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Manche Maedchen muessen sterben

Manche Maedchen muessen sterben

Titel: Manche Maedchen muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Warman
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Durcheinander. Doch das ist nichts – und ich meine nichts – verglichen mit dem, was wir in Nummer neun vorfinden.
    Die Wohnung besteht aus einem Wohnzimmer, einer Kochnische und einer Tür, von der ich annehme, dass sie in ein Schlafzimmer und ein Bad führt. Es gibt bloß ein Fenster, auf der Frontseite des Wohnzimmers; es ist geschlossen und wird von einer angebrochenen Plastikjalousie verdeckt. Vorhänge gibt es nicht. Offensichtlich hat dieser Vince keinen Innenausstatter. Auf dem Boden des Apartments liegt ein schmutzig aussehender beigefarbener Flickenteppich, bloß in der Küche nicht, die mit abpellendem, klebrigem Linoleum ausgelegt ist. Die Küchenspüle quillt über von dreckigem Geschirr. Es gibt keinen Geschirrspüler. Keine Mikrowelle. Bloß einen kleinen Herd mit schmutzigen elektrischen Kochfeldern und einen kleinen, beigefarbenen Kühlschrank. Alle Wände sind weiß, mit verschmierten Fingerabdrücken um den Türrahmen. Im Wohnzimmer stehen ein abgewetztes orangefarbenes Sofa und ein hölzerner Kaffeetisch, auf dem drei Aschenbecher (jeder einzelne vollgestopft mit Zigarettenkippen) und leere Bierdosen verstreut sind. Das Einzige in dem Apartment, das man entfernt als hübsch bezeichnen könnte (und ich verwende das Wort in diesem Zusammenhang sehr großzügig), ist ein großer Flachbildfernseher, der vor dem Sofa an der Wand befestigt ist.
    Da Alex und ich die Freiheit besitzen, nicht anklopfen zu müssen, sind wir bereits in der Wohnung, als Joe gegen die Tür zu hämmern beginnt.
    »Nette Bekannte hattest du«, stellt Alex fest, als er sich umschaut. »Und all diese Jahre hast du dich mit deinen Freunden über arme Leute lustig gemacht.« Er schenkt mir ein breites Lächeln. »Ein ziemliches Geheimnis, das du da mit dir rumgeschleppt hast, nicht wahr?«
    Ich schaue ihn stirnrunzelnd an. »Ich habe mich niemals über dich lustig gemacht, weil du arm warst. Oder?« Mein Blick schweift in die hintere Ecke des Wohnzimmers. Seltsamerweise stapelt sich dort ein Haufen National-Geographic -Magazine, der fast so hoch ist wie der Fernseher. Vielleicht ist Vince ein Naturfreund.
    »Doch, das hast du.«
    »Sag mir ein einziges Beispiel.« Doch noch während die Worte über meine Lippen kommen, weiß ich, dass er vermutlich mehr als nur eins parat hat.
    »Okay. Vor einigen Jahren arbeitete ich im Mystic Market. Du und deine … deine Gefolgschaft , ihr kamt rein, um euch etwas zum Mittagessen zu besorgen. Ich erinnere mich daran, weil wir bloß Wraps und Sandwiches und Nudelsalat angeboten haben, und deine Freundin Mera war entsetzt darüber, dass alles auf der Speisekarte Kohlehydrate enthielt. Nachdem ich eure Nummer aufgerufen hatte, nahmst du einen Zehn-Dollar-Schein und hast ihn ins Trinkgeldglas gestopft. Erinnerst du dich, was du dabei sagtest?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Du hast deine Freunde angeschaut und gesagt: ›Denkt ihr, das zählt als Spende für wohltätige Zwecke?‹«
    Joes Hämmern wird hartnäckiger. Aus dem Schlafzimmer dringt plötzlich Geraschel. Eine Männerstimme brüllt: »Verflucht nochmal, ich komm ja schon! Himmel, lasst mich wenigstens meine Hose anziehen. Es ist mitten in der Nacht, gottverdammt.« Es ist acht Uhr morgens.
    »Es tut mir leid, Alex«, sage ich. Und ich meine es ernst.
    Er wirft mir einen zweifelnden Blick zu.
    »Hey.« Ich halte seinem Blick unbeirrt stand. »Es tut mir leid. Wirklich, Alex. Wenn ich jetzt zurückgehen und die Dinge ändern könnte, würde ich es tun. Das musst du mir glauben.« Ich weiß, dass ich es dabei belassen sollte. Doch ich kann nicht anders. »Alex … Menschen werden erwachsen«, fahre ich fort. »Sagtest du nicht, dass deine Freunde im Mystic Market dir erklärt haben, dass die wahre Welt nicht wie die Highschool ist? Dass es besser werden würde, wenn du älter wirst?«
    Die Luft stinkt nach altem Zigarettenrauch. Ich kann kaum atmen; nicht dass das eine Rolle spielen würde. Ich erinnere mich vielleicht nicht genau an das, wovon Alex da spricht, aber ich glaube, dass er die Wahrheit sagt. Mehr denn je scheint offensichtlich, dass ich ein mieser Mensch war. Es lässt sich nicht leugnen, dass ich besonders in den Monaten vor meinem Tod nichts weiter als ein Nervenbündel voll aggressiver Energie war. Als ich sagte, dass ich wünschte, in die Vergangenheit zurückkehren und alles ändern zu können, war das mein Ernst. Ich wünschte bloß, ich wüsste, warum ich mich überhaupt erst so grässlich aufgeführt habe.
    »Das haben

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