Man tut, was man kann (German Edition)
«Und die Tapas gehen auf mich, okay?»
Auf dem Heimweg frage ich mich, ob ich nun sehr zufrieden oder aber sehr unzufrieden damit sein sollte, der Geliebte von Biggi zu sein, und beschließe, die Angelegenheit als eine Art Abenteuer zu betrachten. Zumindest fürs Erste.
In meiner Wohnung haben die Küchenphilosophen ihr heutiges Gelage beendet. Bronko liegt auf dem Sofa und schläft, im Fernsehen läuft eine Dokumentation über Vincent van Gogh. Ich schalte das Gerät ab und überprüfe sicherheitshalber, ob Bronko noch beide Ohren hat.
In der Küche finde ich Schamski, lang hingestreckt auf dem Boden.
Ich erschrecke ein wenig. «Guido? Alles okay?»
Schamski dreht den Kopf zu mir, nickt matt. «Ich hatte Rückenschmerzen. Und als ich dann lag, ist mir der Kreislauf abgeschmiert. Hilfst du mir mal hoch?»
Er streckt den Arm aus, ich ziehe daran und manövriere seinen voluminösen Oberkörper in die Sitzposition.
Fred beobachtet uns interessiert von seiner Ecke aus. Als ich die Küche betrat, hat er kurz den Kopf gehoben und mich auf diese Weise begrüßt. Er käme nie auf die Idee, mir schwanzwedelnd entgegenzulaufen. Überhaupt hat er sich bislang tadellos verhalten. Erkläfft nicht, zerbeißt keine Sachen, fällt keine Gäste an. Ich weiß nicht, ob er noch kränkelt oder sich für eine Adoption zu empfehlen versucht. Iris, der ich ihn zwischenzeitlich vorgeführt habe und die meine Hundeentführung auf dem kurzen Dienstweg legalisiert hat, findet, er könne noch eine Weile bei mir bleiben. Ich persönlich halte ein Komplott von Fred und Iris nicht für ausgeschlossen.
«Das ist besser», sagt Schamski, als er sitzt. «Gieß doch mal Wein nach.»
Ich tue es, reiche ihm sein Glas, stutze. «Ist das mein Bademantel?»
Schamski nickt. «Steht mir gut, oder?» Er streicht mit der Hand über den schweren Stoff, ist offenbar von dem modischen Effekt angetan.
«Wo ist eigentlich Günther?», frage ich.
«Badezimmer. Wollte duschen», entgegnet Schamski.
«Und wie lange ist das her?»
Schamski zuckt mit den Schultern. «Stunde? Zwei?»
«Ich seh mal nach ihm», sage ich, und Schamski nickt. «Kannst du mir vielleicht noch meine Zigaretten runterreichen? Und den Aschenbecher?»
Ich finde Günther im Gästebad. Er hockt auf dem Boden, hat den Kopf gegen die Duschkabine gelehnt und sieht verheult aus. Neben ihm steht eine fast leere Flasche irgendeines mir unbekannten Alkohols.
«Was’n das?»
«Irgend so ’n Schokolikör. Stand bei dir im Regal», antwortet Günther.
«Kann es sein, dass der seit Jahren abgelaufen ist?»
Günther zuckt mit den Schultern. «Keine Ahnung. Ist mir im Moment aber auch wurscht.»
«Willst du nicht wieder in die Küche kommen?», frage ich. «Da gibt’s Wein, und der Boden ist auch wärmer.»
Ein kurzes Schweigen.
«Was soll ich nur machen?», flüstert Günther, und ich sehe, dass sein linkes Auge eine Träne auf die Reise schickt, die er aber rasch mit der Hand wegwischt. Ich klappe den Toilettendeckel herunter und setzte mich darauf. «Warum müssen solche Gespräche eigentlich immer im Bad stattfinden?»
«Damit man es nicht so weit zum Kotzen hat?», erwidert Günther locker.
«Du hast dich wegen Iggy übergeben müssen?»
Günther nickt. «Oder wegen deinem abgelaufenen Schokolikör.»
Ich muss grinsen, Günther sieht es, lächelt matt.
«Lass uns in die Küche gehen», sage ich. «Du spülst noch ’n Grappa gegen die Schokolikörvergiftung nach, und wir überlegen, wie man das mit Iggy geradebiegen kann, okay?»
Günther nickt matt, streckt seinen Arm aus. «Hilf mir mal hoch.»
«Sehr gut», sagt Schamski, als wir in die Küche kommen. «Ihr seid zu zweit, da könnt ihr mir ja hochhelfen.»
Wenig später sitzen wir am Tisch, eine Grappaflasche macht die Runde, und Schamski erläutert ziemlich aufgeräumt, was Günther tun muss, um Iggys Herz doch noch zu gewinnen. Schamskis Zauberwort lautet «Romantik». Bislang, so Schamskis Theorie, habe Günther sich Iggy gegenüber nicht sonderlich romantisch verhalten. Die Idee, bei ihr einzuziehen, könne zwar als romantische Aktion verstanden werden, funktioniere aber wohl nur bei Liebenden unter fünfundzwanzig, weil die spontan und verrückt genug seien, ein solches Abenteuer zu wagen. Jenseits der dreißig verstünden Frauen Günthers Aktion eher als Eingriff in die Privatsphäre, somit als eine Überrumpelungsaktion.
Schamski ist zwischenzeitlich aufgestanden, doziertmiteiner Zigarette in der einen und einem
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