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Manche Maedchen raechen sich

Manche Maedchen raechen sich

Titel: Manche Maedchen raechen sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Marr
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wird eine Überraschung.“
    Lexi hopste zu mir und hakte sich bei mir unte r – nach ihrem Gefühlsausbruch von eben eine ziemlich beherrschte Geste.
    Ich ließ mich von Lexi mitschleifen, drehte mich noch mal um und sah, wie Ella Marianne ihren Arm anbot. Marianne verdrehte die Augen, aber sie lächelte und hakte sich bei Ella ein.
    „Wohin gehen wir?“, fragte ich Lexi.
    „Hab ich doch schon gesagt: Überraschung!“
    „Sag mir wenigstens, in welche Richtung wir gehen. Dann musst du mich auch nicht die ganze Zeit hinter dir herziehen wie ein kleines Hündchen.“
    „Zu Ella. Mehr verrat ich nicht.“
    „Hat das etwa was mi t …“
    „Schhhh! Ich hab gesagt, mehr verrat ich nicht! Und jetzt sei still.“
    In East Rivermoor brauchten vier Mädchen, die allein auf dem Heimweg waren, keine Angst zu haben. Wir hatten oft genug gehört, was einem draußen alles passieren konnte. Dass Mädchen von der Straße weggeschnappt wurden und spurlos verschwunden blieben, bis man ihre Leichen auf dem Grund eines Grabens fand. In einem Sommer vor vielen Jahren war genau das passiert. Auch wenn es schon lange her is t – der Schock sitzt immer noch tief und ich glaube, daran wird sich nie etwas ändern.
    Das Mädchen kam aus Middlemore. Zuletzt war es vor einem Hotel im Ort gesehen worden. Augenzeugen berichteten, es wäre dort auf einer Party gewesen, hätte viel getrunken und sich mit irgendwelchen fremden Leuten unterhalten. Unser Bürgermeister kommentierte den Vorfall mit den Worten „Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich leicht die Finger“, was im Grunde bedeutete, dass ihm die Angelegenheit egal war, schließlich hatte sich das Verbrechen ja nicht in East Rivermoor ereignet. Außerdem hatten wohlerzogene Mädchen, die brav bei Mummy und Daddy zu Hause hockten, ohnehin nichts zu befürchten.
    Aber das Mädchen blieb kein Einzelfall. Drei weitere Mädchen verschwanden auf dieselbe Weise und die Leute in East Rivermoor drehten langsam durch. Anstatt Middle-more bei der Aufklärung der Fälle zu unterstützen, kappte man kurzerhand die Beziehungen zu Middlemore, die ohnehin schon auf tönernen Füßen gestanden hatten. Aber niemand kann dem Graben entfliehen.
    Er bildet eine eigene, natürliche Grenze. Auf der einen Seite sind wir, auf der anderen liegt das Betriebsgelände der Bahn von Middlemor e – ein Friedhof für ausrangierte Züge.
    Und dorthin, zum äußersten Rand von East Rivermoor, waren wir jetzt unterwegs. Ja, auch East Rivermoor hat seine schlechte Gegend, aber gibt es die nicht in jedem Ort? Und wenn es keine Rangfolge gäbe, wie könnte meine Straße dann die schönste von allen sein? „Schlechte Gegend“ hieß bei uns auch nicht, dass dir irgendwelche Schläger auflauerten oder du beim Durchfahren erschossen wurdest, es bedeutete lediglich, dass die Häuser etwas kleiner und weniger hübsch ware n – so wie das von Ella eben.
    Trotzdem ging ich nicht gern am Graben entlang. Ich fand es einfach gruselig. Aber es war nun mal der kürzeste Weg zu Ellas Haus.
    Vor dem Graben stand ein Schild mit der Aufschrift: East Rivermoo r – die moderne Art zu wohnen. Darunter grinste einem eine glückliche Familie entgege n – mit strahlend weißem, perfektem Gebiss. Ich betrachtete das Schild nachdenklich, ebenso wie das kirschrote, getrocknete Graffito darauf. Dann ließ ich meinen Blick über die Häuser schweifen. Fast kam es mir so vor, als könnte ich das alte East Rivermoor erkennen, wenn ich nur lange genug hinschaute. Früher sah es hier nicht ganz so schön aus.
    „Eliza, komm jetzt!“
    Ich musste völlig in Gedanken versunken sein, denn Ella und Marianne liefen inzwischen weit vor mir und waren schon fast bei dem lilafarbenen Haus angekommen. Das Dach sah aus, als hätten Zugvögel aus aller Herren Länder unterwegs daraufgekackt.
    Bloß nicht hinuntersehen! Vielleicht liegt sie da irgendwo?
    „Jetzt hör auf, in den ekligen Graben zu starren! Mann, ich wünschte echt, die würden das Ding endlich zuschütten!“
    Lexi nahm meine Hand und zog mich weiter.
    Ich fragte mich, ob sie den Graben überhaupt jemals zuschütten konnte n – oder wollten. Was würde uns denn dann noch von denen trennen? Von den Leuten auf der anderen Seite?
    Bei Ella war es merkwürdig still.
    „Wo ist deine Mum?“, fragte ich.
    „Sie ist ausgegangen“, antwortete Ella knapp und machte keinerlei Anstalten, näher auf meine Frage einzugehen.
    „Okay. Könnt ihr mir denn jetzt verraten, warum wir hier sind?“,

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