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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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schweigend in seinem kleinen, unordentlichen Büro. Ich erinnere mich recht gut an ihn; unbedeutende Tatsachen über gewisse Leute scheinen mir ziemlich leicht wieder einzufallen. Abgesehen davon, dass er der Lauf- und Kurstrainer ist, gibt er den Highschool-Jungs Sportunterricht und unterrichtet die zehnte Klasse in Biologie, womit er in der Hierarchie der Fakultät recht weit unten steht. Er ist nicht so charmant und witzig wie unser Englischlehrer Mr. Simon. Ich habe auch nie gesehen, dass er sich in der Sporthalle spontan zu Boden fallen lässt und anfängt, einarmige Liegestütze zu machen wie der Footballtrainer Mr. »Nenn mich Todd«-Buckley. Im Gegensatz zur Cheerleader-Trainerin, Mrs. Casey, wäre es ihm noch nicht einmal im Traum eingefallen, Minderjährige mit Alkohol zu versorgen. Doch er war immer mein Lieblingslehrer. Er war mein Trainer seit der siebten Klasse, und er hat gute Arbeit geleistet. Er versteht, was es heißt, das Laufen zu lieben. Als ich ihn jetzt anschaue, erinnere ich mich daran, dass ich ihn vor zwei Wochen auf meiner Beerdigung gesehen habe. Ich glaube, das war das einzige Mal, dass ich ihn je eine Krawatte tragen sah. Und es war mit Sicherheit das einzige Mal, dass ich ihn jemals weinen sah. Zumindest glaube ich, dass es das einzige Mal war. Mittlerweile bin ich mir keiner Sache mehr hundertprozentig sicher.
    So gut, wie ich und Mr. Riley uns meiner Erinnerung nach verstanden, für Richie konnte er sich nie erwärmen, obgleich alle beide bei jedem meiner Cross-Country-Rennen waren und jede Menge Zeit hatten, einander besser kennenzulernen.
    »Das überrascht mich nicht«, sagt Alex, als ich es ihm erzähle. »Jeder weiß, dass Richie ein Drogendealer ist.«
    »Wirklich?«
    »Natürlich.« Er hält inne. »Wir leben in einer Kleinstadt, Liz. Die Leute können hier kaum Geheimnisse für sich behalten. « Irgendwie scheint den Worten eine tiefere Bedeutung anzuhaften. Ich habe das Gefühl, dass er damit auf etwas anspielt, doch ich bin mir nicht sicher, auf was genau.
    Schon komisch. Ich kann mich im Zusammenhang mit Mr. Riley an vieles erinnern, aber nicht an alles. Ich weiß, dass er mein Trainer war. Ich weiß, dass er Richie nicht mochte. Aber ich erinnere mich kaum an Einzelheiten aus der Zeit, die ich mit ihm verbrachte.
    Also versuche ich, mir einiges davon ganz bewusst wieder ins Gedächtnis zurückzurufen. Ich gewöhne mich jetzt zunehmend daran, mich gezielt in Erinnerungen zu versenken, und mittlerweile fühlt es sich beinahe sanft und natürlich an, wenn ich die Augen schließe und mich in die Vergangenheit gleiten lasse.
    Ich sehe eine etwas jüngere, geringfügig schwerere Version meiner selbst in seinem Büro stehen. Meinem Aussehen nach zu urteilen, schätze ich, dass ich gerade in der zehnten Klasse bin; falls Cross-Country-Saison ist, haben wir Herbst. Wir sind ganz allein. Das Licht in Mr. Rileys fensterlosem Büro stammt von einer trüben, hektisch blinkenden Neonröhre an der Decke. An der transparenten Plastikverkleidung, die die Röhre umschließt, kleben tote Insekten. In dem ansonsten verwaisten Gebäude kommt einem das irgendwie gruselig vor.
    Mr. Riley ist in den frühen Dreißigern. Auf seinem Schreibtisch steht ein Foto, von dem ich annehme, dass es seine Frau und seine Tochter zeigt, die noch ein Baby ist. Mich beschleicht das Gefühl, dass ich ihm schon zuvor begegnet bin, vielleicht sogar mehrmals, auch wenn ich mich im Moment an keine Einzelheiten dieser Begegnungen erinnern kann.
    Mr. Riley ist ein ruhiger, irgendwie sonderbarer Bursche mit einer gesunden Bräune vom Laufen im Freien und der drahtigen Figur, die für Ausdauersportler so typisch ist. »Liz«, sagt er zu mir und deutet auf einen Stuhl vor seinem Tisch. »Setz dich.« Er greift in den kleinen Kühlschrank, der auf dem Boden seines Büros vor sich hin brummt, und holt eine Flasche Wasser heraus. »Hier«, sagt er und stellt die Flasche vor mich hin, »trink. Du bist gerade sechs Meilen gelaufen. Dein Körper braucht Flüssigkeit.«
    »Das weiß ich.« Ich öffne die Wasserflasche und nehme einen großen Schluck. Offensichtlich ist das Lauftraining gerade vorüber. Ich trage graue Wollshorts und ein rosa Unterhemd aus einem sehr dünnen Stoff, so dünn, dass mein weißer Sport-BH unter meinem Shirt deutlich zu sehen ist. Mr. Riley schaut zur Wand, auf das Bild auf seinem Tisch, überallhin, nur nicht auf meinen Körper. Ich merke, dass es ihm unangenehm ist, mit mir allein zu sein.
    »Gehst

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