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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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in die Küchegehe, wo Schamski und Bronko gerade bei einer Flasche Wein ihren philosophischen Abend eröffnet haben. Felix hat es sich auf einer Decke bequem gemacht und hebt interessiert den Kopf, als ich hereinkomme. Er hofft wohl, wir würden einen Spaziergang machen. «Denkt bitte daran, dass einer noch mit dem Hund rausgeht», sage ich, und beide nicken. «Und ich will später hier nicht Cicero, Seneca oder anderen Schmuddelkram auf dem Küchentisch finden, ist das klar?»
    Bronko wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu, Schamski greift nach einer Zigarette. «Mach du dich nur lustig», sagt er, und ich spüre, dass nicht ein Hauch von Ironie in diesem Satz mitschwingt.
    «Schon gut», sage ich versöhnlich. «Schönen Abend jedenfalls.»
    Auf dem Weg zur Eingangstür frage ich mich, ob ich angesichts von Schamskis Problemen zu unsensibel reagiere, erteile mir aber spontan einen Freispruch. Wenn ich bei jeder Lebenskrise zu Büchern greifen würde, müsste ich eine Stelle als Bibliothekar annehmen. Außerdem finde ich, man kann das Leben ohnehin nicht abschließend analysieren. Wenn man zu lange über alles nachdenkt, was die Menschen tun oder lassen, wird man sowieso wahnsinnig. Fehlt eigentlich nur noch Günther, denke ich launig, als ich die Eingangstür öffne.
    Vor mir steht Günther, der gerade im Begriff ist zu klingeln.
    «Was machst denn du hier?», frage ich, sehe, dass er eine Laptop-Tasche und zwei Koffer bei sich hat, und hoffe, dass es nicht ist, wonach es aussieht.
    «Wonach sieht’s denn aus?», erwidert er.
    «Hör zu, ich bin aufm Sprung. Du musst dich leider kurz fassen», antworte ich und weiß, dass das nicht gerade eine von Günthers herausragenden Fähigkeiten ist.
    «Du hast gesagt, man muss auch mal was riskieren», deklamiert er mit einem vorwurfsvollen Unterton.
    «Das war jetzt zwar kurz, aber nicht wirklich erhellend», entgegne ich.
    Günther atmet kurz durch. «Also. Ich habe meine Möbel verkauft. Das heißt, eigentlich habe ich das meiste weggeschmissen. Oder, um genau zu sein, ich habe zwar alles weggeschmissen, aber ursprünglich einen Teil verschenken wollen. Das hat nur nicht geklappt, weil …»
    «Günther, bitte! Die Kurzfassung!»
    «Ja, ist ja gut», sagt Günther motzig. «Meine Möbel sind weg, und meine Wohnung ist auch weg. Ich bin zu Iggy gegangen und habe ihr gesagt, dass ich bei ihr leben möchte. Risiko, verstehst du?»
    «Ja», sage ich. «Wobei ich dir irgendwann nochmal den Unterschied zwischen Risiko und Harakiri erklären muss.»
    «Jedenfalls will sie mich nicht. Und jetzt weiß ich nicht, wohin», sagt Günther. «Du hast mir gesagt, ich soll mal was riskieren. Das hab ich getan. Ich finde, jetzt wo das schiefgegangen ist, musst du mir auch helfen.»
    «Komm rein», sage ich. «Such dir ein Zimmer und bleib, solange du willst. Nimm dir, was du brauchst, du kennst dich ja aus. Ach ja, und in der Küche sitzen zwei Leute und reden über das Leben. Du kannst dich gerne dazusetzen, viel ratloser können die sowieso nicht mehr werden.»
    Günther nickt leicht abwesend. «Meinst du, mit Iggy und mir ist es jetzt endgültig aus?», fragt er mit skeptischem Gesichtsausdruck.
    «Können wir das vielleicht später klären? Oder morgen?», sage ich flehentlich, weil mir nun langsam wirklich die Zeit davonzulaufen droht.
    «Ja klar, kein Problem», erwidert Günther, und es klingt fast souverän. «Danke jedenfalls, dass ich bei dir wohnen kann.» Er betritt den Flur. Vielleicht hilft ihm diese Krise dabei, erwachsen zu werden, denke ich. Einen Augenblick später verwerfe ich den Gedanken, denn durch die geschlossene Tür höre ich Günther rufen: «Hallo, Leute! Ich bin’s! Der Günther!»
    Das Q&B ist ein angesagter Laden, die hippe Karte verrät, dass die Buchstaben für Quentin und Bastian stehen, die Besitzer dieser Tapas-Cocktails-Kuchen-Chillout-Lounge-Bar-Bistro-Bude. Ich fühle mich nur mäßig wohl und stelle fest, dass ich offenbar zu alt bin für multioptionale Gastronomie. Wenn zu meiner Linken ein paar Kids Café-del-Mar-Geschwumse hören und dabei die Finger nicht von ihren Handys lassen können und rechts von mir Lehrerehepaare über ihren Spanienurlaub reden und Chorizo-Stücke auf Zahnstocher spießen, dann schmeckt mir mein Lammrücken in provenzalischer Kräuterkruste nur noch halb so gut.
    Aber egal, den Lammrücken habe ich sowieso nicht durchsetzen können. Biggi hatte nämlich «totale» Lust auf Tapas und fand es zudem «total» gemütlich,

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