, der ewige Zeit geschlafen hatte. Ich fühlte mich seltsam vollkommen, schwach und stark zugleich. Ich war verwirrt und gerührt. Wusste nicht, ob ich heulen sollte oder die Nacht durchtanzen.
    Ich suchte ihren Blick noch einmal, sie sah weg, aber sie spürte meinen Blick. Sie wollte meinen Blick. Ich ging so cool wie möglich zurück zu Rugby, der wieder DJ spielte.
    Ich trank noch zwei Bier, dann verschwand ich.
    Draußen, auf dem Weg zur U-Bahn, sah ich noch mal hoch zur Küche. Marion stand am Fenster und sah hinaus. Ich glaube nicht, dass sie mich sehen konnte. Sie starrte in die Dunkelheit, als würde sie dort etwas suchen. Als würde sie mich dort suchen. Aber als ich winkte, reagierte sie nicht.
    Niemals in meinem Leben habe ich einen traurigeren Blick gesehen als in jener Nacht.
    Fuck, ja, ich bin jetzt Drogenkurier, aber ich werde einen Teufel tun, mich zu schämen. Ich werde niemals harten Stoff transportieren, ich werde ihn niemals Junkies oder Kindern liefern. Die, die mit ihren Plastikfingern auf mich zeigen, die mich im Gefängnis sehen wollen, wissen nicht, wie es ist, wenn das Wasser immer höher steigt und beginnt, in sämtliche Körperöffnungen einzudringen. Wenn das Geld knapp wird und die Angst dich nicht mehr schlafen lässt, die Angst, am Ende des Monats nichts mehr zum Fressen zu haben, die Angst, mit zerrissener Jeans, abgefuckten T-Shirts und kaputten Schuhen auf die Straße zu müssen, dann wirst du zum Wolf.
    Ich träume immer noch jede Nacht von einem Sturz. Ich falle von Dächern, von Felsen, von Sternen, von Brücken. Ich träume jede verdammte Nacht davon zu fallen.
    Aber wenn ich aus den Albträumen hochschrecke, dann liege ich nicht mehr wach und zitternd im Bett und wünsche mir, nie geboren worden zu sein, fuck nein. Ich liege da und freu mich auf den Morgen, denke an Marion, an dieses Lächeln und diese Augen. Und ich denke an Meyer und was ich mit ihm machen würde, wenn ich ihm eines Tages auf der Straße begegnen sollte. Scheiße nein, ich werde nicht aufgeben, Florian, ich werde mich nicht vor eine U-Bahn werfen, wie ich es mir so oft ausgemalt habe.
    Der verdammte Unfall war nicht meine

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