Manche Maedchen muessen sterben
das können Sie sich vorstellen.«
»In Ordnung. Sie hatten also Sex?«
»Aber klaro.«
Das hatten wir nicht . Da bin ich mir sicher.
»Und sie … hatte Spaß dabei.«
»Offensichtlich.« Vince lässt wieder sein unheimliches Lächeln sehen.
»Was denken Sie, warum sie sich mit Ihnen eingelassen hat, Vince? Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ein Kerl wie Sie und ein Mädchen wie Elizabeth Valchar … Wissen Sie, das passt irgendwie nicht zusammen.«
Vince zuckt die Schultern. »Das nennt man Slumming. Sich unters gemeine Volk mischen. Schon mal was davon gehört? Kennen Sie diesen Billy-Joel-Song ›Uptown Girl‹?« Und er fängt an, mit den Fingern zu schnippen und die Melodie zu summen.
»Ich will auf Folgendes hinaus, Vince. Waren Sie und Liz jemals gemeinsam im Kino? In einem Restaurant? Was ich damit meine, ist, hatten Sie beide irgendwelche richtigen Verabredungen? «
Vince schüttelt den Kopf. »Sie blieb gern drinnen. Wenn Sie verstehen, worauf ich damit hinauswill.«
»Schon klar. Dann hat also niemand Sie beide je zusammen gesehen?«
»Sie wollte es so. Wie ich Ihnen bereits sagte: Ich war ihr schmutziges kleines Geheimnis.«
Joe seufzt. Zum ersten Mal fällt mir auf, dass er sich einen großen braunen Briefumschlag unter den rechten Arm geklemmt hat. Er holt ihn hervor und legt ihn auf den Kaffeetisch. »Ich denke, Sie lügen mich an, Vince. Wollen Sie wissen, wieso ich darauf komme?«
Vince runzelt die Stirn. »Wieso?«
»Weil ich viel Zeit damit zugebracht habe, mit Richie zu reden. Er hat mir gewisse Dinge über Liz erzählt. Ich habe mit ihrer Familie gesprochen. Ich habe mit ihren Freunden gesprochen. Haben Sie je irgendeinen ihrer Freunde kennengelernt? «
Vince schüttelt den Kopf. »Wie ich schon sagte, so eine Art von Beziehung war das nicht.«
»Ich verstehe. Liz hatte ihre Geheimnisse.« Joe lächelt beinahe – aber nur beinahe. »Wissen Sie, was das Komische an Geheimnissen ist, Vince? Meist bleiben sie nicht ewig geheim. Ganz gleich, wie sehr sich jemand auch bemühen mag, irgendjemand bekommt immer etwas mit.« Er nimmt einen langen, ruhigen Atemzug. »Liz hat eine Freundin namens Caroline. Ich habe gestern lange mit ihr geredet.«
»Ach, ja?« Vince starrt stur vor sich hin. »Dann muss es ja eine tolle Unterhaltung gewesen sein.«
»Ja, das war es. Diese Freundin, Caroline, hat sich schon eine ganze Weile vor Liz’ Tod Sorgen um sie gemacht. Caroline wusste, dass irgendetwas nicht stimmt, aber sie wusste nicht, was genau.« Er nickt nachdenklich. »Allerdings hatte sie eine recht konkrete Vermutung.«
Die beiden schweigen einen Moment lang, während Joe auf irgendeine Reaktion von Vince wartet. Doch der sitzt einfach bloß da und rührt sich nicht, nicht einmal im Angesicht der sich offenbarenden Wahrheit gewillt, sein Schweigen zu brechen.
»Wie auch immer«, fährt Joe fort. »Ich habe in den vergangenen Monaten alles Mögliche über Liz erfahren, und mir will einfach nicht in den Kopf, warum sie mit einem Kerl wie Ihnen zusammen sein wollte. Ich denke, sie hat sich gegen ihren Willen mit Ihnen getroffen. Ich denke, Sie hatten Informationen über sie, die wichtig waren. So wichtig für sie, dass sie alles getan hätte, damit niemand davon erfährt.« Er hält inne. »Sagt Ihnen der Name Alex Berg etwas?«
Vince knabbert an einem Nietnagel. »Nö.«
»Wirklich nicht? Das ist ja seltsam. Denn als ich Richie auf dem Revier verhört habe, hat er mir gegenüber etwas erwähnt. Er erzählte mir, dass er regelmäßig durch Noank gelaufen ist und dabei an Liz gedacht hat. Und dann erzählte er mir, dass er praktisch jedes Mal, wenn er laufen ging, letzten Endes am selben Ort landete. Beim Elternhaus von Alex Berg.«
»Na und?«, sagt Vince, ein bisschen zu defensiv. »Was hat das alles mit mir zu tun?«
»Ich glaubte nicht, dass das Ganze etwas mit Ihnen zu tun hatte; jedenfalls anfangs nicht. Aber die Sache ging mir nicht aus dem Kopf. Ich hatte das Gefühl, dass alles irgendwie miteinander zusammenhängt – Sie, Liz, Alex, Richie, Caroline –, ich wusste nur nicht, wie genau.« Joe nickt in Richtung des Kaffeetischs. »Ich möchte, dass Sie jetzt einen Blick in diesen Umschlag werfen.«
Ich klatsche buchstäblich in die Hände. »Ja!«, rufe ich und stelle mich auf die Zehenspitzen, ohne den sengenden Schmerz in meinen Füßen zu beachten. »Ja! Sie haben’s kapiert! Sie sind dahintergekommen!«
Mit zittrigen Händen öffnet Vince den Briefumschlag. Ich
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