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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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verwahrt.«
    Ich runzle die Stirn. »Das bezweifle ich. Ich erinnere mich an nichts dergleichen.«
    »Dein Gedächtnis ist voller Lücken, Liz. Das scheint mir eine vernünftige Erklärung zu sein.«
    »Nein.« Ich schüttle den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn. Warum sollte er mich bitten, Geld für ihn aufzubewahren? Und wie ich dir bereits sagte, habe ich die Tatsache gehasst, dass er Drogen verkauft. Ich glaube nicht, dass ich ihm dabei in irgendeiner Form geholfen hätte.«
    Alex hebt seine rechte Augenbraue. »Aber du bist dir nicht sicher. Oder?«
    Ich zögere. »Nein«, gebe ich schließlich zu. »Ich bin mir nicht sicher.«
    Er wirft mir einen zufriedenen Blick zu. »Hey, Liz. Wenn du so sehr dagegen warst, dass er diesen Mist verkauft, warum hast du dann nicht mehr unternommen, um ihn daran zu hindern? Du hast mir selbst erzählt, dass du auch Drogen genommen hast. Damit ist das Ganze doch irgendwie scheinheilig, findest du nicht?«
    Ich zucke die Schultern. »Eigentlich nicht. Ich habe bloß manchmal etwas genommen. Aber nichts wirklich Übles, keine harten Drogen.« Und ich hole tief Luft. Jede einzelne Erinnerung an Richie, alles , was mit ihm zusammenhängt, ist schmerzhaft. »Und Richie mochte es nicht, wenn ich Drogen nahm. Er hat stets versucht, mich zu beschützen.«
    »Tja, da hat er ja großartige Arbeit geleistet.«
    »Halt die Klappe. Er ist bloß ein Junge , Alex. Genau wie du. Er ist nicht wirklich berühmt. Er ist bloß Richie. Aber du schweifst vom Thema ab. Ich sage dir, es ist undenkbar, dass ich so viel Bargeld bei mir herumliegen hatte. Was hätte ich damit anfangen sollen? Ich erinnere mich bloß daran, Kreditkarten benutzt zu haben.«
    »Wie ließe sich das sonst erklären, Liz? Heutzutage tragen die Leute nicht mehr so viel Bares mit sich herum. Und warum solltest du es in deinem Bad verstecken?«
    »Ich weiß es nicht.« Ich schaue zu, wie Mera sich anschickt zu gehen. Sie trägt einen Armvoll meiner Kleider zu ihrem Wagen und kommt dann zurück, um noch einen Stapel zu holen.
    »Und du bist dir sicher, dass Caroline nicht gezielt nach dem Geld gesucht hat?«, fragt Alex.
    »Ja.« Ich halte inne und lasse die Szene vor meinem geistigen Auge noch einmal Revue passieren. »Sie war überrascht, als sie es fand. Sie hatte es offensichtlich auf die Pillen abgesehen. Und schon das ist sonderbar. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was Caroline mit meinen alten Schmerzmitteln vorhat. «
    Er schaut sich in meinem Zimmer um, begutachtet das Durcheinander. »Ist schon komisch«, sagt er. »Ich dachte immer, ihr Typen aus der sozialen Oberschicht … Ich nahm an, ihr hättet ein so einfaches, perfektes Leben. Für euch schien alles so leicht zu sein.«
    Ich blicke aus dem Fenster. Mein Zimmer ist auf der Rückseite des Hauses, dem Wasser zugewandt. Ich kann die Elizabeth sehen, die allein am Pier liegt, ruhig und verwaist.
    Die Erinnerung spült über mich hinweg, bevor ich auch nur die Chance habe, meine Augen zu schließen. Als sie in mein Bewusstsein sickert, verspüre ich ein Gefühl stillen Trosts.
    Es ist mitten in der Nacht; mein Wecker zeigt 2:14Uhr an. Einige Sekunden lang beobachte ich mein lebendiges Ich, das schlafend im Bett liegt. Offensichtlich träume ich oder ich habe einen Alptraum. Meine Beine zucken im Schlaf; ich greife in die Dunkelheit, meine dünnen Arme zur Decke gestreckt, versuche, mich an etwas, an irgendetwas festzuhalten. Dann setze ich mich, nach Atem ringend, so ruckartig im Bett auf, dass ich selbst als Geist erschrecke. In dem trüben Zimmer blitzen meine Augen im Mondlicht, das durch die Fenster hereinfällt.
    Als mein jüngeres Ich die Nachttischlampe einschaltet, wird mir bewusst, dass ich mich selbst im Alter von zehn, vielleicht elf Jahren vor mir sehe. Mein Zimmer ist noch so dekoriert, wie es war, bevor Nicole das gesamte Haus neu eingerichtet hat: Die Oberkanten meiner cremefarbenen Wände sind mit einer Bordüre schablonenhafter Ballettschuhe verziert; meine Poster sind allesamt Standbilder aus Shows wie Der Nussknacker und Schwanensee . Das war, bevor ich mit dem Laufen anfing; in der Ecke meines Zimmers, die jetzt für Turnschuhe reserviert ist, liegen einige abgewetzte Ballettschuhe und ein Paar glänzender schwarzer Steppschuhe. Das Dekor und die Schuhe sind die letzten Überbleibsel des Einflusses meiner Mutter, nachdem sie gestorben war. Sie liebte es, sich meine Aufführungen anzuschauen. Sie verpasste selten eine Probe. Doch ich war nie eine

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