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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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Kopf. Der Marokkaner schwieg. Er starrte auf die Tischplatte.
    „Sind die Herrschaften Bahnreisende?“
    „Ja“, sagte ich.
    „Wohin geht die Reise, wenn man fragen darf?“
    „München.“
    „Sie fahren nach München?“
    „Ja.“
    „Und Sie?“
    Der Marokkaner zuckte mit den Schultern. Er lächelte. Er tastete seine Jacke ab, als suche er seine Zigaretten.
    Oder eine Waffe.
    Fuck.
    „Wenn Sie sich bitte ausweisen würden.“
    Die Tasche lag schwer auf meinen Füßen. Ich fragte mich, wie streng die Drogengesetze in der Schweiz waren. Ich fragte mich, was Burcak von mir halten würde, wenn sie hörte, dass sie mich geschnappt hatten. Mit ner Tasche voller Gras. Dr. Rensing würde meine Verteidigung nicht übernehmen, soviel stand fest.
    „Ihren Ausweis bitte“, wiederholte der Bulle, und ich hätte in dem Moment keinen Cent mehr auf meinen Arsch gewettet.
    Ich griff in meine Jackentasche und kramte nach meinem Reisepass. Der Marokkaner tat dasselbe, ich hoffte, er würde jetzt kein Eisen ziehen und die beiden übern Haufen schießen, da stand er auch schon auf und rannte davon. Die Polizistin folgte ihm, ihr Kollege blieb bei mir.
    Ich war so überrascht, dass mir die Spucke wegblieb.
    „Kennen Sie seinen Namen?“, fragte der Polizist.
    „ …“
    „Wissen Sie seinen Namen?“
    „…“
    „Sie wissen nicht, wie dieser Mann heißt?“
    „Nein. Er hat sich einfach zu mir an den Tisch gesetzt.“
    „Was wollte er?“
    „ …“
    „Er hat sich zu Ihnen gesetzt, und?“
    „Er wollte mir was andrehen.“
    „Drogen?“
    „Nein.“
    „Was wollte er Ihnen andrehen?“
    „ …“
    „Er hat Ihnen Drogen angeboten!“
    „Nein, nein“, sagte ich.
    „Sondern?“
    „Er …“
    „Würden Sie mir bitte antworten oder verstehen Sie meine Frage nicht?!“
    „Ich verstehe Ihre Aufregung nicht.“
    „Was wollte der Afrikaner von Ihnen?“
    „Er fragte, ob ich das neueste Motorola haben will.“
    „Einen Motorroller?“
    „Ein Handy.“
    „Ist das seine Tasche? Gehört die ihm?“
    Ich zögerte für einen Augenblick. Ich spürte, wie das Blut wieder in meinen Kopf schoss. Mein Schädel muss feuerrot gewesen sein. Ich sagte: „Nein, das ist mein Laptop.“
    Die Polizistin kam zurück, außer Atem, die Mütze hielt sie in den Händen.
    „Der ist weg“, sagte sie. „Den sehn wir nicht mehr. Soll ich Verstärkung holen?“
    „Nein.“
    „Und was ist mit dem?“
    Der Polizist kontrollierte meinen Pass. Er nahm sein Handy und rief jemanden an, ohne dass ich auch nur ein Wort seines Schweizer Dialektes verstehen konnte.
    „Hm“, sagte er und gab mir den Ausweis zurück. „Es liegt nichts gegen Sie vor.“
    „Haben Sie etwas anderes erwartet?“
    „Bitte begleiten Sie uns trotzdem zu unserem Auto. Wir müssen die Daten aufnehmen.“
    „Das geht nicht. Gleich fährt mein Zug. Ich muss zurück nach München.“
    „Sie müssen erst mal mit uns kommen.“
    „Meine Freundin ist im neunten Monat.“
    „Schön für sie.“
    „Ich muss zu ihr.“
    „Sie bleiben hier, Herr Samweber.“
    „Meine Freundin ist schwanger, sie braucht mich! Sie können sie anrufen!“
    „Wir verhandeln nicht.“
    „Sie braucht mich!“
    Die Polizistin seufzte. „Name?“
    „Kai Samweber.“
    „Den Ihrer Freundin!“
    „Burcak Cedim.“
    „Nummer?“
    Ich diktierte ihnen Burcaks Handynummer, die einzige, die ich neben Shanes auswendig konnte.
    „Ich weiß nicht, welche Vorwahl Sie aus der Schweiz wählen müssen.“
    „Keine Angst“, sagte die Polizistin, klappte ihr Handy auf und hielt es an ihr Ohr. „Wir leben hier nicht hinter den Bergen.“
    Ich fragte mich, ob Burcak mitspielen und ihnen irgendeinen Mist erzählen würde. In meinem Kopf leierte ich das Vaterunser und sah dabei auf das Abzeichen an ihrer Uniform, sah, wie ihre Brust sich im Rhythmus ihres Atems bewegte. Sie klappte das Handy wieder zu.
    „Sprachbox“, sagte sie.
    „Ich muss zurück nach München. Ich habe doch überhaupt nichts getan!“
    „Wir müssen auf jeden Fall Ihre Personalien aufnehmen. Bitte kommen Sie mit uns auf die Wache.“
    „Mein Zug!“
    „Keine Angst. Wenn Sie diesen nicht schaffen – in zwei Stunden fährt der nächste.“
    „Meine Freundin!“
    „In zwei Stunden sitzen Sie im Zug“, sagte sie genervt.
    Ich stand auf, es war alles vorbei.
    Run.
    „Ihr Computer“, sagte der Polizist.
    „Ja, mein Computer“, sagte ich und hob die Laptoptasche auf.
    Run, asshole, run!
    Die Kellnerin kam angestürmt und ich

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