Man Down
großartigste Meisterwerk aller Zeiten. Scheiß auf Mozart, scheiß auf Goethe, scheiß auf Picasso, ist doch alles nur n Witz gegen ne Muschi, ne feuchte Muschi von ner geilen Tussi. Und ob sie feucht ist, weil das Geld stimmt, oder ob sie feucht ist, weil sie verliebt ist, das spielt keine Rolle. Du spritzt so oder so ab.“
Ich riss eines der Aquarelle von der Wand, warf es Richtung Shane und traf ihn am Schädel. Es machte ihm nichts aus. Er ging ins Bad, knallte die Tür zu und duschte seelenruhig. Ich hob das Bild und die Scherben auf, warf die Scherben in den Mülleimer und legte das Bild auf den Küchentisch. Ich ging auf den Balkon, spuckte auf die Autos, die vorbeifuhren, und fühlte mich so beschissen, dass ich kaum mehr die Augen offen halten konnte.
Shane tauchte erst eine Stunde später wieder auf. „Du willst mich nicht abstechen?“
„Leck mich“, sagte ich heiser.
„Hast du keine Wut auf mich?“
„Leck mich.“
„N kleines Negerkind ins Wasser schubsen, das kannst du. Aber an nen ausgewachsenen Türken traust du dich nicht ran.“
„Fick dich, Shane.“
„Ich vögle deine Mutter in’ Arsch, ich lass deine Freundin in meiner Bude von fremden Kerlen durchficken, scheiße, was muss man tun, damit du wen windelweich schlägst?“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er hatte ja Recht. Der ganze Müll in mir, diese Wut, dieser Zorn, der loderte immer auf großer Flamme, aber ich lebte ihn nie aus. Ich zog immer die Notbremse, ich flippte nie aus.
„Hodenkrebs“, sagte Shane und griff sich an die Eier. „Wenn man alles in sich reinfrisst, kriegt man Hodenkrebs.“
„Lebenslänglich“, sagte ich und kreuzte meine Handgelenke. „Wenn ich das tun würde, was ich gerne tun möchte, würde ich lebenslänglich kriegen.
Shane schüttelte den Kopf. „Oh je, oh je. Aus dir mach ich keinen Türken mehr, Babyface.“
***
Shane rief von einem Münztelefon am Eingang der Universität Burcak an. Sie war außer sich. Weil wir nicht auf der Wache aufgetaucht waren, wäre die Polizei zu ihr in die Kanzlei gekommen. Und Rensing würde sie nach Ablauf der Probefrist rausschmeißen.
Ich rief im Heim an und verlangte Marion.
„Zimmer 113.“
„Moment.“
Ich hörte Trampeln. Klopfen. Wieder Trampeln.
„Nicht da.“
„Nelly? Ist Nelly da?“
„Welches Zimmer?“
„Auch 113.“
„Ne, auf 113 macht keiner auf.“
„Und in der Küche? Würdest du bitte in der Küche nachsehen oder mich in den zweiten Stock verbinden?“
Da hatte der Idiot auch schon aufgelegt.
Als ich das zweite und dritte Mal anrief, war die Leitung besetzt.
Shane sah mit einem Mal müde aus. Müde und alt.
„Lass uns nach Hause fahren“, sagte ich.
„Lass uns bleiben“, sagte er. „Die nächsten Wochen verbring ich mit deiner Mama im Bett. Ich will nicht zu den Bullen. Ich liebe Tirol. Ich liebe dieses verfluchte Österreich! Es wimmelt von Kanaken. Ich bleibe hier. Ich liebe die Berge.“
„Vergiss es.“
„Ich will nie wieder ne Junge. Diese Schlampen haben keinen Stil, kein Hirn, die haben gar nix. Deine Mama ist ne Götttin. Aus ihren Titten kommt Milch und ihre Muschi schmeckt besser als jede Muschi, die ich je geleckt habe. Und sie labert mich nicht mit Blödsinn voll.“
Ich spuckte auf den Boden, wir standen vor der Uni, es wimmelte von amerikanischen Studenten aus New Orleans, aber man sah niemals auch nur einen Schwarzen. Entweder waren die alle in der Flut ertrunken oder sie durften nicht studieren.
„Wie groß bist du eigentlich, Shane?“
„1,82.“
„Das weiß ich. Wie groß bist du im Biz?“
„Groß genug, um davon leben zu können.“
„Du musst dir jetzt was Neues suchen, Shane. Die Bullen werden dich auf Schritt und Tritt verfolgen, sobald du zurück in München bist.“
„Pah. Glaubst du, ich geh stempeln?“
„Geh arbeiten!“
„Ich krieg nur Arschjobs, Kai. Ich will was vom Leben haben. Ich verschenke keinen Tag. Ich hab Hodenkrebs, Mann!“
„Du hast keinen Hodenkrebs.“
„Irgendwann hat jeder Krebs. Dann ist’s vorbei. Chemo, Schmerzen, Tränen, aus. Wenn du dann nicht fett Kohle hast, dann verrottest du in nem Hinterzimmer. Dann kümmert sich keine Sau um deine Eier und dich.“
„Du suchst dir nen Job, so wie das alle tun.“
„Du verstehst das nicht.“
„Das versteht keiner.“
„Mein Vater, mein Onkel, meine Cousins, sie haben alle scheiß Jobs. Sie hassen ihre Jobs. Sie arbeiten wie die Blöden, bis sie sterben, verstehst du, Mann? Die
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