Manche Maedchen raechen sich
„Eliza!“
„Mist!“, schrie ich und sprang auf und ab. „Ich bring ihn um, dieses mies e …“
„Eliza!“, bellte Mr s Wayne. „Du dämlicher Trampel!“
Dämlich? Trampel? Was zu m …
Ich brauchte eine Weile, bis ich kapierte, dass Mr s Wayne dachte, ich hätte mir den Tee selbst über die Klamotten geschüttet.
„Nein! Er war’s!“, rief ich und zeigte auf Biggins, der sich gerade hastig einen Weg durch die Menge bahnte.
Ich sah Mr s Wayne anklagend an.
„Jemand muss ihn aufhalten!“
Und anscheinend hatte jemand genau das getan. Wir hörten einen lauten Knall. Mr s Wayne und ich starrten uns entsetzt an. Dann rannten wir zum Seitenausgang. Ich war zuerst draußen. Ich hatte den schmaleren Arsch.
Ich drängelte mich durch eine Traube von Schülern. In der Mitte stand Jeremy Biggins, neben ihm lag ein zerbrochener Teller. Von seinem Kopf tropfte Hühnchen Cacciatore. Vor ihm stand Neil und hielt noch immer sein leeres Tablett fest.
„Jetzt reicht’s mir aber!“, rief Mr s Wayne und griff nach meinem Handgelenk. Mit der anderen Hand umklammerte sie Neils Schulter. „Kinder“, murmelte sie leise und noch ein paar erlesene Flüche. „Das lasse ich euch nicht durchgehen! Ihr kommt jetzt auf der Stelle mit mir zum Direktor!“
Sie zerrte uns quer durch den Saal zum Ausgang. Neil drückte unterwegs irgendeinem johlenden Zehntklässler sein Tablett in die Hand und der hielt es hoch wie eine Trophäe.
Direktor Hollerings war nicht in seinem Büro. Wir mussten zehn Minuten warte n – ich mit einem riesigen Teefleck auf der Bluse, der allmählich abkühlte, und Neil, der aussah, als hätte er gerade ein Hühnchen Cacciatore niedergemetzelt. Mr s Wayne tigerte den Flur auf und ab und rauchte eine Zigarette.
„Entschuldigen Sie, Mr s Wayne“, sagte ich, „aber Rauchen ist auf dem Schulgelände verboten. Davon könnten wir Kinder Krebs bekommen.“
„Jetzt halt aber mal die Luft an!“, erwiderte Mr s Wayne.
Welch treffende Formulierung, dachte ich, sagte aber nichts. Ironie hätte Mr s Wayne definitiv überfordert.
Ich schaute Neil von der Seite an.
Er schaute zurück und hob eine mit Soße bespritzte Augenbraue. Wahrscheinlich fragte er sich, warum es ausgerechnet uns beide erwischt hatte. Mal wieder.
Direktor Hollerings kam herbeigeeilt und stützte sich dabei auf seinen Gehstock aus schwarzem Ebenholz, an dessen oberem Ende ein goldener Adlerkopf thronte. Das Ding sah aus wie der Spazierstock eines Zuhälters. Als der Direktor uns auf der Bank vor seinem Büro sitzen sah, wirkte er nicht sehr überrascht.
„Miss Boans, M r Fernandes. Was hat das zu bedeuten? Hatten wir drei nicht erst am Dienstag das Vergnügen? Was im Übrigen gestern war.“
„Direktor Hollerings“, sagte Mr s Wayne, „diese beiden Schüler haben im Speisesaal einen Riesenzirkus veranstaltet. Ich habe Miss Boans auf frischer Tat ertappt und dieser Schüler hie r …“, Mr s Wayne richtete ihren falschen Fingernagel auf Neil, „ … hat irgendwas damit zu tun. Ich habe genau gesehen, wie die beiden kurz vorher miteinander getuschelt haben.“
„Miss Boans, können Sie mir das bitte erklären?“, seufzte Direktor Hollerings.
„Jeremy Biggins hat einen Becher Tee nach mir geworfen.“
„Verzeihung, wie bitte?“
„Einen Becher Tee. Also, erst hat er ihn bei mir bestell t …“
„Miss Boans, wollen Sie damit etwa sagen, der junge Gentleman habe von seinem eigenen Geld eine Tasse Tee bei Ihnen erstanden, nur um sie dann nach Ihnen zu werfen?“
„Ja, genau. Und zu Ihrer Information: Jeremy Biggins ist ganz sicher kein Gentleman.“
„Behalten Sie Ihre persönliche Meinung über M r Biggins bitte für sich, Miss Boans. Mr s Wayne, können Sie ein derartiges Vorkommnis bestätigen?“
„Nein“, antwortete Mr s Wayne bestimmt und verzog energisch das Gesicht, so energisch, wie das mit Botox eben ging.
„Abe r … Sir!“, sagte ich etwas lauter. „Nur weil Sie nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen sind, können Sie mich doch nicht einfach als Lügnerin abstempeln! Ich sage die Wahrheit!“
Direktor Hollerings legte sich eine Hand auf die Stirn. Da pochte eine Ader. Total gruselig.
„Ich habe M r Biggins auf dem Weg hierher getroffen. Er hat behauptet, dass M r Fernandes ihm sein Mittagessen über den Kopf geschüttet habe. Was sagen Sie dazu?“
Der Direktor sah Neil erwartungsvoll an. Genau wie Mr s Wayne. Und ich.
„Es war ein Unfall“, antwortete Neil. „Jeremy ist gerannt.
Weitere Kostenlose Bücher