Man tut, was man kann (German Edition)
Italiener einfallen und simse ihr Ort und Zeit zurück. In diesem Moment klingelt es an der Tür.
Ich erwarte niemanden. Ob das Kathrin ist? Will sie mich etwa überraschen? Das wäre einerseits schön, andererseits hätte ich gerne noch schnell geduscht und mich mental ein wenig auf den Abend vorbereitet. Irgendwie überwiegt aber jetzt gerade die Freude, sie gleich in den Armen halten zu können. Ich öffne.
Schamski steht vor der Tür.
«Kann ich ’ne Weile bei dir wohnen?»
«Was ist passiert?», frage ich entgeistert.
«Ich bin zu Hause ausgezogen. Meine Frau macht mir das Leben mit ihren ständigen Eifersuchtsszenen zur Hölle. Sie glaubt, ich hätte ein Verhältnis mit meiner Sekretärin.»
Ich stutze. «Guido, du hast ein Verhältnis mit deiner Sekretärin.»
«Das sind aber zwei völlig verschiedene Paar Schuhe», begehrt Schamski auf. «Können wir das nicht außerdem drinnen besprechen?»
Ich nicke, trete zur Seite, und Schamski kommt rein, wobei ich nun sehe, dass hinter ihm die ganze Zeit zwei Männer mit einem Klavier standen.
«Was ist das?»
«Mein Klavier», sagt Schamski. «Sie kann alles haben, nur nicht den Porsche und das Klavier.»
Ich winke die Männer herein. «Wusste gar nicht, dass du Klavier spielst.»
«Tu ich auch nicht. Ist ein Erbstück. Genauer gesagt das Einzige, was ich geerbt habe.»
Schamski lässt sich in einen Sessel fallen, ich zeige den Männern eine freie Wand, wo sie das Klavier abstellen können.
«Was trinken?», frage ich Schamski.
«Gerne», sagt einer der beiden Klavierträger.
«Schönes kaltes Bier wär jetzt gut», ergänzt der andere.
Schamski zuckt mit den Schultern, nickt.
Die beiden Klavierträger haben einen ordentlichen Zug am Leib, weshalb wir ein paar Minuten später bereits bei der zweiten Runde sind. Sie heißen Pjotr und Fjodor, aber wer Pjotr und wer Fjodor ist, kann sich sowieso nur ihre Mutter merken. Schamski kennt die beiden seit rund fünfundzwanzig Jahren. Pjotr und Fjodor haben sein Klavier in mehrere Beziehungen und drei Ehen hinein- und später dann wieder herausgetragen, insofern sind die beiden auch ziemlich gut mit seinem Liebesleben vertraut. Die Kurzversion des noch zwei Flaschen dauernden Gesprächs lautet, einer der beiden ist der Ansicht, Schamski sei sexsüchtig und «kommt damit eines Tages noch zum Arzt am Gehen», der andere vertritt die These, Schamski habe die Richtige nur noch nicht gefunden, die aktuelle Frau Schamski sei aber sicher nicht die Richtige, das hätten ihm beide ja schon zum Einzug gesagt.
Als Pjotr und Fjodor sich mit zwei weiteren Flaschen Bier als Wegzehrung vom Acker gemacht haben, zeige ich Schamski das Gästezimmer, den Kühlschrank und das Bad und erkläre ihm, wie man den Fernseher bedient. Ich bin etwas spät dran für das Treffen mit Kathrin und muss mich beeilen, Schamski kann sich ja ’ne Pizza kommen lassen oder so.
«Keine Umstände», sagt Schamski, fischt dabei zielsicher einen Grand Cru Classé aus meinem Weinregal und hat ihn entkorkt, bevor ich andeuten kann, dass die Flasche eigentlich zur Taufe meines Erstgeborenen gedacht war.
Das Fillippos ist ein schöner und schlichter Laden, ich war aufgrund einer kleinen Auseinandersetzung mit dem Inhaber eine Weile nicht hier. Fillippo Dabresi hatte mir so aufdringlich von seinem potthässlichen Neonschriftzug über dem Eingang vorgeschwärmt, dass ich gewitzelt hatte, falls er den Laden mal aufgäbe, könnte er ja versuchen, als Nachmieter eine Schwulensauna zu finden, die bräuchte dann weder den Schriftzug noch den Namen zu ändern. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich leider noch nichts von Dabresis homosexuellen Neigungen. Zwar entschuldigte ich mich sofort und schenkte ihm ein paar Tage später obendrein Ballettkarten, aber ich merkte, dass Fillippos Groll dennoch nicht ganz verschwunden war. Also beschloss ich, mich eine Weile nicht bei der eingeschnappten Tunte blicken zu lassen, bis Gras über die Sache gewachsen wäre.
Kathrin ist schon da. Gut sieht sie aus.
«Entschuldige die Verspätung.» Küsschen links, Küsschen rechts. «Ich musste noch einem Freund helfen.»
Sie lächelt betörend. «Kein Problem.»
Ich setze und entspanne mich. Fühlt sich gut an, hier mit Kathrin zu sein. Wir sind ein schönes Paar, könnte man sagen. Schade, dass Schamski bei mir rumhängt, sonst würden wir nach einem fürstlichen Essen den Abend mit einem Glas Wein bei Kerzenschein ausklingen lassen. Apropos Wein.
«Rot oder weiß?»
Kathrin
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