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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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Alex wieder ansehe, ist sein Blick ruhig. »Und jetzt sind wir hier«, sagt er. »Und du erinnerst dich noch immer nicht daran, was in der Nacht geschah, in der du starbst.«
    »Dann hast du mich also das gesamte letzte Jahr über beobachtet«, sage ich langsam.
    Meine Erkenntnis lässt ihn lächeln. »Ja.«
    »Du hast gesehen, was passiert ist, nachdem du gestorben bist? Du hast gesehen, wie ich laufen gegangen bin, wie ich zu Mr. Rileys Haus ging, wie ich mich mit Vince getroffen habe.«
    »Ja.«
    »Was hast du sonst noch gesehen, Alex? Hast du gesehen, was in jener Nacht auf dem Boot geschehen ist?«
    Etwas verändert sich. Er scheint irgendwie zu verblassen, wird beinahe durchsichtig.
    »Was passiert mit dir? Alex?«
    »Ich habe mich lange Zeit um meine Eltern gesorgt«, fährt er fort, ohne auf meine Frage einzugehen. »Besonders um meine Mom. Weißt du, sie hat ständig mein Grab besucht. Sie hat in unserem ganzen Haus Kerzen für mich angezündet. Aber mittlerweile ist es besser geworden. Meine Eltern gehen nicht mehr so oft auf den Friedhof. Irgendwann werden sie erfahren, was mir in jener Nacht zugestoßen ist. Und das ist gut so. Sobald sie die ganze Wahrheit kennen, wird ihr Leben ohne mich weitergehen können. Für mich ist das in Ordnung so. Nichts wird jemals wieder so sein, wie es war, Liz. Das weißt du ebenso gut wie ich. Aber letzten Endes geht das Leben weiter. Fühlst du dich nicht besser, weil du das weißt? Bist du nicht froh, dass alle schließlich die Wahrheit erfahren werden, über alles, was passiert ist?«
    »Wann erfahren sie es? Alex, warum sagst du mir nicht, was geschehen ist? Wann werden alle die Wahrheit wissen?«
    Er verschwindet zusehends.
    »Bald«, sagt er. »Du musst Geduld haben. Vergiss nicht, das Ganze ist ein Puzzle. Jetzt hast du alle Teile. Es wird nicht mehr lange dauern, dann verstehst du alles. Du wirst gut ohne mich zurechtkommen, Liz.«
    »Wohin gehst du?« Ich bin vollkommen panisch. »Alex, du darfst nicht gehen. Sag mir, was du in der Nacht gesehen hast, in der ich starb!«
    »Dieses Rätsel kann ich nicht für dich lösen, Liz.« Wieder lächelt er. »Ich hatte wirklich eine tolle Zeit mit dir. Du bist nicht der schreckliche Mensch, für den ich dich hielt. Ich vergebe dir, und das tue ich ehrlichen Herzens. Ich vergebe dir alles.«
    »Was hast du gesehen? Hat mich jemand umgebracht? Alex, bitte, warte …«
    »Es ist so warm, Liz.« Er verblasst jetzt schneller. »Ich glaube, ich werde endlich etwas Ruhe finden. Es wird dir gefallen, sobald du an der Reihe bist.« Er schenkt mir ein letztes, liebevolles Lächeln. »Es hat Spaß gemacht, mit der Ballkönigin herumzuhängen. Aber irgendwann ist jede Party zu Ende.«
    »Alex …«
    »Wir sehen uns später«, sagt er.
    Und dann ist er verschwunden – einfach so.
     
    Ich sitze allein im Wald; mir ist kalt und klamm zumute. Ich weine. Ich vermisse Alex, und die Reue überwältigt mich. Wäre ich in jener Nacht doch nur nicht nach Hause gefahren. Hätte ich mich doch nur von jemand anderem fahren lassen. Aber ich war siebzehn, ich war voller Leben, und ich glaubte einfach nicht, dass mir irgendetwas Schlimmes zustoßen könnte – nicht mir, der reichen und beliebten Elizabeth Valchar. Wie konnte sich mein Weg auf so bedeutende Weise mit jemand so Unbedeutendem wie Alex Berg kreuzen? Wie ist es nur möglich, dass ich die Macht besaß, ihm mit einem einzigen flüchtigen Zusammenstoß das Leben zu rauben?
    Wie soll ich jetzt weitermachen? Eine Zeitlang bleibe ich noch am Ort seines Todes, in der Hoffnung, dass Alex vielleicht wieder auftaucht. Doch im Grunde meines Herzens weiß ich, dass er jetzt auf ewig fort ist, ohne Zweifel an einem besseren Ort.
    Zum ersten Mal seit meinem Tode bin ich ganz allein. Ich stehe auf und gehe nach Hause. Dort lege ich mich auf mein Bett und starre zur Decke empor, während ich darauf warte, dass der Morgen anbricht, in der Hoffnung, dass das Licht des Tages mehr mit sich bringt als bloß das nächste bisschen Unendlichkeit.

22
    Mir bleibt nichts anderes zu tun, als weiter zu beobachten, was geschieht. Eines Samstagmorgens Anfang November, einige Tage nach Alex’ Verschwinden, beobachte ich, wie Josie die Straße zu Richies Elternhaus hinuntergeht und an die Vordertür klopft.
    Mrs. Wilson öffnet. Sie steht hinter dem Fliegengitter und macht keinerlei Anstalten, sie aufzumachen. Sie lächelt Josie nicht an.
    »Hi, Mrs. Wilson. Ist Richie da?«
    Mrs. Wilson wirft einen flüchtigen

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