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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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Durchschnittsfamilie. Und wir sind auch nicht so rückständig, wie du meinst.“
    „So? Dürftest du einen Deutschen heiraten?“
    „Natürlich.“
    „Natürlich nicht!“
    „Meine Schwester hat einen Deutschen geheiratet, Kai.“
    „Einen Christen?“
    „ …“
    „Also nen Moslem …“
    „Na und?! Was weißt du schon?! Was weißt du über mich und meine Familie?“
    „Shane erzählt mir manchmal was.“
    „Shane? Was weiß der schon von Familie? Seine Eltern sind geschieden, seine Brüder saufen, raufen, kiffen und verticken Drogen. Seine Schwester wurde über Nacht mit einem Mann verheiratet, den sie nie zuvor gesehen hat. Sie heult, jedes Mal, wenn sie ihn anruft. Was weiß der von Familie?“
    Burcak setzte sich Kopfhörer auf und sah aus dem Fenster. Sie drehte die Musik viel zu laut. Als sie aufstand, um auszusteigen, glotzte ich auf ihren Arsch.
    „Kein Gramm zu viel.“
    „Was?“
    Ich kniff in ihren Hintern. Burcak verzog das Gesicht. „Den Kampf hab ich längst aufgegeben.“
    „Den Kampf um Shane?“
    „Den auch.“
    Die U-Bahn hielt, die Türen öffneten sich und Burcak stieg aus. Sie drehte sich noch einmal um.
    „Ich liebe Schokolade“, sagte sie. „Ich hasse Fitnesscenter. Ich mache keine Diät, weil Diäten bei mir gar nichts nützen.“
    „Du musst keine Diät machen, Burcak.“
    „Sag ehrlich – ist mein Hintern zu fett?“
    „Der Hintern einer Frau kann gar nicht zu dick sein.“
    Sie verdrehte die Augen, sagte „Falsche Antwort!“ und winkte zum Abschied. Ihre Stöckelschuhe klapperten, als sie Richtung Rolltreppe stolzierte. Burcak überragte die Leute, die mit ihr ausgestiegen waren. Sie war einen halben Kopf größer als ich, hatte Beine bis zum Mond. Die Türen schlossen und die U-Bahn fuhr weiter.
    Seit meinem Unfall bin ich unzählige Nächte wach gelegen. Ich war müde, so müde, aber die Schmerzen ließen mich nicht schlafen, selbst die Tabletten konnten oft nichts mehr ausrichten, weil sie mit der Zeit ihre Wirkung verloren. Ich konnte nichts tun, als Musik zu hören oder in die Dunkelheit zu starren und über das Leben und den Tod und Gott und den Teufel nachzudenken. Manchmal war jede einzelne Minute eine Qual. Ich konnte nicht liegen und setzte mich in Onkel Wilfrieds alten Fernsehsessel, ich konnte nicht sitzen und legte mich zurück ins Bett, ich sah ständig auf die Uhr, aber der Zeiger bewegte sich nicht weiter. Der verfluchte Zeiger war tot.
    Jetzt bin ich nicht mehr verzweifelt, wenn ich nicht schlafen kann, weil ich die Zeit nutze, um Dir zu schreiben. Ich höre Musik, ganz leise. 50 Cent begleitet mich durch die Nacht.
    This is what you call Ryder music …
    Ich kann nicht mehr schlafen.
    … all the gangsters are ridin’ to…
    Ich bin nur mehr wach. Ich kann nicht mehr schlafen. Ich sitze am Fenster, trinke billigen Fusel aus einem 1,50-Euro-Tetrapak und sehe zu den Sternen. Ich sehe eine Sternschnuppe fallen. Was soll ich mir wünschen? Schuldenfrei zu sein? Nein. Eine Villa in Grünwald mit nem Benz davor? Nein, nein. Neue Klamotten? Ne Weltreise? Einen Blowjob von der besten Nutte der Stadt? Fuck, nein! Ich wünsch mir nur eins: Dass die Kleine von 113 mit mir ausgeht. Das ist mein größter Wunsch. Mein einziger Wunsch. Eine Nacht mit der Kleinen. Dass wir trinken und quatschen und lachen und tanzen und alles vergessen, eine ganze verdammte Nacht lang. Dass wir durch München ziehen, nur sie und ich. Das wünsch ich mir. Mein Leben für nen Kuss. Meine verdammte Seele für ne Nacht.
    Mein Handy klingelte um 01:34. Ich tappte im Dunkeln nach dem Scheißding und nahm ab.
    „Fuck“, sagte ich. „Was soll die Scheiße, Shane? Ich hab mir fast in die Hosen gemacht vor Schreck.“
    „Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe. Ich wollte dir nur sagen, dass du einen wichtigen Termin hast.“
    „ Burcak? “
    „Nächsten Donnerstag, 10 Uhr. Dr. Rensing.“
    „Rensing?“
    „Du gehst da hin, dass das klar ist.“
    „Was ist los?“
    „Nächsten Donnerstag, 10 Uhr. Wir treffen uns eine halbe Stunde vorher am Marienplatz, dort, wo wir uns immer treffen.“
    „Scheiße, ich geh zu keinem Psychoonkel.“
    „Rensing ist Anwalt.“
    „Ich hasse Anwälte. Alles Nutten.“
    „Rensing ist mein Anwalt.“
    „Du hast nen Anwalt?“
    „Ich arbeite in seiner Kanzlei, habe ich dir doch erzählt!“
    „Alles Nutten, Burcak.“
    „Hör auf, Kai.“
    „Für Geld, da hauen sie die größte Drecksau aus der Scheiße. Die verteidigen Kinderschänder,

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