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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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seinen Schultern und seinem Rücken sehen konnte; an die winzigen Haare, die in seinem Nacken wuchsen; an die Art und Weise, wie seine Haut an der kühlen Luft erleichtert aufzuatmen schien. Ich erinnere mich ganz deutlich an das alles.
    »Aber du verpasst den Unterricht.«
    »Ssshh. Ich lasse dich nicht allein.«
    Er nimmt einen weiteren tiefen Atemzug. Aus seiner Brust dringt ein leises Keuchen. »Danke.«
    »Du brauchst mir nicht zu danken. Schlaf, ich bleibe hier.«
    »Liz?«
    »Hmm?
    »Warum magst du mich?«
    Die Frage scheint mich aufzuschrecken. Sie ist untypisch für Richie, der für gewöhnlich so cool und selbstsicher daherkommt. Ich schlage die Augen auf. »Warum fragst du mich das?«
    »Weil ich nicht verstehe, was du an mir findest. Wir sind so verschieden.«
    Meine Hand wandert nach vorne, in sein Gesicht. Wieder wische ich ihm frische Schweißperlen von der Stirn. Diesmal mache ich mir nicht einmal die Mühe, mir die Hand an den Hosen zu trocknen. Ich verschränke meine Finger erneut mit den seinen, und wir beide liegen zusammen da, während seine klebrige Nässe auf mein geschminktes Gesicht tropft und in meine hübschen Kleider sickert, was mir offenkundig vollkommen gleichgültig ist.
    »Aber wir passen zusammen«, flüstere ich. »Genau so.« Und ich halte ihn noch fester.
    »Hmm.« Er lächelt, die Augen noch immer geschlossen. »Du hast recht. Das tun wir.«
    »Richie … Ich hab’ gelogen. Ich mag dich nicht.«
    »Tust du nicht?« Seine Stimme klingt plötzlich brüchig.
    »Nein.« Ich bringe meine Lippen dicht an sein Ohr. »Ich liebe dich, Richie Wilson.«
    »Elizabeth Valchar. Liz. Ich liebe dich.«
    »Wir passen zusammen«, wiederhole ich.
    »Du hast recht«, flüstert er. »Wir passen zusammen.«
    Ich will uns nicht mehr zusehen. Es schmerzt zu sehr. Ich würde alles tun – alles –, um noch einmal für eine einzige Sekunde meine Arme um ihn legen zu können, so wie an jenem Nachmittag.
     
    Als ich meine Augen öffne, um mich wieder der Gegenwart zu stellen, als ich sehe, wie mein Freund meine Stiefschwester küsst und sie auf dasselbe Bett zudirigiert, auf dem er und ich einst zusammen lagen und uns zum ersten Mal unsere Liebe gestanden, kann ich fast nicht hinschauen. Aber was soll ich sonst tun? Wo soll ich sonst hingehen?
    »Warte«, sagt Richie. Und er zieht sich zurück, unmittelbar bevor sich die beiden auf die Matratze fallen lassen können.
    Josie wischt sich mit dem Handrücken über ihren feuchten Mund. »Was ist los?«
    Richie blickt zu Boden. Dann tritt er ein paar Schritte zurück, auf seinen Schreibtisch zu. Er sieht die Bilder von uns an.
    »Ich kann das jetzt nicht.«
    Ich fühle mich wie geohrfeigt. » Jetzt nicht? Was meint er damit, jetzt nicht?«
    »Es heißt, dass er es irgendwann kann«, stellt Alex klar.
    »Oh, nein. Nein, nein, nein. Das kann nicht wahr sein.«
    Während Josie auf dem Bett sitzt und meinen Freund betreten ansieht, wickelt sie eine Haarlocke um ihren Zeigefinger, um die Strähnen auf Spliss zu untersuchen. Sein Widerstreben scheint sie zu verärgern. »Ich weiß, dass es schwer ist, Richie. Es ist schwer für uns alle. Aber Liz hätte gewollt, dass wir glücklich sind.«
    »Stimmt nicht«, sage ich zu Alex. »Nicht so.«
    Richie starrt sie an. »Was lässt dich glauben, dass ich je wieder glücklich sein könnte?«, fragt er. »Bloß, weil sie jetzt tot ist … Das ändert nicht das Geringste. Wir haben es ihr nie gesagt. Es hätte ihr das Herz gebrochen, Josie.«
    Er geht durch den Raum, dorthin, wo die Wand mit deckenhohen Bücherregalen gesäumt ist. Richie hat mehr Bücher gelesen als jeder andere Mensch, den ich kenne. Er bekommt in der Schule immer nur Einsen, und praktisch seit ich ihn kenne, steht für ihn fest, dass er eines Tages Schriftsteller werden will. Doch deshalb nennen ihn die Leute nicht den Berühmten Richie Wilson.
    Sie nennen ihn so, weil er Drogendealer ist. Ein richtiger. Größtenteils Marihuana, aber auch anderes Zeug – verschreibungspflichtige Medikamente, wie Amphetamin und Percocet, und manchmal auch etwas von dem härteren Stoff. Er verkauft es an die Schüler unserer Highschool, an Leute in der Stadt, sogar an die Eltern seiner Freunde. Das war das Einzige, was ich an ihm nicht leiden konnte. Mehr als einmal dachte ich daran, deswegen mit ihm Schluss zu machen. Aber ich tat es nicht. Ich liebte ihn. Und er liebte mich … zumindest glaubte ich das.
    Er greift nach einer Ausgabe von Große Erwartungen , einem

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