Man tut, was man kann (German Edition)
sich mit mir eine Tapas-Platte zu teilen. Das tun wir nun gerade.
Biggi ist eine hochgewachsene Blondine mit üppigem Busen und einer ziemlich ansprechenden Figur, ich vermute, wenn man «Wuchtbrumme» googelt, erscheint ein Bild von ihr.
Als ich leicht verspätet im Q&B eintraf, war sie Mittelpunkt des Interesses zweier Männer, von denen mindestens einer seine Ehe aufs Spiel setzte, zumindest wenn ich das indignierte Gesicht einer Dame am Nachbartisch richtig interpretierte.
«So geht mir das immer», hatte Biggi mir ihr Leid geklagt und geheimnisvoll ergänzt: «Dabei würde ich eigentlich gerne nur einem ganz bestimmten Mann gehören.»
Keine halbe Stunde später wünsche ich mir kaum etwas sehnlicher, als nicht jener Mann zu sein, dem Biggis Herz nebst den üppigen Beigaben einmal gehören würde. Biggi hat zwar den Charme und die Aura der ganz jungen Marilyn Monroe, ist aber kaum eloquenter als der ganz alte Charlton Heston.
«Kathrin findet dich übrigens total süß.»
Ich nicke lustlos. «Danke für die Blumen.»
«Sie hat sogar überlegt, dich zur Hochzeit einzuladen, weißt du das eigentlich?»
«Ja, ich weiß, wir haben auch schon überlegt, ob ich Kathrin und Rüdiger in die Flitterwochen begleiten soll.»
Biggi sieht mich an, stutzt, dann lacht sie. «Kathrin hat wirklich recht. Du bist total witzig.» Sie flirtet. «Und ich glaube, ich finde dich auch total süß.»
«Das ist aber nicht der Grund, warum wir hier sitzen, oder?», frage ich, um vielleicht dem Kern der Sache mal etwas näher zu kommen.
Biggi lacht. «Nein. Das heißt also auch.» Sie spießt eine Garnele auf.
«Nein? Das heißt also auch?», frage ich. Besonders die zweite Formulierung interessiert mich.
«Ja», lacht sie.
Tja. Das ist nicht einfach mit Biggi, ich erwäge, einen Mojito zu bestellen, vielleicht bringt mich das dem tieferen Sinn dieses Gespräches näher.
«Sieh mal, du hast doch Kathrin und Rüdiger wieder zusammengebracht. Und deshalb kamen Kathrin und ich bei einem Mädchenabend auf die Idee, das könnte auch mit Rodriguez und mir klappen.»
«Bei einem Mädchenabend», sage ich tonlos.
«Ja, einem Mädchenabend, ein Abend für Mädchen», erklärt Biggi.
«Aha», sage ich und kann es mir nicht verkneifen, Biggis Definition des Mädchenabends noch einmal zu variieren. «Da verbringen also Mädchen einen Abend miteinander?»
«Genau», entgegnet Biggi, ohne mit der Wimper zu zucken, und scheint froh, dass diese Sache nun endlich geklärt ist.
«Und wer ist Rodriguez?»
«Rodriguez ist mein Freund, und er ist genauso unentschlossen, wie es Rüdiger war. Will mir einfach keinen Heiratsantrag machen, stell dir das vor.»
Langsam ahne ich, wo der Hase langläuft.
«Hast du ein Bild von ihm?», frage ich.
«Ja klar», sagt Biggi, und ich weiß nun, was das sicherste Indiz dafür ist, dass ein Mann einer Frau wirklich etwas bedeutet. Sie reicht mir ein Foto, es zeigt einen fröhlich lächelnden, durchschnittlichen Südländer, einenkleinen, schlanken, dunklen Mann mit Dreitagebart.
«Hat er irgendwelche Behinderungen?» Ich will das wissen, weil mir die Schlappe mit Rüdiger noch in den Knochen steckt.
«Nein, wieso?»
«Was weiß ich? Vielleicht ein Unfall beim Stierkampf oder so.»
«Nein», lacht Biggi.
«Gut», erwidere ich und fasse zusammen. «Du möchtest also, dass wir Rodriguez so lange eifersüchtig machen, bis er dich heiratet.»
«Genau», sagt Biggi und spießt einen Champignon auf.
Ich tunke etwas Brot in irgendeine der herumstehenden Soßen. «Und wie sollen wir das deiner Meinung nach anstellen?»
«Ich dachte, mit Sex?», entgegnet Biggi bass erstaunt und mustert mich, als wäre ich etwas schwer von Begriff.
Ich schlucke einen Bissen Brot in Gänze herunter und sage: «Aha.»
«Ja klar», sagt Biggi nachdrücklich. «Oder glaubst du, einen Heiratsantrag kriegt man wegen zwei Kinobesuchen?» Sie schüttelt den Kopf. «Glaub mir, da muss man schon größere Geschütze auffahren.»
Ich tue so, als würde ich nachdenken, frage mich aber in Wirklichkeit, ob ich in letzter Zeit irgendwelche bewusstseinsverändernden Medikamente zu mir genommen habe, die die letzten Gesprächsbeiträge erklären würden. Ich kann mich aber beim besten Willen an keine erinnern.
«Klar», sage ich und versuche locker zu wirken. «Wann soll’s denn losgehen?»
«Sag du», sagt sie.
«Morgen?», frage ich amüsiert und rechne nicht ernsthaft damit, dass sie zustimmt.
«Super», freut sich Biggi.
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