Manche Maedchen raechen sich
Mist.“
Seht ihr? Auch ich kann in ihm lesen wie in einem Buch.
„Meine Mutter würde mich nie so ein nutzloses Fach studieren lassen.“
Ich will, dass meine Worte ihn treffen. Aber sie kommen schwach heraus, als würde ich mich selbst bedauern. Ich wende den Blick ab.
„Wo sind Sie gewesen?“
„Spazieren“, antwortet Dr . Fadden.
In der braunen Papiertüte befindet sich ein Himbeermuffin. Er ist noch warm. Sogar auf die Verpackung sind kleine Himbeeren gedruckt. Irgendwie niedlich. Wenn man auf Kitsch steht.
„Meine Kollegin hat mir versichert, das seien die besten Muffins in der ganzen Stadt. Angeblich sollen sie süchtig machen.“ Er zeigt auf die bestäubte Kruste. „Wahrscheinlich ist das nicht bloß harmloser Puderzucker.“
Wow, na immerhin den Puderzucker hält er für harmlos, denke ich. Schön für dich, Doc.
Ich beiße in den Muffin. Dr . Fadden beobachtet mich.
„Ihre Freundin hat Recht. Der Muffin schmeckt sehr gut.“
Dr . Fadden nickt mir ermunternd zu.
„Und wer ist sie? Hat sie auch mit diesem Fall zu tun? Dann fällt mir eigentlich nur eine ein. Gibt ja nicht so viele Frauen hier. Ziemlich testosteronlastiger Haufen.“
„Ich stelle hier die Fragen“, ermahnt mich Dr . Fadden.
Ich versuche, ihm in die Augen zu schauen, aber er hält den Kopf gesenkt. Er sammelt die Fotos wieder ein und knallt mir eines vor die Nase.
„Erzählen Sie mir von ihr.“
Marianne. Er bohrt seinen Zeigefinger in das Foto, direkt in Mariannes Stirn.
Ich sehe den staubigen Boden vor mir, die brennende Sonne, das schreiende Mädche n … die Klinge des Messers, die sich in die Haut bohrt, ins Fleisc h …
„Das ist Marianne“, antworte ich.
Dr . Fadden sieht verärgert aus. Ich schenke ihm ein falsches Lächeln.
„Keine Ahnung, welcher Loser versuchen wird, sie zu knacken. Aber ich wünsche ihm jetzt schon viel Spaß dabei.“
„Was wollen Sie von mir, Eliza?“ Langsam aber sicher scheint der Doktor die Geduld zu verlieren. „Soll ich Ihnen gratulieren? Oder Ihnen mein Bedauern darüber aussprechen, was Sie getan haben?“
Nun ja, Dr . F., bisher hat es noch niemand bedauert, dass Sie uns in dieses elende Loch gesperrt haben. Mein Kopf tut so weh. Ich könnte ein Aspirin vertragen. Oder zehn.
„Eliza! Eliza, sehen Sie mich gefälligst an!“
„Was denn? Ich habe Kopfschmerze n …“
„Weil Sie seit vierundzwanzig Stunden nichts gegessen haben. Essen Sie Ihren Muffin auf.“
Ich beiße noch einmal ab. Der Muffin duftet göttlich nach Vanille und Beeren, aber in meinem Mund fühlt er sich an wie Dreck und schmeckt nach gar nichts.
Ich kann Dr . Fadden atmen hören.
„Wir hätten von Anfang an auf Marianne hören sollen. Sie wollte Ella nie dabeihaben. Wenn wir auf sie gehört hätten, wäre das alles nicht passiert.“
Dr . Fadden lässt die Schultern sinken. Er sieht fast ein wenig enttäuscht aus. Ich weiß, dass er darauf wartet, dass ich Reue zeige. Vielleicht empfindet er dann sogar Mitleid für mich.
„Nach allem, was passiert ist, habe ich überhaupt keine Lust, mir jemals wieder neue Freunde zu suchen.“
„Umso besser. Denn so, wie Sie sich im Moment benehmen, werden Sie ohnehin nie wieder Gelegenheit dazu bekommen.“
„Schön“, antworte ich laut. „Dann bin ich ja froh, dass ich wenigstens versucht habe, Marianne zu helfen, und Lexi auch, und dass ich ein paar Dinge geregelt habe. Und ich bereue nicht , was ich getan habe, ganz im Gegenteil: Ich bin froh darüber!“
Neil hat mal zu mir gesagt, dass man im Moment der Verzweiflung eine Entscheidung treffen muss.
Du hast die Wahl, hat er gesagt. Wir oder sie. Entscheide dich.
„Warte!“, brüllte ich Marianne hinterher und versuchte, sie einzuholen.
„Musst du nicht dringend woandershin?“, brummte sie. „Mr s Wayne wird ausrasten, wenn du zwanzig Minuten zu spät in die Küche kommst. Und das an deinem ersten Tag.“
„Ich weiß, wo ich jetzt sein müsste“, erwiderte ich. „Und wo willst du hin?“
„Wieso interessiert dich das so brennend? Warum gehst du nicht einfach wieder zum See und spielst mit Lexi und deiner neuen Freundin? Sah so aus, als hättet ihr jede Menge Spa ß … Ich gehe bloß ein bisschen früher zu Chemie.“
„Wie bitte?“
Marianne klopfte auf den Stapel Papier, den sie in der Hand hielt. Sie strahlte wie eine stolze Mutter.
„Ich hab mir die Abschlussklausuren der letzten zehn Jahre vorgenommen. Und Professor McFarlane hat sich bereit erklärt, sie zu
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