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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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du nicht mit dem Rest des Teams aus?«, fragt er, bemüht, seinen Ton ungezwungen zu halten.
    »Was meinen Sie? Wo sollte ich schon mit denen hingehen? « Ich gebe mich schnippisch und gleichgültig, und ich kann mir denken, warum. Abgesehen von mir war niemand im Laufteam das, was man beliebt nennen würde. Ich war mit keinem von ihnen befreundet. Wenn ich jetzt über diesen Umstand nachdenke, beschämt es mich, sie so schnell abgeschrieben zu haben.
    »Sie gehen zum Chinesen«, sagt Mr. Riley. Er sucht meinen Blick. »Wusstest du das nicht?«
    »Ich wusste es. Natürlich wusste ich das.« Doch meine Stimme verrät mir, dass ich keine Ahnung davon hatte. Mich haben sie nicht eingeladen.
    »Liz.« Mr. Riley zögert. »Ich finde, du solltest vielleicht versuchen, deinen Teamkameraden gegenüber ein bisschen … warmherziger zu sein.«
    Ich höre, wie sich draußen vor der Tür jemand räuspert. Ich muss nicht einmal nachschauen, um zu wissen, dass es Richie ist, der auf mich wartet.
    »Was meinen Sie mit warmherziger ? Ich bin ausgesprochen warmherzig. Ich gebe mich nur nicht außerhalb des Trainings mit ihnen ab, das ist alles.« Ich zucke die Schultern. »Mich kümmert das nicht. Das sind Loser.«
    Bei dem Wort »Loser« zuckt Mr. Riley zusammen. Und als ich mein jüngeres Selbst ansehe, geht es mir genauso.
    »Genau das meine ich«, fährt er fort. »Liz, du solltest dir vielleicht mal überlegen, ob dein gesellschaftlicher Umgang der richtige für dich ist. Ich bin seit der siebten Klasse dein Trainer. Ich habe miterlebt, wie du zu diesem … zu diesem Mädchen herangewachsen bist, das von materiellen Dingen vereinnahmt wird, und vom sozialen Status derer, mit denen sie sich umgibt. Ich weiß, dass das nicht wirklich du bist.«
    Ich stelle mein Wasser behutsam auf den Tisch. »Und woher wissen Sie das?«
    »Weil ich weiß, dass du nur versuchst, dich selbst zu schützen. Du willst nicht noch einmal verletzt werden, also umgibst du dich mit Leuten, die alles tun würden, damit du ihnen weiterhin wohlgesinnt bist. Und alles andere schiebst du von dir.«
    Ich beuge mich vor und mustere ihn aus schmalen Augen. »Was meinen Sie damit, dass ich nicht noch einmal verletzt werden will? Wer hat mich je verletzt?«
    Er zögert. Einen langen Moment sagt er nichts. Während ich ihn weiter anstarre und mein Blick ihn geradezu herausfordert zu sagen, was immer ihm gerade durch den Kopf geht, konzentriere ich mich auf seine Augen, die beide eine andere Farbe haben: eins ist hellblau, das andere schwarz, nur Pupille und keine Iris.
    Schließlich sagt er: »Deine Mutter.«
    Oh, Mom. Als ich uns beide beobachte, erkenne ich, dass mich allein die bloße Erwähnung meiner Mutter schmerzt; selbst so viele Jahre später ist die Erinnerung an sie so deutlich, so frisch. Ich will nicht darüber reden; das ist offensichtlich.
    Ich beiße mir auf die Unterlippe. »Mr. Riley«, sage ich. »Darf ich Sie etwas fragen?«
    Er zuckt die Schultern. »Sicher.«
    »Was ist mit Ihrem Auge passiert?«
    Die Frage schreckt ihn auf. Wieder schaut er sich im Raum um. Eine Sekunde lang fürchte ich, ihn verärgert zu haben; dass er mich aus seinem Büro werfen wird.
    Doch das tut er nicht. Stattdessen sagt er: »In Ordnung, Liz. Du willst wissen, wie das passiert ist?«
    »Ja.« Ich nicke.
    »Das habe ich noch nie einem Schüler erzählt.«
    Ich schenke ihm ein aufrichtiges Lächeln. »Ich werde es niemandem sagen. Pfadfinderehrenwort.«
    »Ich war sieben. Ich war ein sonderbares Kind … Vermutlich bin ich immer noch etwas sonderbar.« Er lächelt halb. »Wie auch immer, die Kinder in meinem Viertel fragten mich nie, ob ich zum Spielen rauskomme. Dann, eines Tages, tauchte einer der Burschen – sein Name war Charlie Sutton – an der Haustür auf und fragte meine Mom, ob ich rauskommen kann, um mit ihnen Baseball zu spielen. Das war damals, als die Leute ihre Kinder noch ohne nennenswerte Aufsicht draußen spielen ließen. Und ich war vollkommen begeistert. Ich schnappte mir meinen Schläger und meinen Handschuh und lief raus, so schnell ich konnte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie aufgeregt ich war.«
    Er hält inne. Schließt die Augen.
    »Und?« Ich lehne mich in meinem Stuhl nach vorn. »Was ist passiert? Wurden Sie von einem Baseball getroffen oder so was?«
    »Nein.« Mr. Riley öffnet die Augen wieder und schaut mich direkt an. »Als ich nach draußen kam, zu dem Baseballplatz hinter unserem Haus, warteten Charlie Sutton und ein paar von den

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