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Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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Anderen blickte. Was Yale mein Geistiges Auge genannt hatte. Damit ich nicht wieder wegen der Möglichkeit des Augapfels auf meiner Stirn durchdrehte, stellte ich es mir als schönes, himmelblaues Auge mit langen Wimpern vor, das über meinem Kopf schwebte und langsam erwachte, um eine neue, ausgedehntere Realität wahrzunehmen.
    Im Moment sah es eine bissige Jaz und einen benom- menen Yale auf dem Boden liegen, nur wenige Meter von dem Aussichtspavillon entfernt, in dem ein furchtbar ent- stellter Leichnam lag. Yale bewegte sich sicherer als Jaz, was keine guten Aussichten für ihre weitere Gesundheit versprach. Besonders da sein Schild zwar die lilafarbenen, blauen und gelben Flecken schlimmer Prellungen auf- wies, insgesamt aber noch intakt zu sein schien. Und eine Verdickung in der Mitte seiner Stirn war von einem glü- henden roten Kreis umgeben wie eine große runde Ziel- scheibe.
    Igitt.
    Sobald ich wieder in mir selbst angekommen war, kroch ich mühsam zu Yale hinüber, packte ihn an den Schultern und rammte ihm so heftig die Stirn gegen den Schädel, dass meine normale Sehkraft sich für eine Sekunde völlig ausschaltete. Sie kehrte in dem Moment zurück, als Yale sich unsicher erhob und nach seinem Schwert griff. Was mir einen Angstanfall bescherte, als mir klar wurde, dass ich nicht mehr wusste, wo meine Waffen abgeblieben wa-
ren. Die letzten dreißig Sekunden waren irgendwie etwas verschwommen. Ich legte eine Hand an die Stirn und spürte die Beule.
    OH MEIN GOTT, ICH BEKOMME EIN DRITTES AUGE! Die Angst brachte mich wieder voll zu Bewusst- sein. Nö, wahrscheinlich nur eine leichte Prellung von dem Kopfstoß. Was für eine Erleichterung.
    Diese Verzögerung hatte es Yale erlaubt, seinen nächs- ten Angriff zu starten. Er kam auf mich zu und schwang sein Schwert im Kreis, als wollte er mir den Kopf abschla- gen. Doch seine langsamen, unsicheren Schritte ließen mir genug Zeit, um mich zu ducken und auszuweichen.
    Als ich mit meinem angeschlagenen Hirn versuchte, mich zu schnell zu bewegen, verlor ich das Gleichgewicht und fiel. Doch das stellte sich als die beste Lösung heraus. Als ich über einen harten, scharfen Gegenstand kroch, bemerkte ich, dass ich Vayls Schwert gefunden hatte. Was für ein Glück! Mein Knie würde sich später vielleicht nicht sonderlich gut anfühlen. Aber das ist alles eine Frage der Perspektive.
    Ich wollte aufspringen und mich in die Schlacht stür- zen, aber das Schwindelgefühl kehrte zurück, also wurde es mehr ein breitbeiniges Torkeln. Ich war mir nicht ganz sicher, wie ich mein Leben verteidigen oder sogar den Schröpfer besiegen sollte. Während er auf mich zukam, verwandelte sich sein Gesichtsausdruck bei jedem Schritt mehr und mehr von Selbstsicherheit zu Vorsicht. Er schlug einmal, zweimal, dreimal zu, und jedes Mal konn- te ich nur knapp meinen Hals retten. Beim vierten Schlag griff ein breiter, glitzernder Arm ein. Yales Schwert wurde mit einem Klirren gestoppt. Wir starrten beide verwirrt auf den Arm. Dann sahen wir hoch. Ich grinste. »Hi, Vayl.«

    »Bitte entschuldige, dass ich so lange gebraucht habe, um diesen Hügel wieder herunterzukommen«, sagte er. »Ich glaube, unsere Empfänger sind abgefallen, und Ciri- lai hat mich eben erst gewarnt, dass du in Gefahr bist.«
    Ich schaute zu Yale. »Jetzt ist mein Boss da. Du steckst echt in Schwierigkeiten.« Ich sah wieder zu Vayl. »Nor- malerweise würde ich so etwas nicht sagen. Ich denke, ich habe einen Hirnschaden. Dieser Dreckskerl hat einen ver- dammt harten Schädel.«
    Vayl nickte. »Soll ich ihn für dich zur Strecke bringen?«
    Wieder grinste ich. »Manchmal steckst du wirklich noch im achtzehnten Jahrhundert fest.«
    Schließlich hatte Yale genug von dem Geplänkel. Mit einem Knurren hob er sein Schwert und griff mit atembe- raubender Geschwindigkeit an, worauf Vayl mit einem einzigen Schlag reagierte, der den Schröpfer von den Fü- ßen riss, sodass er mit dem Rücken auf dem Boden auf- schlug, wo er keuchend liegen blieb.
    »Steh auf, Schröpfer«, sagte Vayl. »Meine avhar will Rache für die Frau, die du getötet hast, und ich werde sie für sie einfordern, auch wenn es die ganze Nacht dauert.«
    Yale rappelte sich mühsam auf. Trotz des schweren Sturzes hielt sein Schild. Er konnte wahrscheinlich eben- falls die ganze Nacht kämpfen. Und bis in den Morgen hinein.
    Aber er hatte eine riesige Beule auf der Stirn. Sie sah so schmerzhaft aus, wie meine es war. Also, was war das für ein Schema? Ich

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