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Manche Maedchen raechen sich

Manche Maedchen raechen sich

Titel: Manche Maedchen raechen sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Marr
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wir es uns auch leisten, nach East Rivermoor zu ziehen.“ Dann kam Ella auf meine Frage zurück. „Aber bei Marianne wäre das natürlich etwas anderes. Wollt ihr heute mal vorbeischauen? Das wird bestimmt lustig!“
    Ich musste an Direktor Hollerings denken und daran, dass er mir den Kontakt zu Ella gewissermaßen untersagt hatte. Aber dann dachte ich: Ach, was soll’s! Er konnte mir ja wohl kaum verbieten, mich nach der Schule mit Ella zu treffen. Und außerdem hatte sie mich gerade eingeladen.
    „Klar, gern!“, antwortete ich. „Marianne und Lexi werden total aus dem Häuschen sein, wenn ich ihnen davon erzähle.“
    Und wie sie aus dem Häuschen sein würden! Eine Privataudienz bei der Designerin von Dot & Dash?! Dafür würden die beiden töte n – ohne Witz!
    „Wir treffen uns nach der Schule am Tor, okay?“, sagte Ella. „Ich muss jetzt ganz schnell zu Bio. Ach ja, und in der Mittagspause habe ich heute leider keine Zeit. Ich muss woandershin, hab’s jemandem versprochen. Tschau!“
    Ella warf sich ihre Tasche über die Schulter und winkte in der Menge von Schülern jemandem zu.
    Jane Ayres. Ich konnte noch erkennen, wie die beiden die Köpfe zusammensteckten, bevor sie von grauen und weißen Schuluniformen verschluckt wurden. Nun wusste ich, wen Hollerings damit beauftragt hatte, sich an meiner Stelle um Ella zu kümmern. Ich beschloss jedoch, diese klitzekleine Information für mich zu behalten. Marianne wäre ja doch nur wieder ausgeflippt, wenn ich’s ihr erzählt hätte.
    „Sie interessieren sich also für Mode?“
    Dr . Fadden hat sein Notizbuch auf der Wache gelassen und versucht es jetzt mit Small Talk.
    „Welches Mädchen denn nicht?“, schniefe ich und wische mir die Nase ab.
    Es ist eklig feucht draußen, doch noch nie in meinem Leben habe ich etwas so sehr genossen. Nachdem ich Ewigkeiten in diesem weißen Kasten eingesperrt war, sieht selbst der schwarze Himmel wunderschön aus. Von den grellen Lichtern der Cafés und Geschäfte tränen mir die Augen. Ich schlinge den Mantel enger um mich. Ich komme mir so winzig vor, so armselig. Als könnte mir der Abendhimmel jeden Moment auf den Kopf fallen und mich unter sich zerquetschen, ohne dass es jemand bemerken oder sich darum scheren würde.
    „Wir bleiben aber in der Nähe der Wache, einverstanden?“
    Ich nicke wütend. Warum fragt er mich überhaupt nach meiner Meinung? Was ist das für ein komisches Bedürfnis des Menschen, von jedem gemocht zu werden? Dieses Heischen nach Bestätigung?
    „Hier gibt es ganz passables Essen und guten Kaffee. Und eine Klimaanlage.“
    Dr . Fadden hält mir eine Tür auf. Ich hüpfe hinein, wippe auf den Fersen, die Hände in den Manteltaschen zu Fäusten geballt.
    „Kommen Sie jeden Abend hierher?“
    Dr . Fadden macht eine unbestimmte Kopfbewegung.
    „Burger und Pommes?“
    „Von mir aus. Aber bitte mageres Fleisch. Und kein Ketchup. Ich mag keinen Ketchup.“
    Ich setze mich an einen Zweiertisch mit einer klebrigen, karierten Plastiktischdecke.
    Dr . Fadden geht an die Theke, um zu bestellen. Mir fällt auf, dass ich immer noch meine neuen Manolo Blahniks anhabe. Genervt streife ich mir die Riemchen von den Füßen. Meine Fersen sind voller Blasen und die Zehen tun mir weh.
    „Meine Mum arbeitet auch im Rechtswesen“, erzähle ich Dr . Fadden, als er mir gegenüber Platz nimmt. „Allerdings verplaudert sie ihre Feierabende lieber in irgendwelchen Cocktailbars. Sollten Sie nicht auch irgendwo hingehen, wo es netter ist?“
    Er schaut für eine Millisekunde zur Decke.
    „Sie finden es schrecklich hier“, sage ich und sehe ihn prüfend an. „Als Sie jung waren und noch Träume hatten, hätten Sie da gedacht, dass Sie eines Tages hier landen würden?“
    „Ich mag meine Arbeit“, erwidert Dr . Fadden. Schön für ihn. Immerhin etwas, was er mag.
    „Wir sind nicht zum Spaß hier und auch nicht, um über mich zu reden. Sie wissen genau, dass es nur eine einzige Person gibt, die mich interessiert. Da kommt Ihr Getränk.“
    Eine schlecht gelaunte Kellnerin knallt einen hohen Metallbecher vor mir auf den Tisch. Ich kann’s ihr nicht verübeln. Wenn ich hier arbeiten müsste, wäre ich genauso drauf.
    Vielleicht kann ich mich zum ersten Mal in meinem Leben in einen anderen Menschen hineinversetzen. Vielleicht hat die Arbeit in der Kantine mich ja verändert. Wisst ihr, was mein Vater jetzt sagen würde, wenn er nicht schon vor zehn Jahren abgehauen wäre? „Wirst du am Ende doch noch

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