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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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zusammengekniffenen Augen an. »Du musst deinen Mantel in Richies Zimmer vergessen haben.« Ich war zwar nicht hier, um es mit anzusehen, aber ich nehme an, dass meine Freunde vorhin alle oben waren, um Zigaretten zu rauchen. Selbst, wenn Mr. und Mrs. Wilson daheim sind, schenken sie ihrem Sohn nicht allzu viel Aufmerksamkeit; alles, was Richie tun muss, um zu rauchen, ist, eins seiner Zimmerfenster zu öffnen und sich rauszulehnen. Er bekommt deshalb nie Ärger. Seine Eltern haben so eine Art »Leben und leben lassen«-Einstellung. Sie halten nichts davon, ihrem Sohn zu viele Regeln aufzubürden.
    »Oh.« Josie blickt auf ihre bloßen Arme hinab. Ihre Haut hat einen tiefen, hübschen Bronzeton – das Ergebnis etlicher Stunden in einem Sonnenstudio. Im Gegensatz zu ihrer Mutter ist Josie keine natürliche Schönheit, sondern muss einiges dafür tun. Sie treibt viel Sport, besucht Spinning-Kurse und stemmt Gewichte, bloß um eine ordentliche Figur zu haben. Und ihr Haar ist von Natur aus viel dunkler als meins, fast braun; sie lässt sich alle sechs Wochen Strähnchen machen, um die Illusion aufrechtzuerhalten, sie wäre naturblond. »Scheint so.«
    »Willst du, dass ich mitkomme?«, bietet Caroline an. Sie hält einen einzelnen Finger hoch, um Topher zu signalisieren, dass er auf sie warten soll.
    Josie scheint Richie zu mustern. »Nein«, sagt sie. »Schon okay. Ich denke, ich bleibe noch ein paar Minuten.«
    Caroline zuckt die Schultern. »Wie du meinst. Ich bin zu Hause, falls du mich brauchst.« Sie hält inne. »Aber ruf vorher an. Meine Eltern lassen mich nicht raus, wenn ich nicht, ähm, frühzeitig Bescheid gebe.«
    Richie und Josie – und Alex und ich – schauen schweigend zu, wie Caroline die Stufen hinuntergeht und auf den Rücksitz von Tophers Wagen klettert. Nachdem die drei weggefahren sind, sagt Richie: »Nun, ich schätze, du solltest jetzt deinen Mantel holen.«
    Josie nickt. »Ja, das sollte ich wohl.«
    »Ich komme mit«, sagt er.
    Richies Haus zu betreten, fühlt sich in vielerlei Hinsicht an, wie nach Hause zu kommen. Ich kann die Zahl der Nachmittage, die ich hier verbracht habe, ebenso wenig zählen wie die Wochenendübernachtungen im Keller, zusammen mit unseren ganzen Freunden. Und natürlich all die Zeit, die ich und Richie allein in seinem Zimmer zugebracht haben.
    Wie ich schon sagte: Seine Eltern sind Hippies. Schon komisch; Nicole ist ein ziemlicher Freigeist, doch nach dem Tod meiner Mutter schienen Richies Mom und Dad nie mit ihr warm zu werden. Meine richtige Mom und Richies Mom standen einander nahe, und seine Eltern mochten mich sehr. Doch es war nicht so, als wären unsere Familien eng miteinander befreundet gewesen. Auch wenn alle dachten, dass Richie und ich eines Tages heiraten würden. Obwohl wir praktisch unser ganzes Leben lang Tür an Tür gewohnt haben.
    »Hier fand also der ganze Zauber statt«, sagt Alex und schaut sich in Richies Zimmer um. Dann beäugt er meinen Körper.
    Ich hebe eine Augenbraue. »Was?«
    »Nichts.«
    »Nein, es ist nicht nichts, Alex. Was meinst du damit, dass hier ›der ganze Zauber stattfand‹?«
    Er errötet. »Du weißt schon. Sex und so.« Er beißt sich auf die Unterlippe, ohne den Blick von mir abzuwenden. Vielleicht hasst er mich, doch das ändert trotzdem nichts an meinem Aussehen. »Ich wette, ihr beide habt’s miteinander getrieben, oder?«
    Doch Alex irrt sich. Trotz all der Zeit, die wir allein in Richies Zimmer verbrachten, erinnere ich mich nun, dass wir es nie getan haben. Nicht einmal, wenn seine Eltern nicht daheim waren. In jener Nacht in seinem Wagen, nach dem Abschlussball und dann später auf dem Boot sind wir weiter gegangen als jemals zuvor. Aber so weit nun auch wieder nicht.
    Als ich Alex das sage, wirkt er überrascht. »Wie lange seid ihr miteinander gegangen?«
    »Seit wir zwölf waren«, sage ich. »Fast sechs Jahre.«
    Er schüttelt lachend den Kopf. »Mann, muss er frustriert gewesen sein.«
    »Nein«, sage ich bestimmt. »So war Richie nicht. Er hätte mich nie unter Druck gesetzt, damit ich irgendetwas tue, wozu ich nicht bereit war.«
    »Trotzdem«, sagt Alex. »Ihr wart Oberstufler, und Richie hätte jedes Mädchen haben können, das er wollte. Ich meine, er ist der Berühmte Richie Wilson .«
    »Das weiß ich«, schnappe ich. »Wir wollten es irgendwann tun. Bloß jetzt noch nicht.«
    Alex wirft mir einen langen, durchdringenden Blick zu. »Bist du dir da sicher? Bist du sicher, dass er das auch so gesehen

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