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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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faucht er.
    «Bitte, Tommi …», beginnt Lisa, doch ich unterbreche sie. «Ich will nur vermeiden, dass hier ein Fehler gemacht wird, Tommi. Ich vermute, du hast in deinem Leben auch schon ein paar Fehler gemacht. Das hier könnte ja dein nächster werden, oder?», erwidere ich zuckersüß.
    «Hey, ihr beiden», mahnt Lisa, aber diesmal unterbricht Tommi sie.
    «Das sieht dir wieder ähnlich, dass du auf meiner Vergangenheit rumreitest. So miese Touren hast nur du drauf. Wahrscheinlich freust du dich sogar darüber, dass hier jetzt die Fetzen fliegen», ätzt er.
    Wir sehen uns an, es fehlt nicht viel, und einer von uns beiden springt über den Tisch. Ich überlege, ob ich derjenige sein soll, dann besinne ich mich und schüttele den Kopf. «Nein, das siehst du falsch. Es freut mich überhaupt nicht, wenn ihr Probleme habt …»
    Das ist natürlich ein bisschen gelogen, weil ich speziell Tommi sehr wohl gönne, dass sein spießbürgerliches Idyll mal ein paar Kratzer bekommt. Vielleicht erspart mir das in Zukunft dämliche Verhöre auf dem Anklagesitzsack.
    «… besonders dann nicht, wenn die Probleme Sophie betreffen.» Ich mache eine kleine Kunstpause, als würde ich nachdenken. «Aber ich habe bislang geglaubt, Familie heißt auch, dass man eine gemeinsame Lösung findet, wenn es Schwierigkeiten gibt.»
    Tommi und ich sehen uns an, seine Gesichtsfarbe, die eben zwischenzeitlich bedenklich ins Rot gewechselt hatte, pendelt sich nun langsam wieder beim zarten Rosa ein. Er lässt die Arme sinken, sieht dann zu Sophie, zu Lisa, zuletzt zu Jenny, die jedoch seinem Blick ausweicht.
    Einen Moment lang herrscht angespannte Stille.
    «Okay», sagt Tommi dann gefasst. «Einverstanden. Wir werden über alles in Ruhe reden.»
    Ich gieße mir Wein nach, sehe nebenbei zu Lisa und Sophie, deren Mienen sich merklich entspannt haben. Sophie schenkt mir ein kleines, dankbares Lächeln, das mich für die gerade verpasste Chance, Tommi mal richtig eins auf die Fresse zu hauen, entschädigt. Eigentlich müsste jetzt irgendjemand etwas sagen, aber im Moment schweigen alle. Das Läuten der Türglocke unterbricht die Stille. Es ist Bronko. Ob er vielleicht mal kurz die Toilette benutzen dürfe, fragt er höflich, und Lisa lässt ihn herein.
    Man kann von Bronko halten, was man will, aber er hat manchmal einen geradezu magischen Sinn für Timing.

MACH DU DICH NUR LUSTIG
    Heute treffe ich mich mit Biggi. Ich habe versucht, unsere Verabredung in eine Bar zu verlegen, um den Abend jederzeit problemlos abkürzen zu können. Biggi wollte jedoch partout in ein Speiselokal, und so einigten wir uns schließlich auf einen von diesen Mehrzweckläden, von denen man nie weiß, ob sie nun Bar, Bistro oder Restaurant sind.
    Inzwischen freue ich mich auf den Abend mit Biggi. Der Grund dafür ist Schamski, der die Frage, was er wohl machen würde, wenn er nur noch eine Stunde zu leben hätte, zum Anlass genommen hat, sich in eine schwere Sinn- und Lebenskrise zu stürzen. Dabei verstrickt er sich immer tiefer, weshalb meine Küche allabendlich zum Schauplatz gewichtiger weltanschaulicher Disputationen wird.
    Bronko hat mir schon mehrfach zu verstehen gegeben, dass es ihm unheimlich leidtut, die besagte Frage gestellt zu haben. Aber es konnte ja nun wirklich niemand ahnen, dass Schamski mit einer fast nebensächlichen Bemerkung so ins Mark getroffen werden würde. Da Bronko sich für Schamskis Zustand verantwortlich fühlt, übernimmt er den größten Teil der Betreuungsarbeit. Zwar muss ich mir regelmäßig Schamskis Erörterungen anhören, von den anschließenden Diskussionsrunden hat Bronko mich jedoch freigestellt. Während die beiden sich in ihren Thesen und Antithesen verfummeln, darf ich mir also Sumo-Ringen ansehen oder alternativ über mein eigenes Leben nachdenken. Meistens bleibt es aber bei Sumo-Ringen. Ich weiß, dass es ein grenzwertiges Vergnügen ist, zwei übergewichtigen Männern in seltsamen Tangas dabei zuzusehen, wie sie sich aus einem Kreis schubsen. Aber einerseits erinnern mich die Schiedsrichter immer an meine Großmutter, und andererseits hat Sumo-Ringen eine beruhigende Wirkung. Nachrichten von zwanzigjährigen Sumo-Ringern, deren durchtrainierte, zweihundert Kilo schwere Körper nächtens einfach zu leben aufgehört haben, beweisen mir, dass es trotz ärztlicher Vorbehalte richtiger war, moderatalkohol-und nikotinabhängig zu werden, anstatt Sumo-Ringen zu lernen.
    «Ich bin dann mal weg», sage ich, derweil ich vom Flur

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