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Manche Maedchen raechen sich

Manche Maedchen raechen sich

Titel: Manche Maedchen raechen sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Marr
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ich ihr das nicht antun konnte.
    „Lass sie in Ruhe“, sagte ich. „Sie braucht einfach nur eine Dusche und eine Kleinigkeit zu essen. Danach ist sie bestimmt wieder selbst in der Lage zu entscheiden, was sie tun will.“
    „Nein!“, fuhr Marianne mich an. „Sie darf sich nicht duschen! Dann wäscht sie doch die ganzen Beweise ab, oder hast du noch nie Gerichtsmediziner im Fernsehe n …“
    „Marianne!“, unterbrach ich sie. „Kannst du dich noch daran erinnern, was ich dir gestern über deine Rolle in unserer Clique gesagt habe? Wir bringen Lexi nach Hause. Ende der Diskussion.“
    Marianne sah aus, als hätte sie gerade eine bittere Pille von der Größe einer Wassermelone schlucken müssen. Dann ging sie ohne ein weiteres Wort zurück zu Lexi.
    „Süße, wir gehen jetzt. Möchtest du, dass ich jemanden bitte, dich abzuholen?“
    „Nein“, antwortete Lexi. „Mir geht’s gut. Ich kann laufen. Ich habe zwei Beine, falls du’s vergessen hast.“
    Ich hörte, wie ein Auto vor dem Haus hielt. Dann knallten Türen, eine Frau keifte herum und ein Mann brüllte wütend. Jane Muttons Eltern waren zurück von ihrer Eheberatung. Musste richtig super gelaufen sein, so wie das klang.
    „Ihr müsst jetzt verschwinden.“ Jane stand in der Tür. Sie trug Schürze und Gummihandschuhe. „Und ihr seid übrigens auch die Letzten, die ich rauskehren muss.“
    „Danke, dass wir heute Nacht hierbleiben durften“, sagte ich und verzog sofort den Mund. Hatte ich mich gerade wirklich bei Jane Mutton bedankt?
    „Ihr müsst zur Hintertür raus. Und lasst euch ja nicht erwischen!“, erwiderte Jane kühl. Sie zog sich einen Handschuh aus und verschwand, aber ich hatte das sorgenvolle Zucken um ihre Mundwinkel genau gesehen.
    Vielleicht hätten wir tun sollen, was Marianne gesagt hatte. Wir hätten Lexi dazu überreden können, ins Krankenhaus zu gehen. Womöglich wäre sie auf wundersame Weise ja auch zu dem Schluss gekommen, dass es nur zu ihrem Besten war. Dann hätte irgendeine superliebe Ärztin sie auf sämtliche Spuren untersucht, die auf eine Vergewaltigung hindeuteten, und ein kauziger, aber im Grunde herzensguter Labortechniker hätte Aardant anhand seiner DNA überführt. Dann wären die Bullen gekommen, angeführt von einem männlich markanten Kommissar, hätten die Tür eingetreten und Aardant geschnappt, gerade noch rechtzeitig, bevor er einem anderen unschuldigen Mädchen dasselbe antun konnte wie Lexi.
    Ja, so hätte es laufen können. Wie in einer Folge von Mariannes Lieblingskrimiserie, die jeden Donnerstagabend im Fernsehen kommt. Wenn ich nicht zugelassen hätte, dass Lexi nach Hause ging und sich sämtliche Beweise vom Körper wusch, wäre vielleicht alles in Butter gewesen.
    Draußen auf dem Flur lehnt Dr . Fadden an der weißen Wand und unterhält sich mit einer jungen, attraktiven Krankenschwester. Die Krankenschwester kritzelt scheinbar geistesabwesend etwas auf ihr Klemmbrett. Als Dr . Fadden mich sieht, verabschiedet er sich höflich.
    „Hören Sie auf, die Krankenschwestern anzubaggern. Oder haben Sie schon vergessen, dass Sie gar kein richtiger Doktor sind?“
    Ich könnte schwören, dass meine Bemerkung ihn getroffen hat.
    „Müde?“, fragt er.
    Ich schüttele den Kopf.
    „Hungrig?“
    Ich schüttele abermals den Kopf. Obwohl ich Hunger habe. Den doppelten Cheeseburger habe ich vorhin nicht aufgegessen. Aber es ist kein gesundes Hungergefühl.
    Dr . Fadden greift in seine Tasche und holt ein buntes Päckchen hervor.
    „Ich war am Automaten“, sagt er und reißt die Verpackung auf. „Während Sie bei Alexandria waren. Wie geht es ihr denn?“
    „Sie schläft“, erwidere ich bissig.
    „Nur für den Fall, dass es Sie interessiert“, redet er unbeeindruckt weiter, „ich habe hier vor Jahren mal gearbeitet. Die Patienten liefen in Schlafanzügen herum, wie bei ‚Einer flog über das Kuckucksnest‘. Und das Essen war furchtbar. Wenn es den Automaten nicht gegeben hätte, wäre ich wahrscheinlich verhungert. Halten Sie mal die Hand auf.“
    Ich halte ihm beide Hände hin. Es geht gar nicht anders mit den verdammten Handschellen.
    „Ein paar in jede Hand. Damit sie sich nicht streiten. Wie meine Mutter zu sagen pflegte. Und nun lassen Sie uns gehen.“
    Den Spruch habe ich noch nie gehört. Vielleicht ist Dr . Faddens Mutter die Einzige, die ihn kennt. Schon allein die Tatsache, dass er überhaupt eine Mutter hat, kommt mir komisch vor. Er wirkt immer so steif und so förmlich, dass man

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