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Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)

Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)

Titel: Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Gruber
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Bauch beziehungsweise ihre Wampe, und die Braut durfte dann mit verbundenen Augen mit dem Zeigefinger in den Bauchnabeln der anwesenden Herren puhlen, um ihren soeben angetrauten Gatten herauszufinden. Ein Heidenspaß. Wirklich! Ich erinnere mich mit heller Freude an Geschicklichkeitsspiele, wo die Braut mit ihrem tüllbehangenen Hintern mit einem Blasebalg Luftballons aufblasen musste – im Wettstreit mit anderen Damen natürlich. Oder bei denen der Bräutigam mit Kopftuch und einer zum Weihwassersprenger umfunktionierten Klobürste die Gäste »segnete«, bevor er sich eine lauwarme Biersuppn einflößen lassen und dann auf Holzscheiten knien musste – als standesgemäße Vorbereitung auf die Härte des Ehelebens quasi.
    Sternstunden des goldenen Humors waren auch die lustigen Einlagen, die Freunde für diesen feierlichen Anlass immer vorbereiteten: Wenn zum Beispiel die Kupplersendung »Herzblatt« nachgespielt wurde oder das Kennenlernen des Brautpaares in Reimform von fünf kichernden, beschwipsten Freundinnen der Braut abgelesen wurde, wobei textlich nur die Worte Musikpalast, Lagerfeuer und Asbach-Cola zu verstehen waren. Das Gleiche gab es auch vorgetragen von Kleinkindern zwischen drei und sechs Jahren, die allerdings nur leise flüsterten, sodass lediglich der Souffleurtext der stolzen Mutter zu hören war.
    Es muss nicht extra erwähnt werden, dass bei der stimmungsvollen Druckbetankung in der »Weinstubn« kleinere Ausfälle nur schwer zu vermeiden sind: Ich kann mich an eine Hochzeit erinnern, bei der die angetrunkene Braut mitsamt ihrem zwölf Kilo schweren Brautkleid im Überschwang der Gefühle rückwärts in einen gut gefüllten Wassertrog gefallen ist, wobei ihre Beine so weit himmelwärts ragten, dass man nicht nur ihre halterlosen Strümpfe samt blauem Strumpfband sehen, sondern auch noch beinahe bis ins Gelobte Land schauen konnte.
    Es gibt eine ältere Anekdote, nach der bei einer sehr traditionellen Hochzeit die Kranzljungfrau mitsamt dem Progoder auf dem Heuboden verschwunden ist und erst wieder auftauchte, als die Hochzeit schon fast überstanden war.
    Ein guter Spezl von mir war einmal bei einer Hochzeit, bei der die Band bereits während der »Weinstubn« um siebzehn Uhr so betrunken war, dass sie nicht mehr spielen konnte, sodass die Braut in Tränen aufgelöst war, weil ihr schönster Tag im Leben gerade dabei war, sich als ihr größter Albtraum zu entpuppen. Ein Bekannter schaffte es, ein befreundetes Trio aufzutreiben, das bereit war, kurzfristig einzuspringen. Leider waren die Burschen nur in der Lage, fünf Lieder im Turnus zu spielen, und das Ganze nur für drei Stunden, denn danach waren alle drei – vielleicht auch, weil sie sich vorher schon Mut für ihre erste Hochzeit angetrunken hatten – so blunzenfett (also hackedicht), dass sie gegen zwanzig Uhr den Saal verlassen mussten. Wieder war die Braut in Tränen aufgelöst, aber irgendjemand trieb dann schließlich und endlich noch einen DJ auf, der den Abend doch noch sehr stimmungsvoll – auch für die Braut – enden ließ.
    Diese Hochzeit endete pünktlich um Mitternacht, indem sich die verbliebenen Gäste, mit Sternwerfern ausgerüstet, im Kreis aufstellten, das Licht heruntergedimmt wurde und das Brautpaar seinen allerletzten gemeinsamen Tanz zu »Ganz in Weiß« in Angriff nahm (typisch wäre auch »Weusd a Herz host wi a Bergwerk« von Rainhard Fendrich gewesen).
    Und während Brauteltern schluchzten, verliebte Pärchen sich zurückerinnerten, wie es auf ihrer Hochzeit gewesen war, der Banker sich mit offenem Hosenstall und ohne Krawatte schwer schwitzend an seiner Verlobten festhielt, ich mit der einen Hand meinen Träger festhielt, während ich mit der anderen einen stinkenden Sternwerfer schwenkte, und die Band zur Melodie die Festzelte aufzählte, in denen sie demnächst in dergleichen Formation auftreten würde, bildeten die ersten Gäste schon mit erhobenen, verschränkten Armen eine Gasse. Denn durch diese hohle Gasse, da würde sie kommen, die Braut. Während sie sich nämlich vorsichtig ihren Weg durch Hände, Arme und Menschen die Treppe hinunter bahnte, wurde zum Schluss der Bräutigam auf ebendiesen Händen und Armen entlang getragen beziehungsweise geworfen, damit er ohne größere Blessuren (gut, man hatte ihn einmal kurz fallen gelassen!) zu seiner frisch angetrauten Gemahlin eilen konnte. Und da die Haustür des neu gebauten Eigenheims nicht zugemauert und kein ganzes Fuder Stroh im Haus verstreut war,

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