Manche Maedchen muessen sterben
allein lassen? Wie schrecklich.«
Neben meinem jüngeren Ich und meinem Vater stehend, schaue ich in den Karton und weiß bereits, was ich sehen werde. Darin sind sieben winzige Kätzchen, hell-orangefarbene Fellknäuel mit beinahe unvorstellbar bezauberndem Flaum und kleinen Pfoten und süßen rosa Näschen, die ihre kleinen Mäuler geöffnet haben und allesamt in einer hohen, blechernen Kakophonie miauen. In dem Karton ist kaum genug Platz für sie, um sich zu bewegen; sie stapeln sich fast übereinander, stolpern umher, während sie versuchen, sich an den Wänden des Kartons festzukrallen. Ihre Schwänze sind kurz und spitz, ihre Augen glasig und hellblau, und als wir auf sie herabblicken, scheinen sie ein bisschen zu zittern, zweifellos vor Angst. Sie sind ganz allein auf der Welt, neben der Straße, ohne Futter oder Wasser. Wer auch immer sie hier zurückgelassen hat, schert sich nicht im Mindesten darum, was aus ihnen wird.
Mit meinen neun Jahren knie ich neben dem Karton nieder und nehme einige der Kätzchen heraus, eins nach dem anderen. Mein Dad schaut zu, wie ich ihre felligen Leiber an meine Brust halte und sie breit grinsend an meine Wange schmiege. »Daddy? Können wir sie nicht nach Hause nehmen? Bitte?«
Wo ich uns jetzt so sehe, kommt mir diese Bitte absurd vor. Es sind sieben Kätzchen. Doch ich erinnere mich an Folgendes: Ich weiß, wie es ausgegangen ist. Mir wird klar, dass Alex recht hat, was mich betrifft, zumindest in einer Hinsicht: Ich war unglaublich verwöhnt.
Mein Dad beschattet seine Augen mit einer Hand und blickt zum wolkenlosen Himmel empor. »Kätzchen werden groß, Liz. Sie werden nicht ewig klein und niedlich sein. Wir sollten sie ins Tierheim bringen.« Er hält inne. »Eins darfst du behalten, wenn du magst. Aber nur eins.«
»Aber, Daddy, das sind Brüder und Schwestern! Sie werden einander vermissen!« Und ich hebe noch zwei weitere aus dem Karton – sie sind wirklich winzig –, so dass ich nun fünf gegen meinen Körper drücke. »Bitte? Bitte, können wir sie mit nach Hause nehmen? Bloß für ein paar Tage, dann kannst du sie ins Tierheim bringen. Daddy, sie haben Hunger. Sie sind einsam.« Ich sehe meinen Vater mit großen, flehenden Augen an.
Mein Vater: seit kurzem verwitwet, seine junge Tochter allein großziehend, die er um jeden Preis der Welt glücklich machen will. Die er mehr als alles andere zum Lächeln bringen will. Von der er nicht will, dass sie allein ist. Er hätte alles getan, was immer ich wollte. Er hat getan, was immer ich wollte.
Ich brauche nicht zu schmollen oder zu weinen. Ich musste ja kaum betteln.
»In Ordnung«, sagt er lächelnd. »Du kannst sie für einige Tage behalten. Vielleicht für eine Woche.«
Ich sehe zu, wie mein jüngeres Ich die Kätzchen in den Karton zurücksetzt. Ich bin so überglücklich, so schwindlig vor Freude, dass ich mit neun Jahren praktisch wie betrunken wirke. Mein Dad trägt ihn zum Wagen. Da der Porsche keinen Rücksitz hat, stellt er ihn für die Heimfahrt auf meinen Schoß.
Ich schaue zu, wie wir beide davonfahren. Ich brauche uns nicht zu folgen, um mich zu entsinnen, wie es mit den Kätzchen weiterging.
Eine Woche verstrich, und sie waren immer noch so klein – so niedlich! –, dass ich es nicht ertragen konnte, mich auch nur von einem einzigen von ihnen zu trennen. Ich taufte jeden nach einem anderen Wochentag. Sonntag kroch gern in die Anzugsschuhe meines Dads und schlief ein. Dienstag hat den Sinn und Zweck eines Katzenklos nie so recht begriffen. An das alles erinnere ich mich so lebhaft.
Ich liebte sie die nächsten zwei Monate über, für den Rest des Sommers. Dann begannen sie, zu Katzen heranzuwachsen, und irgendwann waren sie nicht mehr niedlich. Ich verlor das Interesse und hörte auf, mit ihnen zu spielen. Und eines Tages, als ich nach der Schule nach Hause kam, waren sie weg. Mein Dad hatte gemerkt, dass ich sie nicht mehr haben wollte, und sie deshalb ins Tierheim gebracht. Er tauschte diese sieben Katzen gegen ein neues, winziges Kätzchen. Ich nannte sie Little Fluff — Kleiner Fussel. Und als sie anfing, größer zu werden, brachte er sie ins Tierheim und kam mit einem anderen Kätzchen zurück: mit Mister Whiskers, der sich nachts neben mir im Bett zusammenrollte und schnurrend einschlief. Ich beschloss, Mister Whiskers zu behalten.
Jetzt wird mir bewusst, dass mein Dad, wenn ich ihn gelassen hätte – und wenn das Tierheim das toleriert hätte, was es nach einer Weile vermutlich
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