Manche Maedchen muessen sterben
hinüberzugehen. Ich bin hier; ich weiß, dass ich in Sicherheit bin. Ich will sehen, ob das Ouija-Brett mir irgendetwas verrät, das ich noch nicht weiß. Auch wenn es bloß ein Spielzeug ist, bin ich bereit, es auf einen Versuch ankommen zu lassen.
»Lass uns zuschauen«, erkläre ich Alex. »Ich will sehen, was geschieht.«
Meine drei Freundinnen legen alle ihren Zeigefinger locker auf den Anzeiger, der in der Mitte des Brettes ruht.
»Wir möchten mit Elizabeth Valchar in Verbindung treten«, intoniert Josie; ihre Stimme ist leise, aber fest. »Liz, bist du da?«
Nach einigen Momenten der Reglosigkeit gleitet der Anzeiger über das Brett langsam auf Ja .
»Oh mein Gott«, flüstert Caroline. »Das war ich nicht. Bewegst du das Ding, Mera? Josie, bist du das?«
»Ich bin das nicht.« Mera schluckt. »Ich will nach Hause.«
»Ssshh.« Josies Augen lodern vor Aufregung. »Liz, bist du in Sicherheit?«
Der Anzeiger schwingt zu Nein .
»Das Ding kann sich nicht von allein bewegen«, sage ich zu Alex. »Da hilft jemand nach. Eine von ihnen bewegt den Anzeiger. «
»Denkst du?«, murmelt er.
»Alex, ja. Aber welche von ihnen?«
Er geht einige Schritte näher heran. Er kniet sich hin, bemüht, einen besseren Blick auf das Brett und auf die Finger zu bekommen, die über dem Anzeiger schweben und ihn kaum berühren. »Ich kann’s nicht sagen. Irgendwie berühren alle drei das Ding. Sie zittern, Liz. Alle.«
»Liz, warum bist du nicht in Sicherheit?«, fragt Josie.
Nach einer kurzen Pause setzt sich der Anzeiger wieder in Bewegung. Er beginnt zu buchstabieren. L-Ü-G-E-N.
»Lügen?«, wiederholt Josie. »Was für Lügen?«
Der Anzeiger bewegt sich wieder, buchstabiert deutlich und verweilt immer bloß für eine Sekunde auf jedem Buchstaben, bevor er weitergleitet. B-E-T-R-Ü-G-E-R.
»Was soll das bedeuten?«, fragt Caroline. »Das bedeutet gar nichts. Aber es macht mir Angst. Josie, ich will aufhören.«
»Ich auch.« Mera greift an Caroline vorbei, schnappt sich die Weinflasche und nimmt einen großen Schluck.
»Sie hat Richie betrogen«, flüstert Josie; ihre Augen sind groß, ihre Pupillen geweitet. »Und jetzt tut es ihr leid.«
Über Josies gesenkten Kopf hinweg wechseln Mera und Caroline einen Blick.
»Liz, hast du deinen Frieden?«, fragt Josie.
Der Anzeiger schwingt rasch zu Nein . »Warum nicht?« Ihr Atem ist jetzt beinahe fiebernd.
Ich starre den Anzeiger an, als er das letzte Wort buchstabiert. H-Ö-L-L-E.
»Sie bewegt ihn, Liz«, flüstert Alex. Er mustert immer noch angestrengt den Anzeiger.
»Wer? Wer bewegt ihn?«
»Josie.«
Er und ich blicken einander an.
»Aber das hier ist nicht die Hölle«, sage ich zu ihm.
Eine lange Pause folgt.
»Bist du sicher?«, fragt er dann.
»Natürlich bin ich mir sicher.« Und ich starre meine Stiefschwester an, die so konzentriert ist, ihre Miene praktisch elektrisiert. Dann begreife ich: Sie will, dass meine Freundinnen wissen, dass ich Richie betrogen habe. Sie will die Absolution dafür, jetzt eine Beziehung mit ihm zu haben, und sie benutzt das Ouija-Brett, um sie davon zu überzeugen, dass ich ihn überhaupt nicht verdient hatte.
Sie ist meine beste Freundin. Offensichtlich ist sie momentan nicht ganz bei sich. Ich bin erst vor wenigen Wochen gestorben, und sie ist immer noch aufgewühlt; so viel ist klar. Dies ist genau das, was Nicole tun würde.
Tatsächlich hat Nicole genau dies getan. Unmittelbar nach dem Tod meiner Mutter. Wie die Mutter, so die Tochter.
»Ich bin fertig damit«, sagt Caroline und reißt ruckartig ihre Hände weg. »Das ist krank, Josie. Diese Dinger sind Mist. Ich mache nicht länger mit.«
»Was ist los?« Josie blinzelt sie unschuldig an, als wäre eben nichts allzu Interessantes passiert. »Wir wissen alle, dass sich Liz in den letzten paar Monaten anders verhalten hat. Sie hatte Geheimnisse, sogar vor mir. Vielleicht versucht sie jetzt, uns die Wahrheit zu sagen …«
»Das hier beweist nicht das Geringste«, unterbricht Caroline. Sie steht auf und reibt sich mit den Händen ihre Schultern. Sie zittert am ganzen Körper.
Josie blinzelt seelenruhig. »Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir nicht verstehen.«
»Ja, Josie, aber ein Zwanzig-Dollar-Brettspiel aus dem Supermarkt ist nicht gerade der Schlüssel zum Enträtseln des Universums.« Mera erhebt sich hastig, doch sie ist unsicher auf den Beinen. Sie trägt bereits ihren Pyjama; ich kann nicht glauben, dass meine Freundinnen hier
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