Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte
Thomas.
Ich wollte eigentlich die Finger von ihm lassen, weil er doch jetzt seine Heike hat. Aber sie ist so blöd, und naiv, sie meinte letztens zu mir, seit sie mit ihm zusammen sei, würde Thomas natürlich nicht mehr fremd gehen. So was von eingebildet, die Nuss!
Naja, tut er doch und zwar mit mir! Und sogar wenn sie dabei ist!
Ich weiß, das ist doppelter Betrug. Aber ich bin mit Peter nicht wirklich zusammen und Heike ist `ne blöde Kuh. Vielleicht hab ich aber seit meinem Klinikaufenthalt einfach keine Ethik und Moral mehr. Meine Meinung über mich selber ist so tief gesunken, ich hab aufgehört den Moralapostel zu spielen. Ich hab akzeptiert, dass ich kein Engel bin und wenn mir jemand blöd kommt, dann darf ich auch mal austeilen. Ich kenne Thomas schon länger und ich bin nach wie vor nicht die Einzige, mit der er seine Heike betrügt.
Ich hab viel zu lange Rücksicht auf alle und jeden genommen.
Mann, ich bin echt gemein, aber was Thomas angeht, kenn ich keine Grenzen.
Egal, einfach nicht drüber nachdenken.
So ging es erst mal weiter. Ich ging zur Arbeit, machte sie gewissenhaft und ordentlich. Jeden Tag nach der Arbeit ging ich in den Supermarkt, kaufte alles für meinen Fressanfall, igelte mich in meiner neuen Wohnung ein und gab mich über Stunden meiner Sucht hin.
Bulimie:
Vier Uhr morgens, mein Wecker klingelt, ich habe erstaunlich gut geschlafen, kein Albtraum und ich bin fit. Ich mach mir meinen Tee und rauche zwei Zigaretten, super Frühstück! Dann ab ins Bad und los in den Sender. Ich genieße dies halbe Stunde früh, mir fehlt das Essen nicht. Und jetzt bei der Arbeit bin ich abgelenkt genug. Um fünf bin ich beim Sender, heute wieder Gähnshow mit Markus, es gibt viel zu tun, Wetter raus schreiben, Verkehr checken, zwei Meldungen wegen einem Unfall und einem Stau, noch keine Blitzmeldungen.
Um diese Uhrzeit noch nicht und ich liebe diese Zeit, wenn in der Redaktion noch Ruhe herrscht, wir zu dritt den ganzen Laden schmeißen, bevor um halb neuen hier alle Anderen rumlärmen. Die Sendung lauft gut, ich hab keine Versprecher, ich sprech noch für später eine Nachricht ein, um halb zehn ist Redaktionskonferenz.
Um elf kommt der Bäcker vorgefahren, der hupt und alle rennen runter. Die Sachen schmecken nicht besonders gut und eigentlich ess ich das Zeug eh nie, aber trotzdem kaufe ich mir eine Laugenstange, weil es mich beruhigt, dass sie daliegt. Ich koche mir meine zweite Kanne Tee und trinke meine Molke. 50 Kalorien auf den halben Liter, das kann ich verschmerzen, es ist das Einzige, was ich mir erlaube um wenigstens halbwegs in Schwung zu bleiben. Zum Glück habe ich heute nur zwei Sachen zu erledigen, ein Telefoninterview mit dem neuen Bürgermeister und einen Bericht über die neuesten Herbsttrends, was Frau morgen so trägt. Ich habe gerade die O-Töne fertig, es ist halb eins, ich kann dann gehen.
Aber nein, wie immer kommt der CVD nochmal angeschissen und fragt, ob ich nicht bitte noch für heute Nachmittag für den Sport eine Nachricht schreiben und dann auch sprechen kann. Was soll ich sagen, klar mach ich das. Immerhin kann ich mich dann heute Nachmittag wieder selber im Radio hören, das ist ein kleiner Trost, aber immerhin. Nach wie vor ist das für mich faszinierend, wenn ich im Auto sitze und dann meine Stimme aus dem Radio kommt. Ich hab eine tolle Arbeit!!!
Dann endlich, die Beiträge sind abgesegnet, den Rest mach ich morgen, jetzt einfach nur heim. Noch schnell tschüss sagen, bitte haltet mich nicht auf. Puh, geschafft! Die Laugenstange verkneif ich mir, ich bin in fünf Minuten im Bulimiker-Paradies, warum sollte ich jetzt das Zeug essen?!
Und dann geht`s los, ich weiß genau welcher Gang, was wo steht, was ich brauche. Das ist auch wichtig, darüber denke ich immer vorher nach, denn wenn ich erst mal diesen Tunnelblick habe, kann ich nicht auch noch überlegen, auf was ich heute Lust habe. In diesen Momenten würde ich sonst entweder alles kaufen oder heulend zusammenbrechen vor Überforderung.
Ok, jetzt also genau wie gestern: Da ist der 10er Pack Brötchen, jeweils dreimal Frischkäse Kräuter, dreimal Frischkäse pur. Weiter, Butter und Zucker, Mehl hab ich noch, Eier brauch ich auch nicht. Das Rezept für Plätzchenteig kenn ich gar nicht genau, ich mess die Mengen auch nicht ab. Einfach eine Butter, ein Ei, Drittel Packung Zucker, halbe Packung Mehl, das ist perfekt. Sollen ja keine Plätzchen werden, nur der Teig, da könnt ich mich
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